Menosgada. Werner Karl

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Menosgada - Werner Karl

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unvorsichtige Mäuler ihr zugetragen hatten.

      »Eure Vorkehrungen sind zu bewundern, Herr, ohne Zweifel. Doch hat dies andere Stämme nicht vor ihrem Untergang bewahrt. Es wäre sicher von Nutzen, wenn wir uns mit anderen Stämmen vereinigen könnten, um unsere Streitmacht zu verstärken. 300 Mann unter Waffen scheinen wohl nicht genug zu sein, gegen Horden von Berserkern …«

      »Berserker …«, wiederholte Alaric und stieß das Wort wie einen Fluch aus. »Manche von ihnen tragen Felle von Bären … und sollen kämpfen wie diese. Dazu sind sie groß gewachsen und tragen Waffen, die selbst unsere stärksten Krieger nicht lange schwingen könnten. Was soll ich tun gegen eine solche Armee?«

      Er machte eine kurze Pause, dann knirschten seine nächsten Worte so, als hätte er Sandkörner zwischen den Zähnen.

      »Du weißt ganz genau, dass es nur einen einzigen Stamm in der weiteren Umgebung gibt, der uns zwar nicht gerade freundlich, aber zumindest neutral gegenübersteht. All die anderen sind nur neidisch auf unsere Befestigung und ihre Position. Wie viele Kämpfe haben wir schon überstanden? Wie oft wurden wir schon angegriffen und konnten sie immer wieder zurückschlagen?«

      »Auch hier habt Ihr mit jedem Wort Recht, mein Fürst. Doch ändert es nichts daran, dass die Germanen kommen werden. Vielleicht nicht heute oder morgen … aber sie werden kommen!«

      Nun machte Feidlim eine Pause, erhob sich und trat Alaric gegenüber. »Warum also seid Ihr hier, mein Fürst? Ich kann Eurer Tochter die Träume nicht nehmen, wenn ständig neue Nachrichten ihre Ängste schüren …«

      »Befrage die Götter, warum sie nicht um sich selbst fürchtet!«, befahl Alaric und atmete dabei schwer. »Befrage die Götter, warum sie weint, wenn sie mich ansieht! Kann sie meinen Tod sehen?«

      Der Stammesfürst war hier Vorbild und Abbild seiner Tochter zugleich. Seine Fragen zeugten nicht von Angst um sein eigenes Leben, sondern um das seiner Familie. Er schien die angedeutete Rettung seiner Tochter den Göttern schon jetzt zu danken, doch musste ihn die Angst um Frau und Sohn innerlich zerfetzen, als hätten ihn die Klingen von mehreren Feinden schon getroffen.

      »Ich werde die Götter befragen, mein Fürst, so wie Ihr es wünscht … befehlt.« Feidlim überlegte schon die ganze Zeit, was er danach als Rat der Götter würde mitteilen können, ohne sich gleich selbst in Gefahr zu bringen. »Natürlich verlangen die Götter ein Opfer … wie immer. Es sollte ein großes Opfer sein«, fügte er hinzu.

      Alaric nickte und ging wortlos hinaus. Der Regen hatte noch an Heftigkeit zugenommen und stob jetzt – unterstützt durch ebensolche Böen – weit in den Raum hinein.

      Feidlim trat rasch an die Tür und schloss sie, bevor Wind und Regen sein Feuer in Bedrängnis bringen konnten. Mit Gänsehaut trat er an die Flammen heran und stierte hinein, als könne er dort die Antworten finden, die sein Fürst … und er zu finden hofften.

      Die Götter, spottete er innerlich. Es gibt keine Götter!

      Feidlim war nicht bewusst, dass es genau dieser Unglaube war, der ihm den Kontakt zu ihnen verwehrte. Und noch etwas anderes war ihm nicht bewusst …

      Es gab noch andere Mächte, die sich seiner Wahrnehmung entzogen.

      Dunkle Mächte.

      Kapitel III: Ein Opfer für die Götter

      Brianna erschrak über das rasante Tempo, mit dem die Flammen das Schwein vollständig einhüllten. Binnen Augenblicken brannte das Tier so heftig, als hätte der Druide es vorher mit Pech eingerieben. Doch dem war nicht so. Sie hätte es an dessen unverwechselbarem Gestank sofort erkannt. Das, was jetzt in ihre Nase stieg, war ein anderer übler, horniger Geruch. Es war das Haarkleid des Opfers, das sofort in Brand geraten war und nun stinkende Schwaden aufsteigen ließ. Nach kurzer Zeit waren die Borsten und Haare verschwunden und offenbarten die blanke Haut der Sau.

      Es brutzelte und zischte, Fett tropfte in die Flammen, stob dort kurz auf und ließ ihr unweigerlich das Wasser im Mund zusammenlaufen. Für die Dauer von etwa zehn Herzschlägen duftete das brennende Schwein köstlich. Brianna schämte sich dafür und dachte daran, wie viele Menschen von dem Tier hätten satt werden können.

      Doch die Flammen schlugen immer höher und loderten mit gierigen Zungen um das Opfer. Schließlich sollte das hier kein Festmahl werden. Das Tier war gut genährt und hatte sich auch eine dicke Schwarte anfressen können. Jetzt platzte die Kruste mit schrecklich knackenden Geräuschen auf. In Briannas Ohren klang es wie das Brechen von dünnen Knochen. Nur Augenblicke später wandelte sich der sonst verführerische Duft in beißenden Qualm. Er stieg in schwarzen Rauchfahnen in den Himmel, der zwar immer noch von dichten Wolken bedeckt war, aber keinen Regen herabfallen ließ.

      Unwillkürlich machte sie ein paar Schritte nach hinten. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie heiß das Feuer geworden war und rückte noch weiter ab. Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, dass auch andere Umstehende zurückwichen.

      Das Schwein brannte jetzt auch von innen heraus, und blankes Fleisch, Knochen und Organe wurden sichtbar. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, das arme Tier auszuweiden. Ekliger Brodem ließ Brianna den Mund trocken werden und sich nach einem Schluck Wasser sehnen. Leichte Böen trieben den Gestank zu der Menge, die sich ohne Befehl um das Opferfeuer versammelt hatte, fasziniert und erschrocken zugleich vom Schauspiel und von der dahinter steckenden Hoffnung. Manch einer trug einen gequälten Ausdruck im Gesicht, andere Verbissenheit oder blanke Angst. Die Götter verlangten nach diesem Opfer. So hatte es wenigstens Feidlim behauptet.

      Brianna hegte schon lange Zweifel am Nutzen solcher Gaben … und an der Existenz von Göttern. Sie würde aber nie im Leben – auch nicht Alaric gegenüber – erwähnen, wie sie darüber dachte. Doch ihr Volk glaubte daran. Und wenn sie Fürstin bleiben wollte, musste sie den Bedürfnissen ihrer Untertanen – sie selbst betrachtete sie als anvertraute Menschen – nachkommen und Ritualen beiwohnen, deren Sinnhaftigkeit und vor allem deren Wirksamkeit ihr mehr als fraglich vorkamen.

      Ob es den Göttern nicht besser gefallen hätte, wenn wir das Schwein bei einem Festessen – ihnen zu Ehren – verspeist hätten? Würden die Menschen die Götter nicht höher schätzen mit satten Mägen, lachenden Gesichtern und frohen Gedanken?, fügte sie stumm hinzu und konnte ihren Blick von dem Tier nicht abwenden, das mittlerweile zu einem schwarzen Klumpen geworden war, der keine Ähnlichkeit mehr mit einem lebenden Geschöpf aufwies. Jetzt sehen und riechen sie nur Verschwendung und den Verlust eines wertvollen Tieres … nur noch ein ekliges und qualmendes Etwas. Erfreut die Götter der Anblick von verkohltem Fleisch?

      Unwillkürlich fiel ihr Blick auf den Druiden Feidlim, der immer noch in der Nähe des Opfers stand und den der Rauch augenscheinlich völlig unberührt ließ. Sein Blick war lange auf dem armen Tier gelegen und hatte zeitweise einen seltsamen Ausdruck angenommen, den sie nur als … erregt bezeichnen konnte. Er schien die Zeremonie tatsächlich zu genießen. Erst jetzt, wo sie darüber nachdachte, fiel ihr auf, dass er bei ähnlichen Gelegenheiten den gleichen zufriedenen Ausdruck gezeigt hatte.

       Findet er Gefallen am Tod einer Kreatur oder ist es nur der Umstand, dass er derjenige ist, dem – außer natürlich dem Schwein - alle Aufmerksamkeit gilt?

      Sie wich noch weiter zurück und schob sich zwischen zwei Männer, die mit starren Mienen das Ersterben der Flammen verfolgten. Jetzt konnte sie den Druiden beobachten, ohne dass es diesem sofort auffiel, außer er würde sich ihr direkt zuwenden. Aber Feidlim richtete seine Aufmerksamkeit nun gen Himmel und rief mit aller Inbrunst die Götter an – oder tat zumindest

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