Der Weg der Liebe. Orison Swett Marden

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Der Weg der Liebe - Orison Swett Marden

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fuhr er fort: „Ich fürchte, mein Junge, den ich in einer auswärtigen Schule untergebracht habe, wird krank. Überhaupt müssen wir uns auf manche Scherereien und Verdrießlichkeiten gefaßt machen. Und dann die Dienstboten! Ich fürchte, wir werden bald wieder wechseln müssen, und die neuen sind immer unbrauchbarer als die alten.“ Wir trennten uns dann; beim Weggehen aber gedachte er noch des Stands unserer Valuta und befürchtete, es werde noch schlimmer kommen. Als wir uns zufällig beim Mittagbrot wieder trafen, fürchtete er sich vor dem Fisch, dem Gemüse, dem Nachtisch und fürchtete sich weiter durch die ganze Mahlzeit und den ganzen Tag hindurch. Solange wir zusammen waren, habe ich sein „ich fürchte“ wenigstens fünfundzwanzigmal gehört.

      Es gibt kaum ein Menschenkind, das nicht diesen oder jenen schwarzseherischen Ausdruck zwei oder dreimal im Tag, vielleicht aber auch viel öfter, gebraucht. Wir lassen dabei außer acht, daß wir jedesmal, wenn wir solche Worte in den Mund nehmen, einen Mangel an Selbstvertrauen bekunden und zweifeln, daß wir imstande seien, gegen all das, was wir befürchten, aufzukommen. So oft wir sagen, wir fürchten uns vor der Armut, vor Krankheit, vor geschäftlichen Schwierigkeiten, vor diesem und jenem, so untergraben wir die Kraft, dem Übel zu widerstehen, und führen unserem Gemüt ein Gift zu, das seine Wirkung auf die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit nicht verfehlen wird.

      Lassen wir ab von Dingen, die uns doch nur Schaden bringen. Fort mit der Furcht und der Schwarzseherei, die sich mit der Vorstellung quält, als führen die Pfade des menschlichen Lebens nur in Sümpfe und Abgründe. Betrachten wir lieber das Leben vom Standpunkt des Optimisten aus, der immer das Paradies und das gelobte Land mit Milch und Honig vor Augen hat. Der Optimist hält es mit Cäsar Flaischlen und singt:

      „Hab Sonne im Herzen, ob's stürmt oder schneit,

      Ob der Himmel voll Wolken, die Erde voll Streit.

      Hab Sonne im Herzen, dann komme, was mag,

      Das leuchtet voll Licht dir den dunkelsten Tag.

      Hab ein Lied auf den Lippen mit fröhlichem Klang,

      Und macht auch des Alltags Gedränge dich bang,

      Hab ein Lied auf den Lippen, dann komme, was mag,

      Das hilft dir verwinden den einsamsten Tag.“

      5. Der Traum von der Brüderlichkeit

      Im alten Rom pflegten die Matronen ihre Handarbeit zum Kolosseum und den Gladiatorenspielen mitzunehmen und dort lange Stunden mit ihren Vettern und Basen zu verplaudern, während die christlichen Märtyrer in die Arena geworfen wurden und mit Bestien, deren wilde Gier man durch tagelange Nahrungsentziehung gesteigert hatte, um ihr Leben kämpften. Auch die Kinder wurden mitgenommen, um Zeugen dieser schrecklichen Schauspiele zu sein; sie klatschten entzückt in die Hände, während ihre Mütter mit wollüstiger Freude sich an dem Todeskampf der christlichen Blutzeugen weideten, die von den Ungeheuern in Stücke gerissen wurden.

      Nero ließ oft einen seinem goldenen Palast gegenüberliegenden See mit lebendigen Fackeln beleuchten, die aus zusammengebundenen und mit Teer bestrichenen Christen hergestellt waren. Es war ein weit verbreiteter Brauch, kranke oder verkrüppelte Kinder auf verlassenen Orten auszusetzen, wo sie dem Hungertod oder den wilden Tieren preisgegeben wurden. Ebenso grausam verfuhr man mit Greisen, die infolge Altersschwäche dienstunfähig geworden waren.

      Trotzdem die ganze Macht des römischen Weltreichs gegen die Christen aufgeboten wurde, fuhren sie fort, das Evangelium zu predigen und das Werk Christi weiterzuführen. Und siehe, trotz aller Verfolgung, trotz Marter und Kreuzespfahl, wirkte langsam, aber sicher der Sauerteig der christlichen Lehre, bis schließlich das ehemals stockheidnische Rom der Mittelpunkt der Christenheit wurde. Heute birgt es eine unübersehbare Fülle christlicher Denkmäler.

      Aber was ist zu sagen zu den Verfolgungen, die im Namen der Christenheit verhängt werden? Was zu den Greueln des Weltkriegs? Zu den unaussprechlichen Grausamkeiten und Barbareien, welche sogenannte Christen verüben? Die Antwort lautet dahin, daß trotz all dieser Untaten des Kriegs der Sauerteig der Liebe still weiterschafft.

      Ein Augenzeuge, der die europäischen Schlachtfelder besucht hat, sagt: „Du siehst die Hölle weit offen auf dem Kampfplatz, aber der Himmel ist's nicht minder. Dieses Heldentum, diese Ausdauer, Hingabe, Freudigkeit auch im schwersten Leiden, die Bereitwilligkeit, das Leben zu opfern, um einen Kameraden zu retten, das sind alles Tugenden, die mehr bedeuten und höher zu bewerten sind als die Erfüllung der unmittelbaren militärischen Dienstpflichten.“ Ein anderer sagt: „Wahres Christentum zeigt sich auf dem Schlachtfeld in wunderbarer Vollendung. Das Schlachtfeld wird zum Schauplatz der Liebe.“

      Obschon der große europäische Krieg der grauenhafteste der Weltgeschichte ist, so fehlt es doch nirgends an Beweisen für die fortdauernde Wirkung und Herrschaft der Liebe. Die selbstloseste Hingabe beseelt das große Heer der Helfer und Helferinnen des Roten Kreuzes, die ohne Ansehen der Volks- oder Kirchen-Zugehörigkeit, der Rassen- oder Standesunterschiede alle verwundeten Soldaten auf den Kampfplätzen der ganzen Welt als Brüder behandeln, indem sie ihnen die Wunden verbinden und durch ihre Pflege Gesundheit und Leben wieder schenken.

      Wie oft kommt es vor, daß Soldaten verschiedener Nationen, die in der Schlacht grimmige Feinde waren und auf jede Weise einander nach dem Leben trachteten, Seite an Seite im Lazarett herausfinden, daß sie in Wirklichkeit eins sind in ihren Gefühlen und Empfindungen, Brüder dem Herzen nach, ohne daß sie es vorher wußten. Fern von der Stätte des Hasses und Blutvergießens schließen sie Freund- und Bruderschaft fürs Leben.

      Pessimisten erblicken in dem Krieg nur die Vernichtung der Zivilisation und die Loslassung aller Dämonen des Hasses. Aber die Liebe ist stärker als der Haß und erzeugt Leben selbst aus dem Tod. Sogar auf dem Schlachtfeld streut sie die Saat eines neuen großen Lebens aus, das alles, was die Welt bisher gesehen, in Schatten stellt.

      Nie seit Menschengedenken ist der Wahlspruch der französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ so Allgemeingut der Menschheit geworden wie während des Weltkriegs. Das große Unglück hob alle Klassen- und Parteiunterschiede auf. Die scharfen sozialen, religiösen und politischen Grenzlinien, die vorher in den kriegführenden Ländern gezogen waren, verschwanden an vielen Orten. Die gemeinsame Not brachte die Menschen einander näher. Männer und Frauen aller Stände und Parteien wirkten zusammen auf das eine Endziel hin.

      Vornehme Familien nahmen Kriegswitwen und -waisen bei sich auf. Damen von Rang und Stand verrichteten die niedrigsten Dienste der Krankenpflege, stellten sich in den Dienst der niederen und höheren Schule, arbeiteten auf kaufmännischen und behördlichen Schreibstuben und lenkten den Kraftwagen oder die Straßenbahn. In Deutschland sind Frauen, vorher an keine Art von Arbeit gewöhnt, freudig an die Stelle ihrer Männer getreten, als diese dem Ruf des Vaterlandes zu den Waffen folgten, und haben, auch als infolge der Absperrung unserer Aus- und Einfuhr die Schwierigkeiten sich bergehoch vor ihnen auftürmten, mit unerschütterlicher Treue standgehalten. Ähnliches liest man auch von anderen Ländern, die in das Völkerringen verwickelt waren.

      Hoffen wir, daß die von der Liebe und dem Geist der Brüderlichkeit aufgehobenen Schranken nie wieder errichtet werden; daß der Friede — wenn er einmal wirklich seinen Einzug hält — eine Wiedergeburt der Völker auf neuer Grundlage bringen wird.

      Ein denkwürdiger Vorgang hat sich in den Vereinigten Staaten am 21. Juli 1911, fünfzig Jahre nach der Schlacht bei Bull Run, zugetragen. Die Überlebenden der blauen und der grauen Armee kamen zusammen und begruben den letzten Rest feindlicher Absonderung, der aus den Tagen des Bürgerkriegs noch vorhanden war und die Beziehungen zwischen den Nord- und Südstaaten beschattete. „Die Veteranen stellten sich in Reih und Glied auf und marschierten

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