BonJour Liebes Leben. Rose Hardt
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Verblüffung stand in Charlottes Gesicht, doch wenn sie es sich recht überlegte, hätte sie diese Entscheidung vorhersehen können. Soweit sie sich zurückerinnern konnte, hatte er schon immer versucht Gustav nachzueifern: alles was er hatte, wollte auch er, und seit seinem Tod, beschlich sie zuweilen das Gefühl, dass es für ihn Zeit wäre, Gustavs Platz – hier im Hause und an ihrer Seite, womöglich noch in ihrem Bett – einzunehmen. Ein Gedankengang, der sogleich für eine Gänsehaut sorgte. Igitt, igitt nein! Und überhaupt, er und sie – unmöglich! Stattdessen versuchte sie gedanklich, Ludger und den Porsche zusammenzubringen. Sie sieht den drahtigen Ludger – ein jung gebliebener Sechziger, im elegant-klassischen Jackett, mit offenstehendem Hemd, dem passenden Halstuch sowie blankpolierten Schuhen und seinem selbstgefälligen Grinsen – im Porsche sitzen. Eigentlich fand sie ihn ja ganz attraktiv, wenn da nur seine Pedanterie nicht wäre. Sein übertriebener Hang zur Genauigkeit konnte jede Frau zur Raserei bringen. Vermutlich war er deshalb auch Single. Auch seine Frisur – die gegelten Haare mit den Kammspuren und dem immer perfekten Seitenscheitel – sagte schon sehr viel über seine Pingeligkeit aus. Dabei fiel ihr Blick auf sein volles dunkles Haar, das noch kein einziges graues Haar aufwies, aber wer weiß, vielleicht war es ja nachgefärbt. Ihr Blick vertiefte sich in seinen Haaren. Man neigte immer dazu hineinfassen zu wollen, um endlich einmal die Perfektion aus ihm herauszuholen. Ein Wunschgedanke, bei dem Charlotte unvermittelt schmunzeln musste, denn ihre beste Freundin, Doro von Sickingen, hatte das bei einer Geburtstagsfeier und im betrunkenen Zustand mal versucht – oha, da war aber was los! Ja doch, Ludger passte in den Porsche. Mit hundertprozentiger Sicherheit würde er den kleinsten Mückenschiss mit einem seiner weißen Stofftaschentücher – die allesamt mit seinen Initialen versehen waren – wegpolieren. Ein Fantasiegebilde das sie fast ausgesprochen hätte, doch im letzten Moment hielt sie inne und sagte nur: „Schön, dann halte Gustavs Porsche in Ehren!“
Er klatschte in die Hände, zwinkerte ihr zu und sagte freudestrahlend: „Gut, dass wir das schon mal geklärt hätten“, wobei er sich genüsslich die Hände rieb, gerade so, als wäre er seinem Ziel ein Stückchen näher gekommen.
Stirnrunzelnd und skeptisch beäugte sie sein Verhalten und sie konnte nur hoffen, dass sie ihn nicht selbst auf die falsche Spur gesetzt hatte – eine Spur, die ihn auf der Zielgeraden zu ihr führte.
„Tja, wo waren wir noch gleich stehengeblieben? Ach ja, das Knöllchen! Selbstverständlich kümmere ich mich auch darum, sei unbesorgt, Charlottchen!“ Grinsend und träumend stand er noch eine Zeitlang da.
„Ludger? Wolltest du nicht die Unterlagen für die Steuererklärung raussuchen?“
„Wie? Ah richtig“, antwortete er. Aus seinem Tagtraum erwacht, klatschte er nochmals in die Hände, grinste wie ein Honigkuchenpferd und sagte mit einem leicht kindischen Unterton in der Stimme: „Na, wo sind denn die kleinen Ordner? Ahhh da sind sie ja!“
Charlotte verdrehte genervt die Augen. „Viel Spaß! Ich gehe dann mal, du kennst dich ja hier bestens aus“, fügte sie überspitzt an.
Während sie zurück zur Terrasse ging, fiel ihr Blick auf den großen Spiegel in der Eingangshalle. Sie blieb stehen, um ihr Spiegelbild etwas genauer in Augenschein zu nehmen. Sie betrachtete es so, als würde sie eine gute Freundin begutachten.
Die Frau die sie sah, war Anfang fünfzig und ihr Gesamtbild war von angenehmer Erscheinung: die dunkelbraunen, halblangen Haare hatten immer noch Glanz und Schwung, ein paar Fältchen um Mund und Augen sprachen für eine lebenserfahrene Frau, die rehbraunen Augen und der volle Mund für Sinnlichkeit, und die kleine Hüftrolle – kurz griff sie zu – war zwar überflüssig, konnte man aber gut kaschieren, die Beine waren – dank regelmäßiger Fitness – wohlgeformt, dann kam der Griff zum Busen, sie rückte den Büstenhalter zurecht, um das Dekolleté samt dem Inhalt etwas kritischer zu beäugen …
„Darf ich dich am Wochenende zum Essen ausführen?“, flüsterte Ludger aus dem Hintergrund, wobei ein erotischer Touch in der Modulation seiner Stimme nicht zu überhören war.
Erschrocken fuhr sie zusammen. „Ludger! Stehst du schon lange hier? Du weißt, dass ich das auf den Tod nicht ausstehen kann“, fluchte sie. Sofort trat sie einen Schritt zur Seite und drückte ihren Körper schutzsuchend an die Wand.
In geschmeidig-tänzelndem Gang trat er auf sie zu, lächelte und antwortete: „Lange genug, meine Liebe, um mir bewusst zu werden, dass du eine hinreißend schöne Frau bist“, und schon im nächsten Moment glitt sein schmachtender Blick langsam, um auch ja nichts auszulassen, an ihr herunter. „Das Leben, meine liebe Charlotte, ist viel zu kurz um es alleine zu verbringen.“ Dann kam er noch etwas näher – und ja, da war er wieder, dieser treue Dackelblick, den er seit Gustavs Tod perfekt drauf hatte – lasziv lässig stützte er seinen Ellenbogen gleich neben ihr an die Wand, legte den Kopf in seine Handinnenfläche und pustete ihr sanft eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht.
Gerade noch sah sie, wie seine zum Kuss gespitzten Lippen in Richtung ihres Mundes kamen …
Ohhh tu’s nicht!, schoss es ihr verzweifelt durch den Kopf, zugleich tauchte sie unter ihm weg, und nein, sie wollte auf gar keinen Fall weiter auf sein Liebesgesülze eingehen. „Wolltest du dich nicht um die Steuern kümmern?“, lenkte sie geschickt von der äußerst delikaten Situation ab. Anschließend machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand so schnell sie nur konnte in Richtung Terrasse.
Hinter ihr folgten noch belanglose Mitteilungen wohl verpackt in zärtlichem Geflüster: „Um den Porsche, meine Liebste, sowie um die finanziellen Sachen kümmere ich mich, ebenso um das Knöllchen! Ach ja, und das mit dem Essen, das kannst du dir gerne überlegen. Ich würde mich jedenfalls sehr um ein wenig mehr Entgegenkommen deinerseits freuen.“ Dann fiel die Wohnungstür ins Schloss.
„Tsss meine Liebste“, äffte sie ihm nach, und was heißt hier eigentlich ein wenig mehr Entgegenkommen? Na, das hättest du wohl gerne!
Als sie später mit einem Kaffee auf der Terrasse saß, dachte sie immer wieder und kopfschüttelnd über die Unverfrorenheiten ihres Schwagers nach. Er und sie? Igitt, igitt! In Erinnerung an sein erotisches Geplänkel wurde ihr speiübel.
Plötzlich drang ein glockenhelles „Guten Morgen“ mitten in das noch sehr lebhafte Szenario, gleichzeitig vernahm sie eilige Schritte auf dem Kiesweg seitlich des Hauses. Es war Doro von Sickingen, ihre langjährige Freundin und ehemalige Arbeitskollegin.
Doro ist mit Leib und Seele Immobilienmaklerin und sie ist eine der besten ihrer Zunft: eben weil sie ehrlich, korrekt und zuverlässig ist – was nicht immer die Attribute eines Maklers sind. Ihre Botschaft lautet: „Nur ethische Werte haben langfristig Erfolg“. Sie liebt es hochpreisige Objekte weltweit zu verkaufen, danach hat sie großes Vergnügen die Provisionen gewinnbringend anzulegen. Ein Mann für sie, der müsste jedenfalls noch gebacken werden – hatte sie einmal behauptet. Und wie jeder Mensch hatte sie nicht nur kleine Fehler, sondern ihre ganz speziellen Unausgewogenheiten!
Lachend, sich dabei tanzend im Kreise drehend, stand sie mit einer Champagnerflasche in der Hand jubelnd auf der Terrasse: „Jaha … jaha … heute habe ich mal wieder einen super Abschluss gemacht!“, im nächsten Moment küsste sie Charlotte auf ihr Haupt, stellte die Flasche auf den Tisch und sagte: „Weißt du wie viel sechs Prozent von fünfhunderttausend sind? … Schlappe dreißigtausend! Ich habe beim Verkaufsabschluss einer Immobilie dreißigtausend verdient! Ist das nicht genial – nein, ich bin genial!“, jubelte sie weiter. Und wenn es ihr möglich gewesen wäre, hätte sie sich wahrscheinlich selbst geküsst. Bevor Charlotte antworten konnte, ließ sie den Champagnerkorken knallen, sodass das edle Getränk wie eine Fontäne emporschoss. Den ersten Schluck nahm sie sogleich aus der Flasche, wofür