Menosgada. Werner Karl
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Was hat euch so verängstigt?
Schließlich klopfte er dem Braunen beruhigend auf den Hals, stieg ab und ging mit wachen Sinnen auf seinen Fund zu. Mit jedem Schritt, dem er der Leiche näher kam, bestätigte sich sein Eindruck, dass es ein Kind sein musste. Es lag mit dem Bauch nach unten im Wasser, die Haare seltsam kurz geschnitten und doch wie ein Kranz den Kopf im Wasser umschwebend. Hände und Füße waren nackt und zeigten junge, jetzt vom Wasser aufgequollene Haut. Der Größe nach könnte es acht oder neun Jahre alt gewesen sein. Vielleicht auch zehn, wenn es schlecht genährt war, denn die Statur erschien ihm übermäßig schlank, ja fast schon dürr.
Als er es erreicht hatte, ging sein Blick noch einmal nach allen Seiten durch den Wald. Dann stieß er sein Schwert senkrecht und nur leicht in die Uferböschung und griff nach dem Körper. Mit leichtem Erschrecken fühlte er tatsächlich ein sehr dünnes Bein und zog daran. Ohne Mühe löste sich der Leichnam von dem Busch und wäre davongetrieben, wenn er ihn nicht gehalten hätte. Es bedurfte nur wenig Kraft, den nassen Körper aus dem Wasser zu ziehen und mit dem Gesicht nach oben ins Gras zu legen.
Es war ein Junge.
Der Kleidung nach ein keltischer.
Arwed hatte schon Wasserleichen gesehen und schätzte, dass der Junge – so wie sein Gesicht aussah - nur wenige Stunden im Wasser gelegen haben konnte. Dazu kam, dass diese Stelle des Flusses einfach zu verlockend für die Jagd nach Fischen war und sicher von der einheimischen Bevölkerung rege genutzt wurde. Dass man den Jungen nicht schon vermisst, gesucht und gefunden hatte, sprach ebenfalls für eine kurze Dauer.
Was bedeutet, dass sich der Mörder noch in der Gegend herumtreiben könnte … wenn die Tat nicht weiter flussaufwärts geschehen war und die Leiche bis hierher getrieben wurde.
Dass der Junge einem Mord zum Opfer gefallen war, zeigte ihm die sauber durchtrennte Kehle.
Es könnte auch ein Ritualopfer gewesen sein, grübelte er, verwarf aber den Gedanken rasch, da – zumindest bei den Germanen – Menschenopfer nur selten vorkamen und nicht unbedingt in Flüssen vollzogen wurden, sondern eher in Mooren. Außerdem glaubte er nicht daran, dass ein Opfer, dazu noch ein Kind, so einfach in einen Fluss geworfen wurde.
Also bleibt nur Mord, grummelte er und strich gedankenversunken dem Jungen Haare und Pflanzenteile aus dem Gesicht. Ob er wohl zu der Siedlung auf dem Berg gehört?
Er hatte vor vielen Stunden von einer baumfreien Anhöhe aus einen Tafelberg entdeckt, der das ganze Tal überragte. Natürlich waren ihm nicht die Mauern entgangen, die alle drei Abstufungen umgaben. Von den beiden oberen Ebenen hatte er vereinzelt Rauchfahnen aufsteigen sehen.
Vielleicht gehört das Kind zu dieser Siedlung. Wenn ich es ihnen bringe, könnte ich ihr Vertrauen erlangen ... oder als der Mörder des Kindes betrachtet und getötet werden.
Er dachte noch ein wenig über beide Möglichkeiten nach, dann nahm er entschlossen die Leiche und ging mit ihr zu seinem Pferd zurück.
Er war nicht ganz zwei Stunden mit mäßigem Tempo durch den Wald geritten, als er freies Gelände erreichte und einen guten Blick auf den Berg hatte. Zu beiden Seiten eines erkennbaren aber nicht befestigten Weges sah er ein paar kleine Bauernhäuser, ein wenig Vieh auf Weiden stehen und eine Handvoll Männer und Frauen ihrer Arbeit nachgehen. Fünf oder sechs Kinder tollten herum und spielten mit einem Zicklein, das übermütig herumsprang, sich zu seiner ruhig äsenden Mutter rettete und sich dann doch wieder den Kindern zuwandte. Das friedliche Treiben hätte genauso gut in einem germanischen Dorf stattfinden können.
Arwed stieg ab, lief an der Seite seines Pferdes und hatte Helm, Schild und seine sonstigen Waffen an ihm sichtbar befestigt. Lediglich sein Schwert trug er griffbereit in der Scheide am Gürtel. Obwohl er langsam und offensichtlich in nicht feindlicher Absicht daherkam, überraschte ihn die Reaktion der Leute nicht, als sie ihn bemerkten.
Mütter riefen nach ihren Kindern und scheuchten sie in die eher Hütten zu nennenden Behausungen. Das Zicklein war zunächst verwirrt, weil ihm schlagartig seine Spielkameraden abhanden gekommen waren. Dann sprang es aber zu seiner Mutter, die mit weiteren Ziegen von einer der Frauen in einen Pferch getrieben wurde. Die Männer stellten sofort ihre Tätigkeiten ein und griffen nach Hacken und Gabeln, die sie nun wohl als Waffen zu benutzen gedachten. Einer verschwand in einer Hütte und kam sofort wieder zurück, einen beachtlichen Speer in den Händen.
Arwed musste kurz grinsen, als er ihre Vorkehrungen beobachtete, während er unbekümmert direkt auf sie zuging. Wenn das alles war, was ihm hier drohte, dann sah er darin kein Problem, das er nicht hätte bewältigen können. Aber er hatte wirklich kein Interesse an einem Kampf. Als sich ihm fünf Bauern, darunter der Speerträger, entgegenstellten, dabei immer noch weit außer Reichweite seines Schwertes blieben, das sie an seinem Gürtel sahen, blieb er stehen und hob die freie und unbewaffnete Hand.
»Habt keine Angst, Leute«, begann er in recht gutem Keltisch und musste beinahe erneut grinsen, als er die Überraschung in den Gesichtern der Männer sah. »Mir steht nicht der Sinn nach Streit.«
»Aber du bist gut bewaffnet, Fremder«, kam die Antwort von einem kräftigen Burschen mit Bauchansatz. Der Speerträger überragte ihn um einen halben Kopf, aber dieser schien der Wortführer der Männer zu sein.
Arwed nickte beiden zu. »Es ist gefährlich, sich allein und mit wertvoller Ware durch die Wälder zu bewegen«, begann er und wurde vom Klang eines Hornes unterbrochen, das nicht zu weit von ihnen von einer Stelle des ersten Befestigungsringes herunterdrang. Wieder nickte er. »Es macht keinen Sinn, seine Kundschaft anzugreifen, nicht wahr?«
»Und was für eine Art Händler willst du sein, Fremder?«
Der Kräftige mit dem haselnussbraunen Haar musterte Arweds Pferd, die Packen, die es trug und konnte keine Ware entdecken. Dann blieb sein Blick an einem länglichen Bündel hängen. »Verkaufst du Felle oder Stoffe? Die haben wir selbst.«
»Ich führe die Tränen der Götter mit mir, eingefangen und golden in kleinen Steinen. Wir nennen sie Bernstein.«
»Wir kennen Bernstein … und schätzen ihn sehr hoch. Doch das Bündel dort sieht mir nicht nach Schmuck aus.«
Ein misstrauischer Bursche.
»Nein, darin ist nicht meine Ware.« Er zögerte und vernahm erneute Hornsignale, die sich bis zur Stadt auf dem Berg fortsetzten. »Ich fand einen toten Körper im Fluss treiben«, fuhr er fort und registrierte, dass sich die Mienen der Männer augenblicklich verdunkelten. »Ich zog ihn aus dem Wasser und sah, dass man dem Opfer die Kehle durchgeschnitten hatte …«
»Warum sollten wir nicht denken, dass du das warst?«, rief nun der Speerträger und machte einen Schritt nach vorn.
»Würde ich dann damit zu euch kommen? Allein?«
Plötzlich drang Hufgetrappel zu ihnen und er sah einen Trupp Reiter den Hang zwischen mittleren und unteren Ring herabpreschen. »Glaubt ihr, ich würde mich einer hundertfachen Übermacht entgegenstellen, wenn ich einen von euch getötet hätte?«
Verunsichert blickten sich die Bauern an und wussten nicht, was sie tun sollten. Der Kräftige drehte sich dem Geräusch zu und sah, wie die Reiter gerade ein Tor passierten und kurz darauf bei ihnen in einer Staubwolke ankamen und den Fremden sofort umringten.
Arwed