Mein Orient-Tagebuch: Der Löwe von Aššur. Tomos Forrest

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Mein Orient-Tagebuch: Der Löwe von Aššur - Tomos Forrest

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      Am nächsten Tag setzte ich die erforderlichen Handwerker in Bewegung, die uns nicht nur das Fenster wieder reparieren sollten, sondern noch ein zusätzliches Schloss an beiden Türen anbringen mussten, sowie schließlich einen ordentlich stabilen und hohen Bretterzaun errichteten, der eine Sicht auf das Haus unmöglich machte. Ich wusste, dass unsere Vermieter, das Ehepaar Sauerzapf, keinerlei Einwände dagegen hatte.

      „So kann ich beruhigt mit Sir David Lindsay aufbrechen, ich weiß, dass unser Haus jetzt sicherer geworden ist!“, sagte ich an diesem Abend zu Emma, als wir nach dem Abendessen noch zusammensaßen und ein Glas Wein tranken.

      Plötzlich wurde an der Haustür heftig geklingelt, und wir sahen uns verwundert an.

      „So spät noch Besuch? Wer mag das sein?“, sagte ich mehr zu mir selbst und ging zur Haustür, denn unsere Köchin und das Mädchen hatten beide schon ihren wohlverdienten Feierabend angetreten.

      „Herr May?“, sagte ein schnauzbärtiger Herr im leichten Sommermantel und verbeugte sich leicht. „Inspektor Krüger, Sie hatten eine Einbruchsanzeige gemeldet.“

      „Oh ja, das trifft zu, kommen Sie doch herein, Herr Inspektor. Können wir Ihnen etwas anbieten?“

      „Nein, vielen Dank, ich möchte Ihren Abend auch nicht unnötig stören, sondern Ihnen nur das hier zurückgeben. Wir haben es bei dem Dieb sicherstellen können, als er versuchte, zwei silberne Leuchter zu verkaufen.“

      Verwundert starrte ich auf mein kleines Notizheft, das ich bislang noch nicht vermisst hatte.

      „Herzlichen Dank – das ist ja eine Überraschung! Und die beiden Leuchter …?“

      „Sind sichergestellt und werden noch als Beweismittel der Anklage benötigt. Aber ich dachte mir, dass Sie Ihre Notizen dringend benötigen und konnte sie mit Genehmigung meiner Vorgesetzten schon vorab vorbeibringen.“

      „Das ist sehr freundlich, Herr Krüger. Nicht doch noch ein Gläschen Wein?“

      Der Mann machte eine abwehrende Handbewegung.

      „Nein, vielen Dank. Ich bin noch immer im Dienst. Aber – wenn ich einen Wunsch äußern dürfte?“

      Er machte dazu ein so treuherziges Gesicht, dass ich unwillkürlich lachen musste.

      „Aber natürlich, was kann ich für Sie tun, Inspektor?“

      „Hätten Sie – eine Karte mit Ihrer Unterschrift? Wissen Sie, wir haben den Hausschatz daheim und mein Junge, der Fred, ist ein begeisterter Leser von Ihnen und da …“

      „Kein Wort weiter, Herr Inspektor, selbstverständlich schreibe ich für Fred eine persönliche Widmung auf mein Foto. Warten Sie, ist sofort fertig!“

      Damit eilte ich zu der langen Kredenz im Wohnzimmer, wo ich in einer Schale immer ein paar dieser famosen Bildkarten aufbewahrte, die mich in meiner Bekleidung als Old Shatterhand oder als Kara Ben Nemsi zeigten. Ich hob beide hoch, und sah, wie die Augen des Inspektors glänzten.

      „In Ordnung, ich habe schon verstanden – also beide!“

      Ich schrieb rasch die Widmung darauf und pustete über die noch nasse Tinte, als ich die Bildkarten überreichte.

      „Herzlichen Dank, Herr May – hätte nie gedacht, dass ich einen so weit gereisten Mann einmal persönlich kennenlernen durfte! Ihnen noch einen schönen Abend und – vielen Dank!“

      Damit war er schon aus der Tür, ich verschloss sie sorgfältig und kehrte zu meiner Frau zurück, das Notizheft noch in der Hand.

      „Was hast du da, Karl?“

      „Etwas, das mir der Einbrecher entwendet hat, ohne dass ich es bereits vermisste. Kein Wunder, ich habe es ja auch im Moment nicht benötigt. Aber – seltsam …“

      Ich blätterte zwischen meinen Notizen und stieß auf die Aufzeichnungen, die ich während meiner vergangenen Orient-Reise gemacht hatte.

      Plötzlich stieß ich einen leisen Pfiff aus.

      Jetzt wusste ich, woher ich den Namen Habib Bey bereits kannte.

      Ich war auf ihn in Bagdad gestoßen.

      Der Mann erschien mir mit seinem Handel in der Altstadt immerhin so bemerkenswert, dass ich ihn in meinem Heft festgehalten hatte. Und dahinter hatte ich den Namen einer alten Stadt vermerkt, die ihren Namen nach einem Gott erhalten hatte: Aššur.

      Pünktlich am vereinbarten Tag zur Abfahrt unseres Zuges erwartete mich Sir David Lindsay am Bahnsteig. Als ich die Menge der Koffer und Kisten sah, die eben ein Dienstmann in das geöffnete Abteil verlud, musste ich laut lachen. Neben meiner Reisetasche mit Leibwäsche, meinem orientalischen Anzug und einigen persönlichen Dingen bestand mein größtes Gepäckstück aus den wasserdicht verpackten Gewehren. Wie auch bei früheren Gelegenheiten hatte ich die Waffen so verpackt und verschnürt, dass ich sie problemlos an einem Riemen über der Schulter tragen konnte.

      „Aber guter Sir, was wollt Ihr denn da alles mitnehmen? Oder wollt Ihr Euch in Tunis niederlassen? Ihr müsst ja den gesamten Hausstand mitführen!“

      „Werter Master, spottet nur! Diesmal geht es in die ödeste Wildnis, und Ihr werdet mir noch sehr dankbar sein, dass ich an alles gedacht habe, um unseren Aufenthalt dennoch so angenehm wie möglich zu gestalten!“

      „Gut, wenn Ihr denn Träger findet, die das alles durch Hitze und Wüstensand transportieren, soll mir das recht sein. Ihr wisst, dass ich viel lieber mit leichtem Gepäck zu Pferd oder mit dem Kamel reite und mein Ziel auf diese Weise schneller erreiche!“

      „Wartet es ab, yes!“, bemerkte Lindsay knapp, und noch immer lächelnd, stieg ich in das inzwischen mit den Gepäckstücken gut gefüllte Abteil Erster Klasse, das mein Reisebegleiter für uns allein gemietet und bezahlt hatte, ebenso bei allen Anschlusszügen.

      Die Eisenbahnfahrt nach Marseille verlief ohne Zwischenfälle und, sieht man einmal von der langen Fahrtzeit und dem Umsteigen ab, auch ziemlich bequem. Doch dann gab es eine kleine, aber unangenehme Überraschung. Unser Dampfer, bestimmt nach Tunis, war noch nicht eingetroffen. So blieb uns nichts anderes übrig, als ein Hotel aufzusuchen und die Ankunft abzuwarten, die uns vom Hafenmeisteramt zuverlässig für den nächsten Tag bestätigt wurde.

      Also nutzten wir die Zeit für eine längere Ruhepause und aßen gemeinsam in einem vorzüglichen Fischrestaurant. Danach trennten wir uns, weil mein englischer Reisegefährte die Gelegenheit nutzen wollte, und einen seit vielen Jahren in dieser Stadt lebenden Engländer aufsuchte, der Jahre mit Ausgrabungen in Ägypten verbracht hatte. Wir hatten uns für den nächsten Morgen verabredet, wo die Eastern Star anlegen sollte und wir genügend Zeit zum Einschiffen hatten.

      Ich verbrachte einen ruhigen Abend auf meinem Hotelzimmer, den ich für Aufzeichnungen und ein paar Briefe nutzte, um mit meinen verschiedenen Verlegern noch ein paar Punkte abzuklären. Und natürlich hatte ich einen längeren Brief an Emma zu verfassen, in dem ich ihr den bisherigen Reiseverlauf beschrieb.

      Dass Lindsay am anderen Morgen nicht um neun Uhr an der Frühstückstafel erschien, machte mich noch nicht unruhig. Eine Stunde später wurde unser Gepäck abgeholt. Ich überzeugte mich davon, dass die Sachen des Engländers, am Vortag in

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