Nachrichten aus dem Garten Eden. Beate Morgenstern

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Nachrichten aus dem Garten Eden - Beate Morgenstern

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Ohr for so viele Börjer ham und sich kimmern. Schlaue Worte sagt sie. Zu laawern, darin übten sich unse Menschen, wie damals das Volk genannt wurde. Die Laberei gehörte dazu, das Einseifen, wenn man was erreichen wollte. Man machte einen Diener, zog seinen Hut, zeigte sein grundsätzliches Einverständnis, denn die Genossen waren ja immer so unsicher, ob wir Bürger auch wollten, was sie gemäß einem Beschluss von ganz oben, vom Politbüro, für richtig zu befinden hatten. Bis zum Abend lässt man meine Tante sitzen. Den nächsten Tag kommt sie wieder. Den darauffolgenden auch. Sie beginnt zu gefallen. Man denkt vielleicht an all die Menschen, gut ausgebildete Fachkräfte vor allem, die Jungen mits einem kostenlosen Studium vom Arbeiter-und-Bauern-Staat, die der Republik massenhaft den Rücken kehren. Und hier eine junge schöne Frau, gelernte Krankenschwester sogar, die bleiben will, trotzdem ihr Mann in Bautzen war und nun im Westen ist. Will man sie in die Arme des Klassenfeindes treiben? Am dritten Tag lässt man sie zum Genossen Ulbricht vor. Sie spricht zu ihm, wie sie vorher in seinem Vorzimmer gesprochen hatte. Von dem Recht auf Arbeit, das bekanntlich alle hatten, nur ihr verwehrt man es. Und sie sagt wieder: Man Mann is man Mann, un iche bin iche. Angst hat sie nicht. Sie ist eine geborene Luther, und von dem Schrot und Korn, ob nun verwandt oder unverwandt mits dem entlaufenen Mönch. Aus Mansfeld biste?, sagte Genosse Ulbricht mits seiner sächselnden Fistelstimme, bekanntlich aus Leipzig stammend, was von Halle an der Saale, unse Bezirksstadt damals, nur 30 Kilometer entfernt liegt. Trotzdem oder gerade dardardrum können sich die beiden Städte nicht leiden. Den Hallensern ist das Leipziger Gesinge abhold wie den Leipzigern die raue Hallenser Sprache. Und Leipzig ehmt das eine Sachsen und Halle das andere, lange zu Preußen gehörend mits dem kleinen Land Anhalt um Dessau drin. Gute Leute dort, ja?, sagt Genosse Ulbricht. Das rote Mansfeld. Otto Gotsche, unser großartiger Schriftsteller, ja?, der lebt dort. »Die Fahne von Kriwoi Rog« hat er geschrieben, ja? Kennst du »Die Fahne von Kriwoi Rog«? – Die Kinner sicher, redet meine Tante sich heraus. Aus Sylken komme iche, dicht daneben. Unse Kinner fohrn zur Mittelschule nach Mansfeld. Mir zur Arwait mehr nach Aserschlehm oder Hettstedt ins Kupferwalzwerk, ja? Meine Tante schaut den Genossen Ulbricht an, ob er sie versteht. Massenhaft verwendete bekanntlich der Genosse Ulbricht sein »Ja?«. Kurz und hoch herausgestoßen nach fast jedem Satz. Ob aus einer Unsicherheit heraus, die er sich selbst nicht eingesteht, warum er immerfort Einverständnis einfordert. Aber meine Tante sagt es nur wenig. Ja?, mits Schlangenlinie. – Hettstedt, großartig, ja!, sagte Genosse Ulbricht. Mir alles bekannt, alles bekannt. Deine Sache geht in Ordnung. Und grüße die Genossen dort, ja?, sagt er, nicht bedenkend, dass meine Tante zwangsläufig wenig und nicht sehr herzlichen Umgang mits seinen Genossen hat. Der Genosse Ulbricht gibt meiner Tante die Hand. Und vielleicht denkt er sich: mehr von der Sorte könnten wir gebrauchen. Weil sie sich etwas getraut und weil sie schön ist und er ein Auge für Schönheit hat, vermute ich mal. Wie man heute weiß, war er kein Dussel. Man darf ihn nicht nach seinen Reden beurteilen, die waren ja wohl wirklich recht lächerlich, ja?

      Sin alles bloß Menschen!, sagte meine Tante und schloss ihren Bericht ab. Dardarnach hatte ich meine Arwait. Iwrijens: die CDU wähle iche niche, wies jetzt in Siehleken Mode is. Trotzdem iche frieher, als der Paschter Kratochwil noch da wor, in de Kerche bin un zun Bibelstundn. War aach wejen mane Schulfreundin, die Feli Adler, die da die Kinner in Relijon underrichtet hat, bisse nach Halberstadt versetzt wurde un for de Katecheden im Krais zuständich wor.

      Frollein Adler, kenne ich, klar, erwiderte ich. Scheenes Wiepchen. Jroß un mits so blaue Ooren. De Dochter von Doktor Adler in Alterode.

      Iche hawwe de ollen Wiepchen offjehetzt, dasse mer immer richtich wähln. Kannste ratn, welche Partai! Denen zum Dorte! Meine Tante lachte. Wieder ganz hexisch, trotzdem ihre Stimme noch jung war und in ihr schwarzes Haar hatte sie bloß einige weiße Fäden drin. Ihr feines Gesicht war mits einem Mal voller junger Lustigkeit. Un wer was jewählt hat, hawwich rausjekricht. Ich kenne mane Sylkener. Iche waß, wasse vor 45 jemacht ham un was nachhert. Un iche waß, wie se vor 89 jeredt ham un wie nachhert. Un die Sylkener wissen, dass ichs waß, uns paßt ihnen niche. Un es is ihnen niche recht, dass iche saren kann, wer welche Fahne immer als erschter hat nach draußen jehangn. Nu, Fritzchen, kannste den erzähln, dasses aufschreihm, wenn se wolln.

      Stunden saß ich bei Tante Hildegard, mampfte den frischen Matzkuchen, dass mir nachhert der Wanst spannte und ich sehr aufrecht nach Hause lief, und ich mits Staunen nachdachte, was meine Tante den Sylkenern alles so mitzuteilen gehabt hatte. Seither gehe ich manichmal bei ihr. Und immer nehme ich die kleine Rotznase mit, die ich mal war, damits die nachholt aus der Zeit, wo sie sich so eine Frau so sehr zur Mutter gewünscht hätte. Stizel, Kartoffelkuchen, hat sie mir auch schon gemacht. Reinewech vernarrt bin ich in meine Tante. Als Kind ist sie mir nicht aufgefallen. Da hatte ich vor allem Tante Ruth vor Augen, die Schwester von meinem Vater, die aber zu weit weg verheiratet war, in Quedlingburch. Tante Hildegard hätte mir schon gutgetan. Und wenn sich Margarete wieder mal nach unser olles Siehleken verirrt, denn kricht sie auch Stizel bei Tante Hildegard vorgesetzt. Soll die Tante ihr noch mal erzählen, was sie mir erzählt hat. Sowieso werde ich Jerard zu ihr führen, wenn er sich denn wirklich in unse Gegend blicken lassen sollte. Den werde ich richtig tief eintunken ins Leben bei uns, wie es sich entwickelte, seit er fortgemacht ist.

      Aus der Chronik ist dann doch nichts geworden. Man war eben sehr obenauf in jenen Tagen.

      Den Schandarmen, den Astel-Knastel, hatte meine Tante mits keinem Wort erwähnt. War der für sie auch bloß ausführendes Organ, vielleicht sogar nur ein Verrickter? Das Dorf hatte ihm jedenfalls nicht verziehen, dass er mitgeholfen hat, die drei Männer einzusperren. Mag die Friedenstante meinstwegen eine arme, verdrehte Frau gewesen sein und keine Hexe und Anschwärzerin. Doch den Astel-Knastel ließ ich mir nicht nehmen als den ganz persönlichen Feind meiner Kindheit, den Bluthund, der meinen Vater, Hermann und mich hetzte.

      Aber manichmal waren auch wirs gewesen, die ihn gehetzt haben:

      Morjen wern se uns beackern komm!, hatte Hermann am Sonnabend nach Schickedanzens Weggang gesagt und Agitprop-Truppen aus der Stadt gemeint, FDJler und Genossen, die ihren Sonntag hergaben, um für den Eintritt in die landwirtschaftlichen Genossenschaften zu agitieren, Propaganda dafür zu machen, was heute einfach unter Werbung liefe oder PR. Sie bekamen kein Geld dafür, hatten keinen Nutzen davon, hielten es für ihren gesellschaftlichen Auftrag und glaubten an die Sache (des Sozialismus) so fest wie Paschters seine Familie an Gott. Wie gesagt, bei uns fielen sie nicht massenweise ein wie woanderschert. Da beschränkte sich der Einsatz, weil wir in der Vergesellschaftung schon ziemlich vorangeschritten waren, und der sozialistische Frühling seine Blüten schon trieb, für dessen Einführung der Genosse vom Politbüro, Gerhard Grüneberg, verantwortlich zeichnete. Da wern wer ehmt an Ausfluuch machn!, sagte mein Vater. Offenbar hatte er auch schon über diesen Sonntag nachgedacht, an dem wir als einzigstes Objekt dringender Werbung für das Genossenschaftswesen übrigblieben.

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