Kleine Erzählungen und Nachgelassene Schriften 1. Gerstäcker Friedrich

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Kleine Erzählungen und Nachgelassene Schriften 1 - Gerstäcker Friedrich

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      Der junge Schauspieler zuckte mit den Achseln. „Es war Alles vergeblich,“ sagte er, „dreimal habe ich schon den Versuch gemacht.“

      „Und was soll ich Ihnen denn nützen?“ frug Herr Köfer barsch; „habe ich ein Theater, oder soll ich Sie hier im Comptoir spielen lassen? Sie sehen, ich bin beschäftigt, Herr von – von Goldstein, und kann auch in der That nichts weiter für Sie thun.“

      „Wenn Sie nun,“ bemerkte der junge Schauspieler schüchtern, indem der Agent schon wieder einen Brief aufbrach – „mir auf die künftige Gage, von der ich Ihnen ja doch die ausbedungenen Procente schulde, nur einen kleinen Vorschuß leisten wollten – nur so viel, als ich nothwendig brauche, um –“

      „Ein Austernfrühstück zu geben – heh?“ sagte Herr Köfer mit einem malitiösen Lächeln – „glauben Sie, daß ich ein Millionär bin, um den herumvacirenden Herren Schauspielern mit Darlehen unter die Arme zu greifen, und habe ich nicht etwa schon genug Verlust durch Ihre ewigen Störungen gehabt?“

      „Aber an wen sonst soll ich mich wenden?“ sagte Herr von Goldstein in halber Verzweiflung. „Sie kennen meine Familie – Sie wissen, daß Ihnen das Geld unverloren ist, wenn sie sich auch jetzt von mir losgesagt.“

      „Thun Sie mir den Gefallen und lassen Sie mich ungeschoren,“ bemerkte Herr Köfer, indem er wieder einen Brief öffnete. „Glauben Sie denn, daß ich von der Luft lebe, und habe ich schon das Geringste von Ihnen gehabt – Scherereien und Abhaltungen und Correspondenzen ausgenommen? – Sie waren bis jetzt nicht einmal im Stande, mir das ausgelegte Porto zu vergüten, und glauben dann auch noch, man soll da Lust und Liebe zur Sache behalten und mit Eifer darangehen?“

      ,,Aber ich weiß nicht einmal, wie ich hier fortkommen soll!“

      /34/ „Das geht mich nichts an,“ brummte Herr Köfer, indem er den jungen Mann gar nicht mehr ansah, „verkaufen Sie Ihre goldene Bummelage an der Uhr, man kann auch ohne das ein guter Schauspieler sein – oder machen Sie sonst, was Sie wollen.“

      Der Setzerjunge kam in diesem Augenblick in’s Bureau und brachte eine Correctur der Theaterzeitung, auf der aber noch eine halbe Spalte weiß gelassen war und ausgefüllt werden mußte, und Herr Köfer frug:

      „Ist denn Herr Doctor Lerche noch nicht dagewesen?“

      „Nein, Herr Köfer,“ lautete die Antwort des einen Schreibers zurück.

      „Wo bleibt denn nur der verzweifelte Mensch heute so lange? Der Junge mag warten – er muß gleich kommen, und es ist die höchste Zeit, daß die Nummer fertig wird.“

      Von Herrn von Goldstein nahm Niemand mehr Notiz, und der unglückliche Künstler entfernte sich endlich, ohne daß ihm auch nur Jemand für seinen Gruß gedankt hätte.

      Auf der Treppe noch begegnete er einem andern Herrn, der aber weit zuversichtlicher auftrat. Er war ebenfalls etwas auffallend gekleidet, hatte aber ein intelligentes, scharfgezeichnetes Gesicht und jedenfalls Selbstvertrauen. Er klopfte auch gar nicht an, sondern öffnete die Thür und schritt direct auf den immer noch mit Durchsehen der Briefe beschäftigten Köfer zu, ohne selbst seinen Hut abzunehmen.

      „Lieber Köfer – guten Morgen.“

      „Ah, Herr Bomeier,“ sagte Herr Köfer, indem er ihm die noch ungewaschene Hand reichte, die der Fremde aber im Schutz seiner Glacehandschuhe kräftig schüttelte – „sehr angenehm, Sie bei mir zu sehen, ging ja famos gestern Abend, wie ich gehört habe – und noch dazu ein neues Stück – allen Respect, die Direction wird glücklich sein, Sie zu gewinnen.“

      „Bitte, lieber Köfer – keine Complimente,“ sagte der gefeierte Künstler lächelnd – „es machte sich. Habe auch mein Engagement schon gestern Abend noch mit der Direction abgeschlossen, eben Contract unterzeichnet und wollte Sie nur bitten, mich von jetzt an als Abonnenten Ihres geschätzten /35/ Blattes zu betrachten. – Hier im Couvert finden Sie meine Adresse – nicht wahr, das Abonnement wird vierteljährlich pränumerando bezahlt?“

      „Ist so Usus, verehrter Herr.“

      „Schön – ich habe für das erste Quartal den Betrag gleich eingeschlossen.“

      Herr Köfer befühlte mit seinen zwei Fingern das Couvert.

      „Sehr dankbar – soll Ihnen pünktlich zugesandt werden.“

      „Also guten Morgen, lieber Köfer – ich habe noch viel zu thun.“

      „Das glaub’ ich, Herr Bomeier – das glaub’ ich – sehr angenehm gewesen,“ und mit seiner linken Hand den Schlafrock vorn etwas zuhaltend, begleitete er den Herrn bis halb durch sein Comptoir, oder ging wenigstens mit einer achtungsvollen Verbeugung hinter ihm her, was den beiden Schreibern so imponirte, daß sie ebenfalls von ihren Drehstühlen aufstanden und sich verbeugten.

      Herr Köfer hatte kaum Zeit gehabt, auf seinen Platz zurückzukehren und einen Blick in das Couvert zu werfen, aus dem ihm eine angenehm gelbe preußische fünfundzwanzig Thalernote entgegenlächelte, als sich die Thür schon wieder öffnete und das schwere Rauschen eines Kleides den beschäftigten Mann auf einen Damenbesuch vorbereiten konnte. – Herr Köfer war nun eigentlich noch nicht in Toilette, und jeder andere Mensch wäre dadurch in Verlegenheit gerathen, nicht aber der Theateragent. Damenbesuch war bei ihm etwas viel zu Allgewöhnliches, um irgend welche Rücksicht darauf zu nehmen, und wenn selbst niemand Geringeres als die gefeierte Primadonna zu ihm hereinrauschte.

      Herr Köfer, der seine Briefe wieder aufgenommen hatte, blieb ruhig an seinem Pulte stehen. Da aber die Dame in einem wahren Sturm durch das Comptoir fegte, wußte er auch, daß wieder irgend ein Wetter im Anzug sei, und bereitete sich mit der größten Kaltblütigkeit vor, dem zu begegnen.

      „Herr Köfer,“ sagte die Dame, ohne nur einen Morgengruß für nöthig zu halten, und suchte dabei in ihrer etwas geräumigen Ledertasche nach einem Stück Zeitung, das sie endlich zu Tage brachte – „Sie entschuldigen mich, wenn ich /36/ Ihnen mit der Thür in’s Haus falle, aber ich muß auf die Probe.“

      „Mein Fräulein,“ sagte Herr Köfer trocken – „es sollte mir ungemein leid thun, Sie aufzuhalten.“

      Fräulein Ostachini, wie die Dame hieß, oder wie sie sich vielmehr nannte, denn ihr eigentlicher Name war „Gelbholz“, hielt dem Theateragenten das Papier vor und sagte:

      „Kennen Sie diese Zeitung?“

      „Es wäre merkwürdig, wenn ich sie nicht kennte,“ erwiderte Herr Köfer mit einem flüchtigen Blick darauf, denn es war seine eigene, und der Herr wußte jetzt schon vollkommen genau, was die enragirte Sängerin von ihm wollte.

      „Und diese Recension haben Sie in Ihr Blatt aufgenommen?“ rief die Dame, die sich augenscheinlich Mühe gab, ihr italienisches Temperament (Gelbholz) zurück zu halten. – „Diese Recension über den – Backfisch – über diese Mamsell Bergen, die eine Stimme hat wie eine Trompete und aussieht wie ein Bauermädel – wie eine Kuhmagd mit ihren dicken rothen Backen und ihrer aufgedunsenen Gestalt? Und hat sie nur eine Idee von Gesang, Tremoliren– ja wohl, das bringen wir nicht fertig – nicht ein einziges Mal in der ganzen Oper – und die Gans will auch noch von „getragenem“ Gesang reden!“

      „Aber, mein bestes Fräulein,“ sagte Herr Köfer, der indessen seinen Brief ruhig weiter gelesen hatte, denn die Dame kam jede Woche zweimal in einer ähnlichen Angelegenheit – „wenn Fräulein Bergen

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