Fünfunddreißigtausend Jahre vor unserer Zeit oder wie der Mensch den Wolf zähmte.. Karl Reiche

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Fünfunddreißigtausend Jahre vor unserer Zeit oder wie der Mensch den Wolf zähmte. - Karl Reiche

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      Eines Tages gelang es den beiden Altwölfen, einen verletzten Hirsch zu töten. Der Rüde riss ihm die Bauchdecke auf, verschlang die Leber und brachte sie zum Bau. Dort würgte er sie vor der Nummer „Eins“ der Welpen wieder aus. Die leicht vorverdaute, frische Hirschleber schmeckte dem Welpen herrlich. Er vergaß den Geschmack sein Leben lang nicht mehr.

      Der Hirsch reichte für die beiden erwachsenen Wölfe und die Welpen mehrere Tage als Nahrung. So konnten die Kleinen einige Tage ausgelassen vor dem Bau ihren Spielen nachgehen; während die Altwölfe über sie wachten.

      Das Unheil brach über die Welpen an einem heißen und schwülen Spätfrühlingstag herein. Seit Wochen hatte es nicht mehr geregnet. Der Wald und vor allem die Büsche in der Umgebung ihrer Höhle waren vertrocknet und ihre Blätter hingen halb verdorrt an den Zweigen. Die Altwölfe waren auf der Jagd und die Welpen spielten in der Nähe des Eingangs zu ihrem Bau. Wenn die Eltern nicht da waren, entfernten sie sich nie weit diesem Eingang. Immerhin bot er Schutz, wenn sich von irgendwoher eine Gefahr nähern sollte.

      Von Nordwesten zogen schwere dunkle Wolken auf, es wurde finster und dann begann es, aus diesen Wolken zu blitzen und zu donnern. Schon beim ersten auf zuckenden Leuchten verschwanden die Welpen, so schnell sie konnten, im Bau. Dort kuschelten sie sich ängstlich aneinander. Die Blitze sahen sie als hell aufflackerndes Licht durch den Eingang. Beängstigender aber war für sie das darauf folgende Krachen. Die Vier kauerten sich zusammen und fiepten leise.

      Plötzlich flammte ein grelles Leuchten vor dem Eingang ihrer Höhle auf, begleitet von einem donnernden Schlag in ihrer unmittelbaren Nähe und kurz darauf hörten sie das Knistern von Flammen.

      Feuer.

      Die Nummer „Eins“ der Welpen wusste zwar nicht, was das für eine Gefahr war. Als aber der erste Brandgeruch in seine Nase drang, verließ er instinktiv den Bau und lief nach draußen. Seine drei Geschwister folgten ihm. Vor ihrer Höhle herrschte das Chaos. Die bisher so behagliche und gemütliche Behausung war von einem Blitz getroffen worden und das trockene Holz hatte sofort Feuer gefangen. Ihr Bau war ein einziges Flammenmeer. Obendrein wehte ein starker Wind, der das Feuer auch zu den umliegenden Büschen und Sträuchern trieb. Diese begannen ebenfalls schnell zu brennen und bald stand die gesamte Lichtung um ihren Bau herum in Flammen.

      Die Welpen wollten in Panik geraten und ängstlich davonlaufen, aber ihre Nummer „Eins“ versuchte, Ruhe zu bewahren. Er wusste instinktiv, dass sie diesem Flammenmeer nicht allein entkommen konnten. Ihre einzige Chance waren die Eltern. Aber wie sollten diese sie finden, wenn sie jetzt fluchtartig den Bereich ihres Baues verließen? Also hockte er sich hin und heulte so laut er konnte, um seine Eltern herbeizurufen.

      Derweil breitete sich das Feuer immer weiter aus, schloss die sich ängstlich zusammenkauernden Welpen vollständig ein und näherte sich ihnen unaufhaltsam.

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      Durch den Wald zogen eine kleine Gruppe von sieben jungen Männern und zwei Frauen nach Norden. Sie waren zwischen vierzehn und neunzehn Jahre alt. Ihr Anführer Kaar war mit siebzehn Jahren und mit mehr als 180 cm Größe zwar der Größte von ihnen, aber nicht der Älteste. Er hatte langes dunkelbraunes Haar, den ersten Ansatz eines Bartes am Kinn und braune Augen. Trotz seiner schlanken Gestalt war er sehr kräftig.

      Seine Führung hatten die anderen schon immer anerkannt, seit sie als kleine Kinder zusammen gespielt und Streiche ausgeheckt hatten. Er hatte sich immer die interessantesten Unternehmungen für sie ausgedacht, manchmal nicht ganz ungefährliche, aber immer höchst spannende. Er war auch der Nachdenklichste der jungen Männer, beobachtete seine Umgebung genau, konnte Situationen gut einschätzen und aus ihnen die richtigen Schlüsse ziehen. Andererseits war er aber der Unternehmungslustigste und auch der Intelligenteste der Gruppe und somit einfach ein geborener Anführer.

      Die meisten der anderen jungen Männer erkannten dies problemlos an.

      Die beiden jungen Frauen in der Gruppe, Aja und Ina, waren die Gefährtinnen der beiden ältesten der jungen Männer Petr und Ian und wollten ihre Männer unbedingt begleiten.

      En war Kaars um ein Jahr älterer Bruder und sah ihm sehr ähnlich, war aber nicht ganz so groß. Er war ein sympathischer und sehr gewinnender junger Mann, der ständig gut gelaunt und immer fröhlich war. Seine gute Laune sorgte dafür, dass es in der Gruppe so gut wie nie zu Spannungen kam.

      Raf war genauso alt wie Kaar, kräftig und untersetzt. Er war ein ruhiger und ausgeglichener Typ und gemeinsam mit En und Kaar trug er viel zum Zusammenhalt der jungen Männer bei.

      Sig und Bor waren mit 16 und 14 Jahren die jüngsten Mitglieder dieser Gruppe. Obwohl Bor der Jüngste von ihnen war, konnte er es, was seine Kraft anging, mit den anderen aufnehmen. Er war nur mittelgroß, aber sehr gedrungen und man ahnte bereits jetzt, welche ungeheuren Körperkräfte er einmal entwickeln würde.

      Sig war ebenfalls nur mittelgroß und sehr schlank, aber der Lebhafteste unter ihnen. Er sprühte förmlich vor Energie.

      Ian war mit neunzehn Jahren der Älteste. Er hatte an vielem etwas auszusetzen, nörgelte oft an Entscheidungen von Kaar herum, und er war es auch, der immer wieder versuchte, Kaars Rolle als Anführer infrage zu stellen.

      Vor einigen Jahren waren Besucher aus dem Süden in ihre Höhle gekommen und hatten, während sie mit den Jägern der Sippe Jagdabenteuer austauschten, eine abenteuerliche Geschichte erzählt:

      „Wir waren mit zehn Jägern unterwegs und wollten in der Steppe Elenantilopen erlegen. Von weitem beobachteten wir gerade eine Herde, als diese von einem großen Rudel Wölfe angegriffen wurde, die es wohl auf einige der Kälber abgesehen hatten. Die Antilopen spritzten auseinander, doch einige der Tiere wurden von den Wölfen genau in unsere Richtung getrieben. Wir versteckten uns also, und als sie an uns vorbei gerannt kamen, konnten wir sechs von ihnen erlegen.“

      Der Erzähler hatte in diesem Moment die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Jäger der Sippe. Diese Wölfe gab es auch in ihrer Gegend. Sie waren nicht sehr groß, sehr schlank und hatten große Ohren. Image

      „Was geschah dann? Haben die Wölfe euch angegriffen?“

      „Nein, sie waren wohl von unserem Auftauchen genauso überrascht wie die Antilopen. Während die restlichen Tiere der Herde flohen, blieben die Wölfe in unserer Nähe und beobachteten uns.“

      „Sie haben euch nichts getan?“

      „Nein, sie haben uns nur beobachtet.“

      „Was habt ihr gemacht?“

      „Nun, wir waren zehn Männer und zwei von uns konnten gerade mit Mühe eine dieser großen Antilopen tragen. Mit so viel Beute hatten wir gar nicht gerechnet. Wir haben also aus schlanken Baumstämmen Tragestangen hergestellt und fünf der Antilopen nach Hause gebracht. Die Sechste haben wir einfach liegen gelassen. Ich nehme an, die Wölfe haben sie gefressen, sobald wir weg waren.“

      Die Männer hatten alle genickt und aus der Erzählung dieses Besuchers nur den Schluss gezogen, dass selbst ein großes Rudel Wölfe sie nicht angriff.

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