Alvine Hoheloh. Amalia Frey

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Alvine Hoheloh - Amalia Frey Alvine Hoheloh - Blaustrumpf

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stürmte er stundenlang durch den Wald, bis er auf einmal ihren Geruch wahrzunehmen schien.

      Wie sie feststellten, lahmte Asra und Strumpf hatte nichts Besseres zu tun, als ihm noch immer an seinem Ohr herumzuknabbern. Nur langsam traten sie den Rückweg an, bei dem sie die Pferde führten und das Gespräch fortsetzten.

      Theodor beeindruckte Alvine zusehends, vor allem als er durchblicken ließ, dass er stark mit der aufstrebenden Arbeiter*inpartei sympathisierte und einige Funktionär*innen persönlich kannte.

      »Kennen Sie Frau Luxemburg?«

      »In natura habe ich sie leider noch nicht getroffen«, musste er zugeben, »doch wie ich hörte, ist auch sie eines Ihrer Vorbilder?«

      »Man kann es so vielleicht nicht sagen, ich bewundere sie – gewiss. Aber ich habe die Befürchtung, dass sie in ihren Kämpfen für die Arbeiterklasse die Frauenrechte übersieht.«

      »Sie unterteilt die Arbeiterschaft nicht in Frauen und Männer. Sie glaubt an eine gemeinsame Befreiung, sollte diese erst errungen sein. Damit ist sie beileibe nicht die Einzige«, sinnierte Theodor.

      »Nur frage ich mich, ob es so einfach ist, wie sie es sich vorstellt.«

      »Die Frauenunterdrückung scheint mir jede Klasse zu betreiben«, sagte er traurig, »daran sieht man allerdings auch, wie gleich wir alle sind.«

      »Sie scheinen mir ja doch ein kluger Kopf zu sein.«.

      »Danke«, lächelte er.

      »Wie war es Ihnen an jenem Abend dann nicht möglich, ihn zu benutzen?«, fragte sie erneut, diesmal jedoch weitaus sanfter.

      »Ich war überwältigt, Fräulein Hoheloh. Von der Tatsache, dass Sie besagte Tochter waren und davon, was das Leben so für mich bereithielt. Und zudem verstanden wir uns so gut, dass ich mein Glück kaum fassen konnte.«

      »Auch ich muss zugeben, dass ich mich amüsiert habe.«

      »Das freut mich.«

      Als es Alvine bewusst wurde, sprudelte es sodann aus ihr heraus: »Es ist äußerst erfrischend, einmal die Meinung eines einsichtigen Herren zu erfahren, der mir nicht so nahe steht wie meine Brüder oder mein Vater.«

      Theodor verbarg die Enttäuschung über das Nicht-nahe-Stehen und fragte stattdessen: »Was halten die denn davon?«

      »Ich will es so sagen: Ich habe meine Familie wohl Schritt für Schritt daran gewöhnt. Da es bei uns Sitte ist, alles zu bereden, was wir erlebt und gelernt haben, und da sie wohlwollende Menschen sind, erkannten sie die Missstände schon vor meiner Geburt. Zudem wuchsen meine Brüder mit dem Wissen auf, dass meine Eltern Geschäftspartner sind. Sie billigten ihren Ehefrauen das gleiche Recht zu. Sie hatten die Wahl, ob sie den vollkommenen Schutz ihrer Männer genießen und nur innerhalb des Hauses walten wollten oder ob sie mit ihnen zusammen Geschäftliches und Privates organisieren. Marie und Rebecca wählten das Beispiel, das auch meine Eltern leben: Unser Unternehmen funktioniert, weil meine Mutter gesellschaftet und mein Vater die Aufträge, die sie uns ermöglicht, betreut und abwickelt.«

      »Uns?«

      »Ich sagte Ihnen bereits, dass ich ihm in der Firma zur Hand gehe?«

      »Gewiss und das verhält sich wie genau?«

      Alvine bat ihn erst um Verschwiegenheit und er schwor bei seiner Mutter, ehe sie ihm verriet, dass sie selbst mehr und mehr die Geschäfte leitete, Aufträge aushandelte und Kaufverträge – wenn auch postalisch – schon ein ums andere Mal unterzeichnet hatte.

      »Das ist äußerst faszinierend, Ihr Vater scheint Sie sehr zu lieben.«

      »In allererster Linie glaubt er an mich und meine Fähigkeiten«, gab sie stolz zurück.

      »Chapeau! Was für beneidenswerte Familienverhältnisse.«

      Sie vernahm wohl die Spur Trauer in seiner Stimme und schlussfolgerte: »Ist es bei Ihnen zu Hause anders?«

      Nun ließ er sich den Schwur auf ihre Mutter abnehmen, dass sie mit niemandem darüber sprechen würde. Sie lachten, ehe er fortfuhr: »Leider ja. Vor allem mein Vater ist äußerst unzufrieden mit mir. Schon immer. Es war egal, was ich tat oder sagte. Meinen Bruder allerdings mag er.«

      »Sie haben einen Bruder?«

      »Ja, Fräulein Hoheloh«, lachte er, »wussten Sie nicht, dass er eigentlich derjenige war, der Ihnen an jenem Abend vorgestellt werden sollte?«

      »Nun veralbern Sie mich.«

      »Mitnichten! So war es. Doch als ich sah, um wen es sich handelte, Sie werden mir verzeihen, entschied ich, lieber dazwischen zu gehen.«

      Alvine lachte herzlich: »Ich muss gestehen, niemand hatte mir den Vornamen desjenigen verraten, den ich kennenlernen sollte.«

      »Nun, das war mein Glück. Sonst hätten Sie mir geantwortet: Verzeihung, ich soll heute mit Konrad tanzen.«

      »Das hätte ich gewiss nicht«, gab sie lächelnd zurück.

      Mittlerweile waren sie am Gestüt angekommen und sofort wurde der Tierarzt gerufen, der bei Asra eine Sehnscheidenentzündung im vorderen linken Huf diagnostizierte. Vermutlich war er bei der wilden Jagd in ein Erdloch getreten.

      Alvine empfand Mitgefühl für das Tier, schließlich hatte ihr Pferd das zu verantworten – folglich musste sie die Schuld auf sich nehmen. Sie besuchte am Abend den Wirt und versprach, dass Asra die beste Pflege erhalten werde und solange in einem ihrer Ställe versorgt würde.

      Ihr Abendbrot genehmigte sie sich im Wirtshaus, zusammen mit Theodor Fürstenberg – worauf eine Welle der Spekulationen in dem kleinen Ort losbrach.

      »Werden Sie noch eine Weile hier bleiben oder gedenken Sie, bereits morgen zu fahren?«, fragte sie ihn, als sie sich verabschiedeten.

      »Wenn es Ihnen recht ist, würde ich Sie morgen gerne zu einem Bootsausflug mitnehmen und erst übermorgen gen Heimat aufbrechen.«

      »Oh gewiss, das wäre zauberhaft«, lachte sie.

      Er schmunzelte und küsste ihre Hand.

      Daraufhin konnte sie nicht anders, als zu lächeln. In ihr regte sich zu ihrer Verwunderung ein Gefühl, das sie bisher nur für Frauen empfunden hatte – zuletzt für ihre Gönnerin. Er lächelte zurück und ihr Herz tat einen Satz.

      Entgegen seiner Hoffnung erschien Alvine am nächsten Tag nicht allein, sondern mit einer hageren schwarzen Anstandsdame in einem dunklen, hochmodischen Kleid am vereinbarten Treffpunkt. Sie wurde ihm als die Kammerzofe Greta vorgestellt, konnte zwischen zwanzig und fünfzig Jahren alt sein und war ganz offenkundig nicht einverstanden mit den Plänen der jungen Leute, eine Ruderpartie zu unternehmen.

      Aber Alvine wirkte fröhlich, geradezu euphorisch, davon ließ sich Theodor anstecken und ruderte sie bereitwillig den schattigen Fluss entlang.

      Verzückt stellte er fest, wie gut ihr das helle Sommerkleid stand, dazu hatte sie einen schneeweißen dünnen Schal über ihr Haar gelegt und trug gänzlich damenhaft einen aufgespannten Sonnenschirm bei sich. Kaum waren sie ein paar Schläge aufs Wasser hinaus gerudert, entledigte

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