Menosgada. Werner Karl

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Tagen die trübgraue Decke an einigen Stellen das blaue Firmament zeigte?

      Er hatte die Hände erhoben und sprach schon oft gebrauchte Beschwörungen aus, unterstrich manche von ihnen mit geheimnisvollen Gesten und versicherte sich mit schnellen Blicken von deren Wirkung auf sein Publikum. Zu seiner Fürstin sah er aber nicht.

      Brianna wunderte und ärgerte sich über sich selbst, dass ihr sein Verhalten nicht schon früher aufgefallen war.

      Wie blind bin ich gewesen? Hat mich die Sorge um Kyla so betrübt, dass ich nicht erkennen konnte, dass selbst Feidlim der wahre Glaube zu fehlen scheint? Es gefiel ihr nicht, dass ihre Zweifel in ihm einen Gesinnungsgenossen zu finden schien. Das macht dich nicht zu meinem Freund, Feidlim, dachte sie düster und wunderte sich selbst über ihre zunehmende Abneigung ausgerechnet dem Mann gegenüber, der durch dieses Opfer die Götter nicht nur um besseres Wetter bitten, sondern auch ihrer Tochter die finsteren Träume nehmen wollte. Mit Unbehagen tauchte in ihr der Gedanke auf, dass sie alle den Druiden bislang als Mittler zu den Göttern betrachteten, obwohl dieser möglicherweise nicht an deren Wirken – ja vielleicht nicht mal an ihre Existenz – zu glauben schien? Was sagte das über den Wahrheitsgehalt und selbstverständlich auch über die Zuverlässigkeit seiner Vorhersagen aus?

       Können wir ihm vertrauen? Können wir ihm noch ein Wort glauben?

      Ob ihre Zweifel nun berechtigt waren oder nicht: der Himmel war aufgerissen und ließ von Augenblick zu Augenblick immer mehr das lang ersehnte Licht auf sie fallen. Alle Umstehenden, vor allem die Bauern unter ihnen, machten zufriedene, ja glückliche Gesichter und konnten das Ende des Rituals kaum erwarten. Sie würden wohl sogleich auf ihre Felder eilen und nach der Ernte schauen.

       Oder bin ich einfach nur zu misstrauisch?

      Sie blickte den letzten schwindenden Wolken nach und freute sich selbst über die Sonnenstrahlen, die warm ihre Haut berührten. Aus den in geringer Entfernung stehenden Bäumen drang das Zwitschern einiger Vögel. Deren aufkommender Gesang hatte wohl die Kraft, die letzten Rauchfahnen des Opfers aufzulösen.

      Kapitel IV: Ein Hirsch, zwei Jäger

      Die beiden Männer, die vorsichtig durch den Wald stapften und sich dabei erstaunlich umsichtig bewegten, hätten nur auf einen flüchtigen Zuschauer wie Krieger gewirkt, wie sie viele ansässige Stämme besaßen. Erst auf den zweiten Blick offenbarten sich Einzelheiten, die einen einheimischen Beobachter überrascht hätten; gelinde ausgedrückt. Aber es war niemand in unmittelbarer Nähe, den die großen Gestalten in Verwunderung hätten versetzen können. Nur wenige Dinge an ihnen glichen bekannten Gegenständen; das meiste war einfach … fremd.

      Auf dem Rücken trugen beide Bogen, dazu prall gefüllte Köcher. Ein Kelte hätte daraus geschlossen, dass sie Jäger waren. Denn Fernwaffen waren aus keltischer Sicht feige Waffen, die man eben nur zur Jagd auf scheues Wild einsetzte. Auch Schilde und Schwerter besaßen die beiden nicht. Stattdessen trugen die Männer Streitäxte, der eine in der linken, der andere in seiner rechten Hand. Abgenutzte Griffe und gut sichtbare Scharten zeugten von regem Gebrauch. Dennoch machten die schimmernden Schneiden einen scharfen Eindruck. Die Innenseiten ihrer Beinkleider waren abgewetzt und glänzten speckig. Mit ziemlicher Sicherheit waren sie also Reiter; trotzdem gingen sie zu Fuß. Vielleicht hatten die Männer die Pferde samt Schwertern und Schilden irgendwo hinter sich gelassen und bewegten sich nun auf eigenen Beinen durch den Wald, der wild und undurchdringlich vor ihnen lag.

      Die Krieger liefen hintereinander und bogen mit den freien Händen dünnere Äste und Zweige zur Seite. Nur an den unwegsamsten Stellen schlugen sie Hindernisse mit den Äxten so leise wie möglich ab. Dabei achteten sie darauf, die Bruchstellen wieder mit Laub zu verbergen. Bei dickeren Ästen – die die Waffen wohl locker bewältigt hätten – verzichteten sie aber ganz auf deren Einsatz und gingen lieber darum herum. Es war klar, dass sie weder eine deutliche Spur noch laute Geräusche verursachen wollten.

      Der Linkshänder ging voran. Seine Augen blickten glasklar und blau in das dämmrige Licht des dichten Waldes. Das dunkelblonde Haar wehte leicht über die breiten Schultern, wenn sein Besitzer den Kopf zur Seite und wieder zurück nach vorne schwenkte.

      Sein Begleiter ging drei Mannslängen hinter ihm und schien sich ausschließlich auf ihre Flanken zu konzentrieren. Die Axt in seiner Rechten war größer und hatte eine rundere Klinge als die seines Freundes. Dabei wirkte sie wie ein Spielzeug in seinen Händen, für die die Bezeichnung Pranken ebenso zutreffend gewesen wäre. Seine flachsblonden Zöpfe standen im harten Kontrast zu seinem dunkleren Bart und den steingrauen Augen, die sich scheinbar mühelos im Halbdunkel zurechtfanden.

      Plötzlich blieb der vordere Mann stehen und drehte seinen Oberkörper gezwungen langsam so zur Seite, dass ein vor ihm stehender Baum beinahe vollständige Deckung bot. Sein Hintermann reagierte sofort und folgte diesem Beispiel. Für einen langen Moment verharrten sie lautlos, dann hob der Linkshänder seine freie Hand und machte eine seltsame Geste Richtung Süden: Er zeigte dem anderen Mann die zur Faust geballte Rechte und spreizte dann den Daumen und den kleinen Finger ab. Danach schob er die Hand wie eine Gabel nach vorn und ein wenig nach oben. Dennoch blieben beide stehen und lauschten.

      Etwa zwanzig Herzschläge später trat ein Hirsch – ein Achtender – zwischen den Bäumen hervor; vielleicht fünfundzwanzig bis dreißig Schritte entfernt. Er hatte die Männer bisher nicht gesehen. Und weil der ohnehin schwache Wind aus seiner Richtung blies, konnte er die beiden auch nicht wittern.

      Der beginnende Herbst hatte die Blätter schon verfärbt. Zahlreich lagen sie am Boden und bildeten von Tag zu Tag eine immer bunter und dichter werdende Schicht. Der Morgennebel und ein Regen vom Vortag hatten dem Laub für kurze Zeit die Geschmeidigkeit des Frühlings zurückgegeben. Jetzt ermöglichten sie Mensch und Tier ein nahezu unhörbares Vorankommen.

      Der Hirsch senkte seinen Kopf und schob mit der Schnauze die Blätter auseinander. Dann hob er ihn wieder auf halbe Höhe und witterte. Als seine Nase keine fremden Gerüche ausmachen konnte, machte er sich über die Kastanien her, die reif und aufgeplatzt im Laub lagen und ein Festmahl versprachen.

      Der nur wenig ältere Mann mit der größeren Axt hatte sich wie ein Geist bewegt und stand nun Schulter an Schulter bei seinem Vordermann.

      »Du oder ich?«, hauchte er so leise, dass ihn sein Partner kaum hören konnte.

      »Du«, kam es ebenso gedämpft zurück und der Linkshänder trat langsam zwei Schritte nach hinten, um dem anderen seine bessere Position zu überlassen.

      Der Blonde steckte behutsam seine Axt in den breiten Gürtel und holte sich Bogen und einen Pfeil vom Rücken. Mit unglaublicher Ruhe legte er an und spannte seinen Bogen. Zwei Mal atmete der Schütze ruhig und kontrolliert ein und aus.

      Dann hielt er den Atem an …

      Mitten in einer Kaubewegung brach der Hirsch zusammen. Doch kein Pfeil hatte ihn niedergestreckt, sondern ein Speer, der eines seiner Schulterblätter durchbohrt hatte. Die beiden Krieger sahen die Überraschung in den Augen des Tieres und hatten einen ganz ähnlichen Ausdruck in den eigenen. Noch während eine Handvoll unsichtbarer Männer Freudengeheul anstimmte und aus mehreren Richtungen durch das Gewirr des Waldes brach, legte der verhinderte Schütze neu an. Sein Partner hielt die eigene Axt mit fester Hand. Beide verfluchten still die Tatsache, dass sie außer zwei Bäumen keine weitere Deckung nutzen konnten. Ausgerechnet an dieser Stelle gab es weder Büsche, von Sturm und Alter ausgerissenes Wurzelwerk oder umgestürzte Stämme.

      Fünf halbnackte Männer mit Speeren sprangen aus einem Dickicht, gefolgt von einem unbewaffneten Mann und einem Jungen, der dem mutmaßlichen

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