Alvine Hoheloh. Amalia Frey

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Alvine Hoheloh - Amalia Frey страница 19

Alvine Hoheloh - Amalia Frey Alvine Hoheloh - Blaustrumpf

Скачать книгу

dass ich bisher nicht mit einer Dame wie Ihnen gesprochen habe und ich nicht die Möglichkeit hatte, es einzuordnen.«

      »Einzuordnen? Ein Geburtsrecht, das für jeden Menschen gelten sollte?«

      »Ich bin Ihrer Meinung, jedoch, das sagte ich bereits, war ich an jenem Abend überrumpelt. Ich hatte schlichtweg nicht damit gerechnet …«

      Wieder unterbrach sie ihn: »Damit gerechnet, dass Frauen durchaus daran Anstoß nehmen, wenn sie als Menschen zweiter Klasse behandelt werden?«

      Er schnaubte. Sie schien ihm völlig festgefahren. Wie oft sollte er ihr noch gestehen, dass er diese Meinung nicht teilte? Verlangte sie von ihm, zuzugeben, dass er trunken gewesen war? Sowohl von seinem Glück, sie wieder zu sehen als auch vom Wein?

      »Ich kann nicht mehr sagen, als dass es mir leidtut und ich absolut auf Ihrer Seite bin.«

      »Wären Sie es doch schon an diesem Abend gewesen!«

      »Das war ich, nur gelang es mir nicht, meine Gedanken zu ordnen.«

      »Warum nicht?«, höhnte sie nun, »Sie verfügen über einen Kopf, der Ihnen gestattet, das Gesagte zu reflektieren.«

      Dieses Weib ist nicht zu fassen, dachte er.

      Entweder war sie immer so uneinsichtig oder, was er mittlerweile eher vermutete, hatte sie so lange über dieses Gespräch nachgedacht, dass sie zu tief drinsteckte, als dass sie von ihrem Urteil über ihn lassen konnte. Demnach war er ihr also im Gedächtnis geblieben und kurz fühlte er sich geschmeichelt. Daraufhin wurde ihm allerdings gewahr, was für einen Dickschädel sie haben musste, was ihn einerseits rührte und ihn andererseits aber auch verärgerte. Hätte sie sich an jenem Abend nur eine Minute Zeit genommen, sodass er sich hätte erklären können, wäre ihnen beiden die Odyssee der letzten Woche erspart geblieben.

      »Nein, ich habe gar nicht nachgedacht«, gab er zu.

      »Wie kann ein Mensch des Denkens nicht fähig sein?«

      »Fragen Sie mich nicht, es war so. Ich war überwältigt von allem, sodass ich von diesem evolutionären Vorteil keinen Gebrauch machte.«

      »Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen!«

      Wie vom Donner gerührt sahen sie einander an. Entgegen ihrer Natur hatte sie es zugelassen, ihm im Streit näher und näher zu kommen, sodass ihre Gesichter nun nur eine faustbreit voneinander entfernt waren.

      »Es ehrt Sie, dass Sie Ihr Leben lang stets die Kontrolle über sich hatten und Ihnen das nie widerfahren ist.« Er steigerte sich in seinen Redefluss hinein. »Aber Sie scheinen mir ohnehin eine Denkerin zu sein. Ich wette, Sie können gar nicht anders, als tagaus tagein ihr Hirn zu quälen. An der Tiefe der Denkfalte auf Ihrer Stirn wird nur allzu deutlich erkennbar, wie scheußlich Sie selbst darunter leiden!«

      »Ich darf doch sehr bitten! Was erdreisten Sie sich mit dieser Unterstellung?«

      »Ist es nicht so? Aber wenn Sie an jenem Abend kurz innegehalten und mir eine Gelegenheit gegeben hätten, wären wir im Guten auseinandergegangen.«

      Ihre Augen schossen Blitze aufeinander. Alvine wurde für eine Sekunde gewahr, dass sie bei Diskussionen eher dazu neigte, zurückzuweichen, um Anlauf zu nehmen, selbst bei ihrem Vater. Vor Theodor jedoch war sie nicht zurückgewichen, im Gegenteil: So gefährlich nahegekommen war ihr bisher kein Mann.

      Ein lautes Wiehern schreckte sie aus ihrer beider Dämmerzustand auf und sie sahen nur, wie Asra davondonnerte, dicht gefolgt von Strumpf, der ihn offenbar noch immer zu ärgern gedachte. Alvine und Theodor standen mit einem Mal allein auf der Lichtung inmitten des Waldes, und auch, dass sie auf zwei Fingern nach ihrem Hengst pfiff, was ihn maßgeblich beeindruckte, brachte die Tiere nicht zurück.

      Nach einem Moment des ratlosen Schweigens entschieden sie beide, ihre Wutausbrüche zu verschieben, und stapften eiligst in die Richtung, in die die Pferde entkommen waren.

      »Wie haben Sie mich gefunden?«, fragte Alvine irgendwann.

      »Vor ein paar Tagen habe ich bei Ihrer Mutter vorgesprochen, die mir mitteilte, dass Sie hier seien. Und dass sie einverstanden wäre, dass ich Sie besuche, um die Sache zu klären.«

      Alvine grummelte: »Das sieht ihr ähnlich. Aber dass sie so einfach meinen Aufenthaltsort preisgibt, das überrascht mich.«

      Dorothea war Alvines Veränderung freilich nicht entgangen, aber sie hatte ihre Tochter in Ruhe gelassen und ihr keine Vorwürfe gemacht. Nur ein einziges Mal hatte sie angeregt: »Du solltest besser noch einmal mit ihm reden, sicher war es ein Missverständnis, worum auch immer es ging.«

      »Hat sie nicht. Sie gab mir die Aufgabe, es herauszufinden, und glücklicherweise habe ich meine Quellen …«, dass er schon seit drei Jahren wusste, wo ihr traditioneller Urlaubsort sich befand, verschwieg er.

      »Sind Sie ernsthaft hergekommen, um mir das mitzuteilen?«

      »Gewiss. Mir erschien unser beider Aufeinandertreffen äußerst erfreulich, bis dieses Missverständnis auftrat. Ich hätte es sehr schade gefunden, wenn alles daran scheitern würde.«

      Sie gab nicht zu, dass er recht hatte und sie beeindruckt war. Dennoch fiel ihm ihre besänftigte Stimme auf: »Nun denn, das haben Sie ja jetzt. Und wie gedenken Sie, geht es weiter?«

      »Als Erstes finden wir die Pferde«, schlug er vor, »und dann, so hoffe ich, setzen wir unser interessantes Gespräch von letztens fort.«

      Die Pferde fanden sie tatsächlich erst ein paar Stunden später, in denen sie zuerst über die Landschaft, dann über Gedichte und schließlich über ihre Kindheit philosophiert hatten, dabei aber tunlichst verschwiegen, wie sehr sie in den letzten Tagen, ob der jüngsten Ereignisse gelitten hatten.

      Nach dem Ball war Theodor erst genauso wütend gewesen wie Alvine. Erst auf sie, schließlich auf sich selbst. Und der Duft ihrer Haare hatte sich quälend in seiner Nase festgesetzt, wenngleich diese wie jedes Jahr von seiner allergischen Rhinitis juckte. Dann war er Hals über Kopf losgestürmt und hatte zum Glück das einzige Familienmitglied Hoheloh angetroffen, das auf seiner Seite war.

      Dorothea saß mit ihrem Dienstmädchen Alma in der offenen Kutsche, um zu einem Termin zu fahren. Sie durchquerte gerade das Haupttor des hoheloh’schen Anwesens, als sie den Hünen auf seiner wunderschönen braunen Stute herannahen sah und sofort sein Gesicht erkannte.

      Entschlossen hob sie ihren Arm, sodass er sie bemerkte. Sie stieg aus der Kutsche und lief ein paar Schritte mit ihm. Sie ließ sich leidenschaftslos von ihm rekonstruieren, was geschehen war, und er offenbarte auch, dass Alvine und er einander wenige Tage zuvor bereits getroffen hatten. (Woraufhin sie schlussfolgerte, dass daher die letzte Grübelei ihrer Tochter rührte.)

      Sie erzählte ihm sodann etwas über Alvines Lebens- und Bildungsweg, und dass es das Beste sei, wollte er künftig mit ihr Umgang pflegen, diesen Zwist besser heute als morgen aus dem Weg zu räumen. Kaum zehn Minuten hatten sie für all das gebraucht.

      Theodor kam diese Erlaubnis nur allzu günstig, da er sich vor Sehnsucht fast verzehrte. Mit dem nächsten Zug kam er angefahren, nahm sich in der Dorfschenke ein Zimmer, begrüßte seine alte Flamme, die Wirtstochter, die mittlerweile dreifache Mutter war, im Vorbeigehen und ritt auf dem Leihpferd Asra zu Friedgolds Hof.

      Dort

Скачать книгу