Kein Sommernachtstraum. Sanne Prag

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Kein Sommernachtstraum - Sanne Prag

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einfach an uns erinnern!“ Sie ließ ihren Blick schnell über sein Gesicht gleiten, es glomm kein Funke auf. Sie schaute zu Boden. Ihre Hand wanderte zu ihrer Wange. „Unsere schöne gemeinsame Zeit“, rief er. Ihr Blick kam verloren hoch und sagte deutlich: Keine Ahnung. Schließlich versuchte sie ein Lächeln und reichte ihm eine unsichere Hand. „Entschuldigen Sie“, sagte sie leise, und dann lauter: „Ich muss gleich weiter.“ Sehr schnell ging sie aus der Empfangshalle in den nächsten Raum. Der elegante Mann blieb kurz stehen und eilte ihr dann nach. In der Türe blickte er in alle Richtungen, schien sie aber nicht mehr sehen zu können. Schließlich drehte er sich um und kam wieder zurück. Seine Lippen waren fest zusammengepresst und sein Kiefer hart. Jetzt fixierte er Ezra.

      Judith hatte beobachtet, wie Ezra den Blick hob, der noch immer an der Katze festgefressen war, um dem eleganten Mann viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Sie sah klar, er wollte dessen Augen zu sich zu holen, weg von den Tieren. Die Maus schien inzwischen den sicheren Platz gefunden zu haben, denn die Katze schaute gespannt, voll konzentriert, in den Spalt unter dem Möbel.

      Der elegante Herr mit dem Halstuch schrieb etwas auf den Umschlag. Ezra stand unentschlossen daneben. Kurze Blicke irrten immer wieder zu der Katze. Sie konnte sich auch vorstellen, was ihn beschäftigte: Wenn er die Katze hinaustrug, blieb die Maus unter dem Sitz, unbeobachtet. Das war keine gute Lösung. Judith sah auf seiner Stirne den Konflikt, denn Mäusejagd im Foyer war auch keine Lösung. Hin- und hergerissen zwischen zwei unmöglichen Möglichkeiten, musste er den gereizten Mann beruhigen, der an seinem Pult stand.

      „Hortense ist ein unbedarftes Mädchen“, sagte der in dem Moment ein wenig zu laut. „Wie ein kleines Kind. Von einer Minute zur anderen weiß sie nicht mehr, was sie wollte. Das war immer schon so“, warf der hin. Irgendetwas wollte er noch sagen, aber es kam nicht. Er wechselte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen, und schließlich ging er hinaus zu seinem gelben Sportwagen.

      Die Katze war vor dem Fauteuil, unter dem ihre Maus saß, in Warteposition gegangen.

      ABEND

      Ezra hatte beschlossen, die Katze die Maus bewachen zu lassen. Es war eine hübsche Katze und seiner Erfahrung nach waren die meisten Menschen Katzen eher zugetan als Mäusen. Auch wenn es einzelne Katzenfeinde gab, war in dieser Situation die Katze das kleinere Übel. Er musste das Problem in Angriff nehmen, wenn die Gäste in den Zimmern waren, gut aufgehoben und nicht im Empfangsraum – später – viel später. Jetzt machte er einen Abstecher in „seine“ Küche, um festzustellen, was dort alles nicht funktionierte. Aber der Zustand war nicht so schlecht. Er beorderte zwei Damen in den zweiten Stock, um die Matratzen aufzublasen und mit Wäsche zu versehen, für die Schulklasse auf Ausflug. Das Essen war großteils fertig. Er würde beim Bedienen helfen, sonst war das nicht zu schaffen.

      „Habt ihr Essen auf die Zimmer gebracht?“, fragte er in die Runde. Eine der drei nahm gerade die Ente aus dem Grill „Die Dilmon ist eine hochnäsige Person“, sagte sie. „Am Nachmittag wollte sie einen Toast und als ich den hochgebracht habe, hat sie ihr Buch weggelegt und gesagt: ,Stellen Sie meine Schuhe auf den Balkon.‘ Als ob ich ihr persönlicher Dienstbote wäre.“

      Ezras Ohr nahm diese Beurteilung von Frau Dr. Dilmon wahr, aber sein Hirn war mit der Verrechnung von Extraleistungen beschäftigt. Er überlegte, dass er einen Modus finden musste, um das zu überblicken. Natürlich war das kein echtes Hotel, aber man musste zumindest alle Funktionen eines echten Hotels einführen. Alles, was ein echtes Hotel ausmachte, musste bereit sein, um den Anschein eines echten Hotels nicht zu stören. „Bitte seid so lieb und steckt mir einen Zettel in die grüne Kluppe neben dem Telefon, wenn ihr etwas irgendwohin bringt. Ich glaube, das ist die einfachste Art, alles zu verrechnen. Gar nicht lange diskutieren, sondern einfach aufschreiben, was ihr wohin gebracht habt.“

      Da sah er die Biologin an der Küche vorbeigehen.

      Wieso war die in dem Gang? Was wollte die dort?

      Er machte am Absatz kehrt und folgte ihr. Gerade sah er sie noch um die Ecke biegen, dann hörte er eine Stimme. Die kannte er, tief und vibrierend – Zimmer 5 – Red Warhol.

      Sie sagte: „Da war so ein Typ, der behauptet, mich zu kennen.“

      „Und, was hast du gesagt?“

      „Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Er hat sich benommen, als ob wir mal zusammen gewesen wären. Kann ich mir aber nicht vorstellen, oder?“

      Ezra wischte an der neuen Messingtürschnalle von der Speisekammer – für den Fall, dass einer um die Ecke schaute.

      „Wie sah er denn aus?“

      „Lang, dünn, mit auffallendem Halstuch – ich kann‘s mir einfach nicht vorstellen …“, fügte sie hinzu.

      Dann näherten sich die Schritte der beiden der Ecke. Ezra nahm langsam und deutlich sichtbar sein Tuch von der Türschnalle und begab sich offiziell zu seinem Empfang. Als er an den beiden vorbeiging, sagte Warhol: „Bleib bescheiden, Mädchen, einfach passiv freundlich. Ist kein Grund zum Stress, du musst Ruhe bewahren, auch wenn es dir schwer wird…“ Red Warhol ging festen Schrittes voran, sie folgte zögernd.

      Da fiel Ezra der Brief ein. „Eine Nachricht liegt für Sie am Empfang“, sagte er über die Schulter. Die Dilmon hatte einen sehr schönen spanischen Schal um den Körper geschlungen, den zog sie jetzt fester um sich. Warhol drehte um und folgte Ezra. Er nahm den Brief aus dickem gelblichen Büttenpapier und riss ihn achtlos mit dem Daumen auf. Lässig schaute er das Blatt an und dann wurde sein Blick konkret. Auf der Stirne bildeten sich einige feste Falten. Er war wütend, eindeutig sehr wütend. Er knallte den Brief auf Ezras Theke. Drehte sich um, drehte sich dann aber zurück und nahm den Brief wieder auf und ging knackig hinaus - in einer schwarzen Wolke. Ezra schaute ihm nach. Er hätte gerne erfahren, was in dem Brief stand.

      Da kam die rothaarige Dame mit ihrem unwirschen Partner zurück. Sie waren aus gewesen. Sie hatte extrem hohe Stöckelschuhe an, extravagante Schuhe in blasslila mit einer kecken Schleife am Außenrand. Konnte wohl kein Waldlauf gewesen sein, dachte Ezra. Er fand es seltsam, dass das Pärchen gerade diesen Ort besuchte, hier mitten im Wald, mit eleganten Stöckelschuhen…

      Er schaute die lila Schleife an. Die beiden passten nicht in den Wald. Er nicht und sie schon gar nicht. Wenn jemand so auffallend nicht passt, konnte der wohl kein gewöhnlicher Tourist sein? Oder? Vielleicht konnte er aber gerade dann kein Statist vom Geheimdienst sein? Oder? Das doch am wenigsten. Die würden doch wohl perfekt passen?

      Sie tänzelte auf Ezra zu. Ezra schenkte ihr das Hotellächeln und sah aus dem Augenwinkel, dass die Katze noch immer den Sessel bewachte – die Maus war also noch gut aufgehoben.

      „Wann gibt´s denn Nachtmahl?“, zwitscherte die Dame mit den roten Haaren fröhlich.

      Ezra ließ kurz die düsteren Bilder aus der Küche vorbeilaufen. 18 Uhr hatten sie natürlich nicht geschafft. Die Frage kam gottseidank deutlich später: „Ich denke, in einer halben Stunde…“ sagte er beflissen.

      „Oh fein“, strahlte sie, „und wo ist der Dingsda?“ Ezra überlegte fieberhaft, was sie gemeint haben könnte. Sie wartete, und als nichts kam, versuchte sie es genauer: „Na, der Dingsda, wo man isst.“ Sie sah Ezra erwartungsvoll an. Ihr Partner hatte die buschigen Brauen tief über die Augen gezogen und schaute unwillig.

      Ezra erkannte, dass nach dem Speisesaal gefragt worden war. Er war gefordert.

      Für ihn war das eine von den besonderen Problemzonen. Sie hatten nur einen sehr kleinen Raum als Essraum herrichten

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