Iska - Die Flucht. Jürgen Ruhr
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Iska lauschte, konnte aber außer dem Gezwitscher der Vögel und gelegentlichen Geräuschen, wie sie der Wind in den Bäumen verursachte, nichts vernehmen. „Was soll ich hören? Nein, ich höre nichts.“
„Genau das meine ich. Das Kläffen der Hunde scheint verklungen zu sein!“
Iska nickte zustimmend. „Ist das ein gutes Zeichen? Ob wir sie abgehängt haben?“
„Bestimmt nicht, aber vielleicht haben wir einen kleinen Vorsprung gewonnen. Außerdem rechne ich damit, dass die Römer berittene Truppen um den Sumpf herumschicken. Zu Pferd dürften sie schon längst vor uns sein und auf uns warten!“
Iska erschrak. Was Sigmar da sagte, würde vermutlich stimmen. Bestimmt warteten zahlreiche Soldaten vor dem Wald schon auf sie. Deswegen wurden sie vielleicht auch nicht mehr von den Hunden verfolgt. Dann blieb ihr Herz fast stehen. „Und wenn sie die Hunde um den Sumpf herumführen und von vorne kommen? Oder von beiden Seiten. Oh, Sigmar, wir sind verloren!“ Schluchzend setzte Iska sich auf den Boden. Die Anstrengung, die Angst und die augenscheinliche Ausweglosigkeit ihrer Flucht forderten jetzt ihren Tribut.
Sigmar legte ihr eine Hand auf den Kopf. „Iska, es wird ein wenig dauern, bis die Römer die Hunde um den Sumpf herumgebracht haben. Da sind wir längst in Sicherheit.“
Das stimmte so zwar sicherlich nicht, aber Sigmar erreichte sein Ziel und Iska beruhigte sich etwas.
„Wenn wir erst einmal aus diesem Sumpf heraus sind, was ja nicht mehr allzu lange dauern kann, dann wenden wir uns nach Süden und weichen somit den Soldaten aus. Dadurch wird unser Weg zwar länger, aber wir laufen den Römern nicht direkt in die Arme.“ Sigmar zog die immer noch leise schluchzende Iska wieder auf die Beine. Dann legte er beide Arme fest um das zitternde Mädchen. Sanft strich er ihr über die kurzen Haare. „Beruhige dich“, sprach er leise auf Iska ein, „wir werden das schaffen. Die Götter sind mit uns.“ Allmählich beruhigte das Mädchen sich wieder. Mit dem Ärmel wischte sie schließlich entschlossen die Tränen fort. Hand in Hand setzten sie erneut ihren Weg fort.
„Da schau, Iska, ein Reh. Das heißt, wir haben das Sumpfgebiet fast verlassen.“ Sigmar zeigte mit ausgestrecktem Arm auf das Tier, das seelenruhig zwischen den Bäumen an einem Grasbüschel rupfte. Er sprach leise und sein Blick wanderte rastlos zwischen den Bäumen umher. „Lass uns noch ein Stück in dieser Richtung weitergehen und dann nach Süden einen Haken schlagen!“
Nachdem sie die Richtung geändert hatten, sah Iska Sigmar fragend an. „Sigmar, was ist Süden?“
„Du kennst nicht viel von der Welt, nicht wahr Iska? Habt ihr keine Lehrer in eurem Dorf, habt ihr niemanden, der euch die Zusammenhänge erklärt und euch unterrichtet?“
„Unser Dorfältester erzählte mir oft etwas über Römer und die Götter und so. Er meinte auch, ich könnte die Sprache der Fremden erlernen. Aber wir sind einfache Bauern und wichtig für uns ist das Korn auf den Feldern und die Gesundheit unserer Tiere.“
Iska vermeinte in den Worten ihren Bruder reden zu hören. Doch sie gab nur die Gesetzmäßigkeiten ihrer Dorfgemeinschaft wieder. Beide sprachen leise, fast flüsternd, miteinander und Sigmar lauschte ständig, ob er verdächtige Geräusche hören könnte. Aber alles schien ruhig zu sein und so blieb er plötzlich stehen, wandte sich an Iska, legte ihr beide Hände auf die Schultern und sah ihr fest in die Augen: „Iska, in unseren Dörfern gibt es gelehrte Leute, die auf so mancher Reise viel gesehen und erfahren haben. Dieses Wissen geben sie an die Kinder des Dorfes weiter. So wie die Kinder und jungen Männer, und ja - auch die Frauen - die Kunst des Kampfes von klein auf lernen, so lernen sie auch andere Dinge. Und nicht nur die Sprache der Römer. Wir werden unser Dorf heil erreichen und ich verspreche dir, Iska, dass du von unseren gelehrten Männern ebenso unterrichtet wirst, wie die jungen Leute unseres Stammes.“
Dem Mädchen rieselte ein warmer Schauer den Rücken herunter. In ihrem Kopf schien sich plötzlich alles zu drehen. Waren es die Worte des jungen Kriegers, die sie so verwirrten, oder war es der Mann selbst? Iska wusste ihre Gefühle nicht zu deuten. Dann endete der magische Moment plötzlich und Sigmar nahm sie wieder an der Hand und zog sie weiter durch den Wald. Sunna hatte in ihrem Wagen schon ein erhebliches Stück Weges zurückgelegt, da tauchte plötzlich der Rand des Waldes vor ihnen auf. Sigmar ging in die Hocke und bedeutete Iska es ihm gleich zu tun. In gebückter Stellung schlichen sie vorwärts. Hinter einem Busch legte der Krieger sich flach auf den Boden und zog Iska neben sich. „Da, neben dem Baum dort hinten lagern römische Soldaten.“ Er hauchte die Worte direkt in Iskas Ohr. „Sei leise und achte darauf, ja kein Geräusch zu machen!“
Iska konnte die Männer nicht entdecken und angestrengt spähte sie in die angegebene Richtung. Leise drang das Wiehern eines Pferdes zu ihnen herüber. So sehr sie sich auch anstrengte, sehen konnte sie immer noch niemanden. Sigmar richtete sich etwas auf. „Es scheinen drei oder vier Soldaten zu sein. Ihre Pferde sind an einem Baum angebunden. Vermutlich wird es sich um eine Patrouille handeln, die den Wald abriegeln soll. Wie ich sagte, sind sie um den Sumpf herumgeritten und suchen dich jetzt auf dieser Seite.“ Er zeigte mit dem ausgestreckten Arm fort von den Soldaten: „Wir müssen es etwas weiter in dieser Richtung versuchen.“ Ohne ein Geräusch zu verursachen, zogen sie sich wieder tiefer in den Wald zurück. Dann richtete Sigmar sich auf. „So, hier können sie uns bestimmt nicht sehen. Sei trotzdem leise und achte auf deine Schritte! Wenn du auf einen Ast trittst, könnten die Soldaten das hören. Die Männer reagieren bestimmt auf jedes fremde Geräusch.“ Vorsichtig bewegten sie sich parallel zum Waldrand von den Soldaten fort. Da sie darauf achteten, keine Geräusche zu machen, war das Vorankommen sehr beschwerlich. Immer wieder hielt Iska kurz vor dem Aufsetzen eines Fußes inne und trat dann an eine andere Stelle. Nach einer geraumen Weile änderte Sigmar wieder die Richtung und hielt erneut auf den Waldrand zu. „Ich hoffe nur, dass die Posten der Römer nicht so dicht stehen, dass wir hier am Waldrand wieder auf Wachen stoßen! Durch den Umweg, den wir wegen der Soldaten auf uns nehmen müssen, verlieren wir viel Zeit.“ Erneut krochen sie auf allen Vieren voran, immer Deckung hinter einem Strauch oder Baum suchend. Mittlerweile lag der Waldrand vor ihnen. Dahinter zeichnete sich eine Wiese mit hohem Gras ab. Sigmar lauschte. Kein Geräusch drang an ihre Ohren. Leise schob er sich Stück für Stück weiter und Iska folgte ihm. „Ich sehe und höre niemanden. Wir sollten dieser Richtung folgen. Das hohe Gras wird uns etwas Deckung geben, aber wir dürfen uns nicht aufrichten. Hörst du, Iska? Egal was ist, stehe auf garkeinen Fall auf. Bestimmt sind in der Nähe Posten, die das Gebiet überblicken können!“ Iska nickte. Langsam, Stück für Stück, ging es weiter. Immer wieder hielt Sigmar inne und lauschte angestrengt. In der Ferne war jetzt das Bellen von Hunden zu hören.
„Weiter.“
Plötzlich tauchte vor ihnen ein kleiner Bach auf. „Hier sind wir richtig.“ Anscheinend kannte Sigmar die Stelle. „Lass uns eine kurze Rast einlegen, Iska. Bis hierhin war es anstrengend genug. Trink etwas von dem Wasser, es ist sauber und rein, die Quelle ist nicht weit entfernt. Siehst du die Büsche auf der anderen Seite des Baches? Bis dahin werden wir uns noch auf unseren Bäuchen wie die Schlangen fortbewegen müssen, aber hinter den Büschen dürften wir einigermaßen in Sicherheit sein. Leider werden wir aber um ein Bad im Bach nicht herumkommen!“ Sigmar schöpfte etwas Wasser in seine Hände und trank langsam. „Es ist kühl und angenehm. Du solltest auch deine Füße etwas kühlen. Sie sind ganz blutig gelaufen!“
Iska hatte auf die Schmerzen in ihren Füßen kaum noch geachtet. Besonders, da sie bei der Kriecherei auf dem Boden jetzt nicht so sehr beansprucht wurden. Mit einem Mal merkte sie, wie müde und zerschunden ihr Körper war. Sunna würde bald den Himmel überquert haben und Iska sehnte sich nach Schlaf. Sigmar schien ihre Gedanken zu erraten: „Wir müssen weiter. An Schlaf oder eine längere Ruhepause ist noch nicht zu denken. Der Abstand zwischen den Soldaten und uns muss noch größer werden! Ich hoffe