Kein Sommernachtstraum. Sanne Prag

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Kein Sommernachtstraum - Sanne Prag

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eigentlich gerecht werden musste. Da besorgte er eine Standtafel, auf die er mit Kreide Preise für Imbiss und Getränke schrieb. Nun sah das Ganze aus, wie ein romantischer Geheimtipp fürs Wochenende. Das kam der Sache schon näher. Viel mehr war in der kurzen Zeit eben nicht drin. Die Badezimmer blieben ein Riesenproblem. Dann kamen auch bald die Menschen, deren Namen im Gästebuch vorgemerkt waren. Frau Dr. Dilmon bezog Zimmer 2. Wer war sie?

      Und der Mann mit dem kleinen schwarzen Buch musste dann auch sein Zimmer bekommen. Der ältere Journalist, der die Pressekonferenz organisiert hatte, war untergebracht in seinem vorgemerkten Zimmer 5, und dann war da die elegante Journalistin, auch vorgemerkt. Die sollte auch ein Zimmer haben, und das ältere Pärchen, war schon am Vortag angereist mit vielen Koffern ... Waren die alle Menschen vom Geheimdienst? Oder waren das ganz normale Bürger, die ein paar ruhige Tage verbringen wollten? Waren sie tatsächlich Journalisten oder Schauspieler, vielleicht waren sie von der Regie bestellt als ahnungslose Komparsen? Oder führte einer oder der andere selbst Regie? Für welches Bühnenstück?

      Die Damen mit Kübeln und Mobb waren inzwischen schon im zweiten Stockwerk unterwegs. Die Gebäude waren hoch. Es war nicht zu erwarten, dass Ezra Zimmer im zweiten Stock vergeben musste. Es war aber immerhin möglich, dass sich einer von den Gästen aus dem ersten Stock im Haus verlief, und der durfte kein Geisterschloss treffen – es konnte ja ein echter Gast sein. Die Türen der anderen drei Gebäude hatte Ezra sauber gereinigt, teilweise selbst außen neu gestrichen und abgesperrt. Das war die relativ beste Lösung. Passende Schlüssel hatte es natürlich keine gegeben. Er hatte den Schlosser erpresst und am gleichen Tag neue Schlösser einbauen lassen. Hinter diesen Türen war Niemandsland. Unter anderem wuchs eben da ein Baum durch das Erdgeschoss die Treppe hoch und beim einstigen Fenster, das keine Scheibe mehr hatte, hinaus.

      In manchen Bereichen hatten sich Spuren von Benützung gefunden. Das waren wahrscheinlich die Jugendlichen aus dem Ort. Vielleicht Liebespaare, romantisch, heimlich und ohne hohe Ansprüche an Reinlichkeit oder Luxus. Opfer der Lust auf kalten, sandigen Böden …

      FRÜHER NACHMITTAG

      Er zeigte der Psychologin das Zimmer und ging zurück an seinen „Empfang“. Da kam der ältere Mann, Organisator der Pressekonferenz. Der von Zimmer 5 war das. Er lehnte sich vertraulich an das Möbel, das Ezra zur Empfangstheke bestimmt hatte, und fragte mit seiner tiefen vibrierenden Stimme: „Haben Sie was Hochprozentiges für mich?“ Diesen Mann ordnete Ezra der Organisation im Hintergrund zu – der war eindeutig Regie, und er dachte: Der braucht Trost bei der vielen Geheimhaltung … Der Mann machte den Eindruck, als wüsste er, um was es ging. Breit lehnte der an dem Pult. Ezra war bemüht, denn vielleicht kam er an gute, wichtige, hilfreiche Informationen. Vielleicht konnte er einen kleinen Lichtschein in den Nebel bringen. - Für Hochprozenter hatte er als „Manager“ natürlich gesorgt, ein wichtiger Faktor in einem „Hotel“. Er hatte für sehr guten Hochprozentigen gesorgt, denn so viel Freiheit war gegeben.

      Der Mann wählte sorgfältig eine Flasche. Die betrachtete er nun wohlgefällig. Dann füllte er seinen Brustkorb bis zum Bersten und ließ die Luft langsam ausströmen: „Gott, geht mir das alles auf die Nerven“, wisperte er in Ezras Ohr. Er schien das Gefühl zu haben, dass Ezra eingeweiht war.

      Der schaute daraufhin so wissend wie möglich. Aalglatt legte er sich ein weißes Tuch über den Arm und begann ein Glas blank zu putzen, dabei lächelte er absolut sicher. Der Mann vor ihm wirkte erschöpft. Dieser Mensch hatte sich übernommen in den letzten Tagen. Hier wurde von der Macht im Hintergrund hart gearbeitet und improvisiert, Geheimhaltung in der Hektik einer wesentlichen Aufgabe. Einer wusste nicht, was der andere wusste. Über nichts wurde wirklich gesprochen und nichts war so wichtig wie das Nichts. Dieser Mann hatte eine harte Zeit hinter sich, das war zu sehen. Er wirkte dennoch mächtig. Seine Schultern brauchten viel Platz, seine Augen unter tiefen Brauen waren scharf und seine Bewegungen gerade und direkt. Der war sicher in der Lage einige bedeutende Lichtblicke zu liefern. Welche Fragen waren die interessantesten?

      Ezra konnte sich nicht erklären, wieso keiner wusste, ob Dr. Dilmon Dr. Dilmon war. Was war da in Südamerika abgegangen? Wer hatte ein Interesse an der Biologin? Wer wollte sie austauschen und warum?

      „Ich bin Red Warhol“, sagte der Mann in diesem Moment.

      Bei Ezra klingelte es laut in der Informationsabteilung. Red Warhol war eine journalistische Größe. Er hatte ihn persönlich noch nie getroffen, aber trotzdem war der Name allgegenwärtig. In Presse, in Politik – Aufdeckung, Aktionen … Red Warhol saß am Steuer. Saß er auch hier am Steuer?

      Der berühmte Mann saugte langsam an seinem Glas mit dem goldgelben Inhalt. Dann sagte er: „Das da ist gut, aber es tut mir nicht gut – ich brauche es nur einfach.“ Sein Gesicht wirkte zerknittert. War zu viel Alkohol das Problem? Ezra arbeitete an einer Frage, die aufdeckend aber nicht zu intim war. Auf zu Intimes würde er keine Antwort bekommen und er war schließlich auf Antworten angewiesen beim Blinde -Kuh-Spielen. „Wie könnten wir das hier bestmöglich regeln?“, fragte er daher in der Rolle des gut Informierten so lässig wie möglich.

      Red Warhol hob den Blick müde aus seinem Glas: „Das Problem ist – wir können im Moment nur abwarten, bis einige Fragen geklärt sind. Passt mir auch nicht, aber so ist es.“ Er sagte das tief traurig. Ezra hatte sich den Mann immer vorgestellt wie einen Jockey, der das wildeste aller Pferde ritt. So wie der da vor ihm stand, konnte er kaum einen alten Haflinger reiten – so erschöpft.

      Ezra nahm ein anderes Glas und begann, es mit seinem Tuch glänzend zu reiben. Voll konzentriert hielt er es gegen das Licht und blickte durch: „Warum ist denn der Fehler passiert?“, fragte er so unschuldig wie möglich. Seiner Erfahrung nach war das eine gute Frage, die meistens eine Antwort bekam, auch wenn man nicht wusste, was sie bedeutete.

      „Ein Fehler war‘s ja nicht, eigentlich“, sagte der Journalist auch sofort. „Ich hatte ihn völlig aus den Augen verloren.“ – Diese Antwort war eine Herausforderung.

      Ezra konzentrierte sich wieder auf sein Glas, die nächste Frage war besonders heikel. Sie durfte nicht in die falsche Richtung gehen. Schließlich meinte er: „… nach der gemeinsamen Zeit?“

      „Ich hatte genug. Das muss man doch verstehen. Ich hatte die ganze Geschichte satt.“ Der Journalist nahm einen tiefen Schluck und hielt Ezra das Glas wieder hin. „Ich habe mich einfach um ihn nicht mehr gekümmert, und jetzt verbreitet er Unsinn.“

      Ezra füllte sorgfältig nach: „Und glaubt das irgendwer?“, sagte er leise zum Glas, das er dem anderen in die Hand gab, um ihn am Reden zu halten. Es ist schwierig, vorsichtige Fragen zu stellen, wenn man keine Ahnung hat, was man fragen könnte.

      „Das Ganze war damals eine blöde Schweinerei“, murrte Warhol in den Cognac hinein. Dann schaute er Ezra fest an: „Das Schlimme war – es war klein“, das fauchte er wütend. „Das Ganze war winzig, flach, bedeutungslos. Es war kleiner Schmutz, schmierig. Ich musste mir die Hände mit kleinem Schmutz beschmieren. Ich mache gerne große Sachen. Ich stehe gerne hinter mächtigen Aktionen – er hat mich klein gemacht. Er hat mich gezwungen, mich mit kleinem Schmutz zu befassen. Und jetzt haben wir mit ihm ein echtes Problem.“ Er knallte das leere Glas auf die Theke und ging.

      Gut, Ezra hatte verstanden – soweit da irgendetwas zu verstehen war – da gab es jemanden, mit dem hatte Warhol einmal gemeinsame Sache gemacht – oder etwas in der Art. Nachher gab es ein Zerwürfnis und man warf sich gegenseitig kleine, schmierige Sachen vor, über die er nicht mehr sprechen wollte. Und wo war der andere jetzt? Wer war der andere?

      Hatte der im Moment für diese Situation hier im Wald Bedeutung? Welche?

      2

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