Alvine Hoheloh. Amalia Frey

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Alvine Hoheloh - Amalia Frey Alvine Hoheloh - Blaustrumpf

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schlagen. Das überzeugte die Familie Grün endgültig von dem Anwärter: die Tochter glücklich zu wissen, nicht mehr reisen müssen und nebenbei über doppelt so viele Kund*innenkontakte verfügen – die Ehe war und blieb ein Geschäft.

      Mit Rebecca eröffnete sich für die Hohelohs ebenso der Weg zu vielen, sehr reichen jüdischen Geschäftsfreundschaften und Kund*innen. Schnell merkten Rebeccas Anverwandte auch, dass sie von Alfred und Dorothea gleichwertig behandelt wurden. Beide hatten noch nie ein Problem im Glauben gesehen und hatten auch nie verstanden, warum sie Grenzen im eigenen Land ziehen sollten. Das, da ihr Kreis doch ohnehin über Landesgrenzen hinaus reichte. Diesen Glaubenssatz hatten sie ihren Kindern mitgegeben und so freundete sich vor allem die kleine Alvine flink mit der Heerschar an Cousins und Cousinen ihrer künftigen Schwägerin an.

      Um alle Gemeinden gütlich zu stimmen, ließen Rebecca und Karl sich dreimal trauen: standesamtlich, evangelisch und ein letztes Mal mit massigem Pomp in der Traditionssynagoge der Familie Grün.

      Seither übernahmen Karl und Rebecca Hoheloh die Reisen in den Orient, um Seidenhandel zu betreiben. Ihre zwei kleinen Söhne verbrachten die meiste Zeit auf dem Weingut von Onkel Eduard und Tante Marie, wo sie zusammen mit dem restlichen hoheloh’schen Nachwuchs von zwei Kinderfrauen betreut wurden.

      °°°

      Alvines Brüder kamen, seitdem sie in den heiligen Stand getreten waren, nur noch selten auf Friedgolds Hof. Auch Dorothea blieb dieses Jahr länger in der großen Stadt und wollte erst in zwei Wochen gemeinsam mit Alfred dazu stoßen. All das war Alvine sehr recht.

      Nach dem Debakel auf dem Ball der Casparis hatte sie so gut wie nie eine ruhige Minute gehabt. Ihre Gesellschafterin Greta hatte sie natürlich begleitet und angenehmerweise davon abgesehen, sie wegen Theodor Fürstenberg zu befragen. Alvine wollte ihn schnell vergessen, dazu war ausreichend Abstand von seinem Umfeld hilfreich.

      Die Tage des Sommers waren in dieser Gegend heiß, sodass es ihre morgendliche Angewohnheit wurde, nach dem Aufstehen eine Runde im kühlen See zu schwimmen. Auf diese Weise hielt sich die Erfrischung den ganzen Tag und sie konnte mit Strumpf getrost durch die Wälder jagen oder mit Greta spazieren gehen.

      Im Umkleidehaus entledigte sie sich ihres Morgenmantels, mehr trug sie nicht am Leibe und sprang in alter Tradition ins Tiefe. Ihr von der Nacht und wilden Träumen mit Theodor Fürstenberg, dem Narren, erhitzter Körper erstarrte bei dem Temperaturunterschied und für einen Wimpernschlag stand ihr Herz still. Unter Wasser sah sie kaum etwas und blickte gen Oberfläche, die hell erleuchtet einen starken Kontrast zu ihren schwebenden Locken bildete. Dann tauchte sie auf, drehte ein paar Runden und tauchte wieder ab, um durch den unterirdischen Zufluss zu entschlüpfen. Es war ihre Art der Rebellion – eine davon – gegen die groben Ungerechtigkeiten, die für ihresgleichen galten. Wohl wissend, dass sie sich äußerst unschicklich benahm und mit wild pochendem Herzen schwamm sie weit hinaus auf den See und zurück.

      Als sie im sichtgeschützten Becken auftauchte, erwartete sie Greta auf dem Steg mit einem Handtuch. Ihre Gesellschafterin und Kammerzofe diente ihr seit einigen Jahren und hatte es aufgegeben, sie wegen ihrer Flausen zu ermahnen.

      Am frühen Nachmittag sattelte Alvine, wie immer behost und mit luftiger Bluse gekleidet, ihren Hengst. Strumpf begrüßte es einerseits, gefordert zu werden, aber anderseits war er es nicht gewohnt und daher schnell ermüdet. Dennoch ließen sie es sich nicht nehmen, sogleich am See entlang und schließlich in den Wald hinein zu galoppieren.

      Inmitten der reichen Buchen- und Tannenwälder des Friedgolds Forsts lag eine Lichtung mit einem kleinen Gewässer. Fröhliche Frösche quakten, Grillen zirpten und etliche Schmetterlinge und Bienen labten sich an den reichlichen Blumen. Das Gras war von der Sonne ausgetrocknet und fast zwei Ellen hoch. Alvine saß ab und ließ Strumpf vom Wasser saufen. Eine fette Kröte sprang erschrocken mit einem dumpfen Plopp ins warme Nass. Schließlich graste der Hengst nahe einer einzelnen Eiche, die neben dem Weiher mittig der Lichtung wuchs und unter der der Rasen grün und saftig war. Ein paar Eidechsen beobachtend, hatte Alvine sich in den Schatten des Baumes gesetzt und gedöst.

      Erst als Theodor schon fast neben ihr stand, kam sie zu sich.

      Seiner Pollenallergie trotzend hatte er sich den Weg durch das hohe Gras zu ihr erkämpft. Sogleich schnellte sie hoch und wich drei Schritte von ihm zurück. Er rang sich ein Lächeln ab, das ob seiner leuchtenden Augen durchaus glaubwürdig erschien.

      Hinter ihm stand ein Pferd. Sie kannte Asra, den Rappen. Er gehörte dem hiesigen Gastwirt.

      Strumpf beschnupperte das Leihpferd neugierig.

      »Bevor Sie schimpfen«, begann er, »darf ich etwas sagen?«

      Sie schnappte nach Luft. »Bitte«, platzte sie schließlich heraus.

      »Mir ist bewusst, dass ich Sie an besagtem Abend schwer verärgert haben muss. Nach Ihrem Abgang hatte ich Zeit, darüber nachzudenken und nun, da ich etwas über ihren bisherigen Lebensweg in Erfahrung bringen konnte, tut sich mir auch auf, wie es um Ihre Einstellung steht. Ich verstehe nun, woher Ihr Ärger rührt.«

      »Ist das so?«, blaffte sie zurück.

      »Fräulein Hoheloh, ich muss gestehen, dass ich noch mit wenigen Frauen wie Ihnen zu tun hatte. Gewiss waren die Damen, die mich bisher mit ihrer Gegenwart beehrten, oftmals ebenso unzufrieden mit ihrer gesellschaftlichen Stellung. Aber es kam mir eher so vor, als hätten diese jedenfalls sich damit arrangiert und würden nicht aktiv dagegen angehen. Dass sie sich unter dem Schutz der Männer, die die volle Verantwortung tragen, wohlfühlten.«

      Alvine holte Luft, doch Theodor erhob bittend die Hand, auf dass er weiter reden dürfe.

      »Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Von Kindesbeinen an habe ich mich gefragt, warum die Damen von Stand sich das antun, bis ich zu dem Schluss kam, dass viele offenbar nicht Kraft und Mut aufbringen konnten …«

      »Es wird uns regelrecht aberzogen!«, spie sie nun wider, »Sie reden von Verantwortung der Männer. Aber wenn diese nur daher rührt, dass sie die alleinige Macht haben, und Frauen der Weg zu Bildung und Selbstverwirklichung verwehrt bleibt, ist das ein erbärmliches Argument für diese Kompetenz. Sie haben überhaupt keine Vorstellung, Herr Fürstenberg! Also erlauben Sie sich gefälligst auch kein Urteil.«

      »Ich will Sie nicht verurteilen«, gab er um Ruhe ringend zurück, »ganz im Gegenteil, ich bewundere die Damen, die sich ihre Rechte einzufordern versuchen. Die um das Anrecht politischer Mitbestimmung und hoher Bildung ringen. Wie meine Genossinnen. Aber Sie … Sie sind die erste reiche Tochter, die die gleichen Ziele wie sie verfolgt.«

      Strumpf begann derweil an Asras Ohr zu knabbern, was er nur zu gerne tat. Es war seine Art, die Stuten zu necken, dass er es auch bei Hengsten tat, war jedoch neu. Alvine sah die Szene im Augenwinkel und hätte darüber am liebsten laut gekichert. Sie riss den Blick ruckartig zurück zu Theodor, der da in gebührendem Abstand vor ihr stand.

      Er trug dunkelblaue Reiterhosen, schwarze Reitstiefel und oben ein schneeweißes Hemd, dessen obere Knöpfe geöffnet waren. Für eine Sekunde besah sie den winzigen Ausblick auf seine nackte Brust, der sich ihr bot und wieder trat dieses Pochen im Unterbauch auf.

      »So ist das, Sie bewundern es? Warum in Gottes Namen gaben Sie sich dann letztens so herabwürdigend?«

      »So … haben Sie mich wahrgenommen?«, entgegnete er.

      »Wie hätte ich Sie anders wahrnehmen sollen? Sie hatten meine Verärgerung ja nicht einmal bemerkt.«

      »Ich

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