DEBORA. T.D. Amrein

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DEBORA - T.D. Amrein Krügers Fälle

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nickte. „Gerne, Hans. Und die Familie, die früher dort gewohnt hat?“

      „Den Ewald? Ja klar, den hat hier jeder gekannt.“

      Michélles Miene hellte sich auf. „Herr Wallner war bekannt? In welcher Art?“

      „Der bedeutendste Kriegsheld in unserer Gegend. Zweimal verwundet, Eisernes Kreuz, unbeugsam, dem wollte niemand in die Quere kommen.“

      „Und seine Frau, die Anette?“

      „Ja, die Anne. Sie war eine sehr schöne Frau. Zwei Kinder haben sie gehabt.“

      „Wissen Sie die Namen der Kinder auch noch, Hans?“

      „Nein, von den Kindern nicht. Es waren, glaube ich, zwei Mädchen.“

      „Das ist richtig, Helene und Hildegard.“

      Hans genehmigte sich einen guten Schluck, dann nickte er. „Jetzt, wo Sie es sagen.“ Er schien kurz nachzudenken. „Weshalb fragen Sie mich eigentlich, wenn Sie das schon wissen, Frau Steinmann?“

      „Weil das leider so ziemlich das Einzige ist, das wir wissen“, gab Michélle zurück.

      „Und jetzt denken Sie, dass diese Knochen von den Wallners stammen?“, fragte Hans.

      „Ja, das ist das Wahrscheinlichste. Auch wenn die DNA- Analyse noch nicht vorliegt, gehen wir davon aus, dass es sich bei den Toten um eine ganze Familie handelt. Ob es die Wallners gewesen sind, wissen wir erst sicher, wenn wir Vergleichsproben von Verwandten auftreiben können“, erklärte Michélle.

      „Auch wenn ich nicht weiß, was das für eine Analyse sein soll, ich denke nicht, dass Sie damit den Namen der Leute herausfinden können, oder?“

      „Nein, natürlich nicht!“, bestätigte Michélle. „Nur ob und wie sie verwandt waren. Das heißt, die Kinder mit beiden Erwachsenen, diese jedoch nicht miteinander, dann handelt es sich um eine Familie. Erst wenn wir weitere lebende Verwandte untersuchen können, führt das möglicherweise zu einem Namen. Wissen Sie vielleicht, ob sie Verwandte gehabt haben, Hans.“

      „Verwandte?“, überlegte er. „Hier in der Gegend auf jeden Fall nicht, das müsste ich wissen.“

      „Schade!“ Michélle zuckte mit den Schultern.

      „Wenn ich Ihre Reaktion richtig verstanden habe, Hans, dann sind Sie nicht der gleichen Meinung wie wir?“, fuhr sie fort.

      „Ja das ist richtig, Frau Steinmann! Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ewald sich und seine Familie umgebracht hat. Und auch noch so kurz vor Kriegsende. Wir wussten, dass es nicht mehr lange dauert, wozu also?

      Sich selbst vielleicht“, schob er nach kurzem Überlegen nach. „Aber die Kinder, auf keinen Fall.“

      „Die Spuren lassen nur wenige Rückschlüsse auf die Ereignisse zu“, fuhr Michélle fort. „Offenbar ist eine Handgranate in dem Kellerraum explodiert, worin sie sich aufgehalten haben. Das ist eigentlich schon alles, was sicher ist. Ein Unfall oder ein Blindgänger wäre natürlich möglich. Dagegen spricht jedoch, dass der Eingang des Kellers mit Erde verschüttet wurde. Durch die Explosion kann es nicht geschehen sein, der Abhang hinter dem Haus besteht ja aus festem Sandstein. Offenbar wollte jemand die Leichen verstecken. Das war jedoch in wenigen Stunden bestimmt nicht möglich. Eine solche Menge Erde musste schließlich erst herbeigeschafft werden. Eine etwas weniger aufwendige und auffällige Methode wäre immerhin vorstellbar.“

      „Interessiert Sie meine Version?“, wollte er wissen.

      „Ja natürlich, Hans, sehr sogar. Sie waren schließlich dabei, sozusagen …“

      Er lächelte kurz. „Dabei nicht, aber ich erinnere mich schon. Dass die Wallners plötzlich verschwunden waren, haben wir natürlich gemerkt, das war auch tagelang Thema im Gasthaus. Die Nachbarn haben herumgefragt und einige wilde Spekulationen sind aufgetaucht. Trotzdem war man sich bald einig: Die sind geflohen.“

      „Geflohen?“, wiederholte Michélle. „Weshalb denn? Wegen seiner Auszeichnungen? Fürchtete er deshalb die Rache der Alliierten? Es ist doch niemandem etwas passiert, bloß weil er in der Wehrmacht gedient hat.“

      „Das wäre schon ein Grund gewesen“, bestätigte Hans. „Dass es so kommen würde, wussten wir ja damals nicht. Man fürchtete die schreckliche Rache der Sieger. Wir haben damit gerechnet, den Rest unseres Lebens als Sklaven zu verbringen, falls man nicht gleich umgebracht wurde.

      Trotzdem, wir waren nicht deshalb dieser Auffassung. Ewald war lange an der Front gewesen. Er zweifelte lange nicht am Führer, aber im letzten Kriegsjahr änderte sich das. Er hielt sich für unantastbar und das war er auch lange Zeit. Deshalb wurde er immer deutlicher, was die Nazis anging. Anfangs waren es nur kleine Zeichen. Der Gruß war hier auf dem Land ohnehin nur selten zu sehen, wenn nicht gerade Parteipack oder Uniformierte dabei waren. Ewald grüßte jedoch gar keinen mehr mit erhobenem Arm, was schnell zu Problemen führte.

      Als hochdekorierter Frontkämpfer sollte er doch Vorbild sein, wurde er ermahnt. Ihn bloß deshalb abholen, konnten sie natürlich nicht.

      Das hat ihm nicht jedoch gereicht. Zuerst nahm er noch Rücksicht auf seine Familie, aber in den letzten Monaten beschimpfte er die Partei laut, auch in der Öffentlichkeit. Er soll den Führer ein elendes Schwein genannt haben. Stellen Sie sich das einmal vor, Frau Steinmann.

      Auch wenn es nur noch eine Frage der Zeit war bis zum Ende. Wir hatten viel gehört über die Rache der SS. Die walzten schon mal ein ganzes Dorf nieder, um einen Schädling, wie das damals hieß und auch diejenigen, die ihn nicht angeschwärzt hatten, zu bestrafen.

      Deshalb wurde er zuerst nur gebeten, es zu lassen. Weil das nichts half, drohten ihm schließlich die Gemeindeoberen, ihn einzusperren.

      Von der Partei im Ort war schon länger nichts mehr zu hören, die waren keine Gefahr mehr. Aber wenn das nach außen dringen sollte, drohte eine Katastrophe.

      Deshalb war niemand erstaunt, als Ewald mit seiner Familie plötzlich verschwunden war.

      Seine direkten Nachbarn waren schon zu Bekannten gezogen. Niemand wollte in der Nähe sein, wenn plötzlich Gestapo oder sogar eine Einsatzgruppe auftauchen sollte.

      Das war auch die Zeit, in der die wichtigsten Parteivertreter nach und nach unsichtbar wurden. Die hatten noch eine Chance auf eine Wohnung, an einem Ort, wo sie niemand kannte.

      Der eine oder andere dieser Herrenmenschen hatte allen Grund, die Rache der Zwangsarbeiter oder zum Beispiel, sich auch vor Ewald zu fürchten. Ist also gar nicht so abwegig, dass er vor seiner Flucht noch eine Nazifamilie ausgelöscht hat. Von diesem Keller hat kaum jemand gewusst. Zuerst hat er ihn vermutlich als Versteck für alle Fälle angelegt. Dass es fast fünfzig Jahre gedauert hat, bis er entdeckt wurde, zeigt doch, wie gut er das geplant hatte.“

      Michélle sah ihn fragend an.

      „Fast alle hatten irgendein vorbereitetes Versteck in dieser Zeit. Darüber wurde auch nicht geredet, damit keiner etwas ausplaudern konnte“, erklärte er.

      „Schließlich würde eine solche Tat auch erklären, weshalb er nie mehr zurückgekehrt ist. Es gab später Gerüchte, dass er in Australien gesichtet wurde“, fügte Hans nach einer kurzen Pause an.

      Michélle

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