Der Fall Bahran. Elke Maria Pape
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„Halt dein Maul. Mit der werde ich schon fertig. Ich frag dich noch mal, was du dich einmischt, sieh zu, dass du verschwindest, sonst gibst eins auf die Fresse.”, schnauzte er und versuchte Karla mit seinem Körper rücksichtslos zur Seite zu schieben.
Zacharias verfolgte die Szene. Zeit einzugreifen, beschloss er und hoffte inständig dass niemand in der Zwischenzeit mit Karlas Koffer aussteigen würde.
Eilig versuchte er ein paar gaffende Leute zur Seite zu schieben, was ihm nicht sofort gelang. Vorne sah er mit Schrecken, dass der eine Karla heftig gegen die Schulter schubste, und er meinte, etwas aufblitzen zu sehen.
„Zur Seite!”, schrie er jetzt brüllend die Menschen vor sich an und diese machten endlich Platz. Weiter vorne zog der Jugendliche ein Messer.
Die Menschen in der Straßenbahn schrien auf, lediglich die Frau, die neben dem Mädchen saß, schaute immer noch ungerührt aus dem Fenster.
Dem anderen Jugendlichen wurde die Sache wohl ein wenig zu heiß und er trat ein paar Schritte zurück. Vielleicht wollte er aber auch nur einen besseren Blick auf das Geschehen haben, denn in seinem Gesicht lag immer noch ein spöttisches Grinsen. Der Fahrer der Straßenbahn verringerte nur etwas die Geschwindigkeit, machte ansonsten nicht den geringsten Versuch, irgendetwas zu unternehmen.
Die Bahn legte sich in eine Kurve und rumpelte über die alten Schienen.
Zu seinem Entsetzten sah Zacharias Karla mit dem Jugendlichen kämpfen.
In dem Moment, als er sich endlich bis zu ihr durchgeschlagen hatte schlug der Bursche mit einem krachenden Geräusch der Länge nach auf den Boden. Sein Kumpel wurde blass. Die Straßenbahn hielt und er nutzte die Gelegenheit und machte sich feige durch die vorne geöffnete Tür aus dem Staub, ohne auch nur noch einen Blick zurück auf seinen miesen Freund zu werfen.
„Mensch, Karla!”, japste Zacharias. Der Junge lag vor ihm im Gang in einer Art Schockstarre. Erst jetzt sah er, dass Karla einen Fuß auf dem Brustkorb des Jugendlichen platziert hatte und ihn so am Boden hielt, ganz wie ein Großwildjäger, der einen Löwen erlegt hatte. Ihre spitzen Absätze schienen sich regelrecht in den Oberkörper des Jugendlichen zu bohren. Jetzt, da die Gefahr fürs erste vorbei zu sein schien, trauten sich die anderen Fahrgäste einen Blick auf den am Boden Liegenden zu werfen. Äußerlich völlig ruhig und sogar ein wenig lächelnd streichelte Karla über das schwarze, glänzende Haar des Mädchens. „Alles unter Kontrolle, nicht wahr Kleine?” Das Mädchen schaute zu ihr hinauf, wie zu einer Heldin und nickte heftig.
„Der Typ hatte ein Messer dabei!”
„Ja, hab ich gesehen. Wo ist das jetzt?”, antwortete Zacharias und konnte kaum glauben, was hier geschah.
„Unter irgend einem der Sitze. Ich hab es ihm aus der Hand geschlagen.”
Er lächelte erleichtert. „Ihr scheint mächtig in Form zu sein, auf dem Lande.”
Der Jugendliche stöhnte auf, und versuchte, sich schimpfend aufzurichten. Karla drückte ihn erneut mit ihrem Fuß runter und zog einen Fotoapparat aus ihrer Handtasche. Während Zacharias ihm seinen Polizeiausweis unter die Nase hielt, drückte Karla auf den Auslöser.
Die Straßenbahn hielt erneut. Die Frau neben dem Mädchen stand auf und quetschte sich wortlos mit gesengtem Blick an ihnen vorbei in Richtung Ausgang.
Karla konnte nicht anders. „Vielen Dank für ihre Hilfe!”, schrie sie ihr laut hinterher.
Die anderen Fahrgäste schauten beschämt zu Boden.
Zacharias wies den Fahrer an, noch einen Moment zu warten, was dieser genervt befolgte. Es hätte keinen Zweck gehabt, ihn zu ermahnen, dachte Zacharias, wahrscheinlich erlebte er solche Situationen öfter, und warum das eigene Leben für andere riskieren.
„Lass ihn aufstehen, Karla.”, sagte er zu seiner Kollegin. Der Kerl rappelte sich nach oben. Wahrscheinlich noch keine sechzehn Jahre alt, schätzte Zacharias. Jetzt stöhnte er, weil ihm alle Knochen wehtaten. Geschah ihm nur recht.
„Verdammt, wahrscheinlich habe ich mir was gebrochen.”, jammerte er weinerlich.
„Pass auf, du Idiot!”, sagte Karla zu ihm und fixierte ihn mit einem undurchschaubaren Blick. Sie strich ihm mit spitzen Fingern über die Schulter, so als wollte sie, wie in einem Westernfilm, ein paar Staubkrümel von seinen Sachen fegen. Der Typ versuchte, ihrem Blick auszuweichen. Die Sache musste für ihn ungeheuer demütigend sein.
Nieder gerafft durch einen simplen Abwehrgriff der Polizei. Noch dazu von einer Frau.
„Ich habe ein Foto von dir gemacht. Sollten wir dich in den nächsten Tagen noch einmal irgendwo antreffen, nehmen wir dich mit und stecken dich für vierundzwanzig Stunden in die JVA. Da gibt’s ganz nette Jungs. Wirst sehen, die Zeit vergeht dort wie im Flug.”
„Verstanden?” fragte Zacharias.
Der Kerl nickte mit leicht zitterndem Blick und wagte kein Wort mehr zu sagen.
Zacharias packte ihn am Kragen und schob ihn zur Tür. „Und jetzt raus hier. Wenn du deinen feigen Kumpel suchst, der ist schon an der letzten Haltestelle abgehauen.” Der Jugendliche stolperte nach draußen und sah zu, dass er schnellstens um die nächste Häuserecke aus ihrem Blickfeld verschwand. Die Türen schlossen sich. Und jetzt klatschten tatsächlich die Fahrgäste erleichtert Beifall.
„Wir sind von der Polizei, alles in Ordnung!” Zacharias sprach laut und deutlich und hielt noch einmal, für alle Fahrgäste sichtbar, seinen Ausweis in die Höhe. In der dritten Reihe stand eine junge Frau auf. Sie trug trotz der enormen Hitze einen dieser Schlapphüte, die in den Siebzigern modern waren und unverständlicherweise in der heutigen Mode wieder auftauchten. Scheu reichte sie dem Kommissar das Messer, das sie unter ihrem Sitz gefunden hatte, ein ziemlich gefährlich aussehendes Teil, das Karla zum Verhängnis hätte werden können, dachte Zacharias voller Sorge.
Er steckte das Messer ein und ging zu Karla, die neben dem Mädchen Platz genommen hatte. Sie hatte einen Arm um die noch immer vor Angst zitternden Schultern des Kindes gelegt.
„Alles in Ordnung?”, fragte Zacharias.
„Ja, das hier ist Nadine.”, antwortete Karla. Zacharias nickte dem Mädchen aufmunternd zu. „Nett, dich kennen zu lernen, Nadine.” Die Kleine lächelte schüchtern zurück.
„Nadine hat mir erzählt, dass sie an der nächsten Haltestelle von ihrer Mutter abgeholt wird. So lange bleiben wir bei dir, versprochen. Und hab keine Angst. Dieser Typ wird dich nie wieder ansprechen, das weiß ich genau.”
Als er den Fotoapparat sah, den Karla immer noch in ihrer Hand hielt beugte sich Zacharias zu den beiden. „Ist das deine neue Kamera, von der du mir erzählt hast? Die preiswerte aus dem Discounter?”, fragte er amüsiert.
Karla nickte. „Ja!”
„Entschuldige die Frage.”, drückte er sich umständlich aus. „Aber wolltest du damit nicht Sehenswürdigkeiten fotografieren?”
Sie lachte und das Mädchen sah bewundernd zu ihr rauf. „Klar, den Dom hab ich auch schon drauf.”
„Mann, ihr habt euch aber Zeit gelassen!” Das war der erste Satz, den Steffen Döber aussprach, als sie das