Dangerous Encounter. Sarah Glicker
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Ich erkenne, dass sie mit großen und energischen Schritten, die keinen Widerspruch dulden, auf mich zukommt. Ihre großen Brüste hüpfen beinahe schon aus der Bluse heraus, die eindeutig mindestens eine Nummer zu klein ist, und ihre Haare fliegen von einer Seite zur anderen, so schwungvoll läuft sie.
Ein ungutes Gefühl macht sich in mir breit, als ich sie dabei beobachte. Und das gefällt mir überhaupt nicht. Ich schlucke und versuche es so loszuwerden. Doch es hält sich beharrlich.
„Was ist los?“, frage ich sie, als sie vor mir stehen bleibt und mich mit einem Blick betrachtet, den ich nicht genau einordnen kann.
„Ich muss hier gleich pünktlich raus, da ich einen wichtigen Termin habe, den ich leider auch nicht verschieben kann. Es würde erneut ein halbes Jahr dauern, bis ich einen neuen habe. Deswegen müsstest du diese Übersetzung noch fertig machen und sie dann an den Kunden schicken. Es sind nur noch zwei Absätze“, eröffnet sie mir und hält mir ein paar Unterlagen unter die Nase.
Ein hinterhältiges Grinsen hat sich auf ihr Gesicht geschlichen. Auch jetzt muss ich mir Mühe geben, damit ich ihr nicht unter die Nase halte, dass man das mit Sicherheit auch freundlicher sagen kann. Doch ich rufe mir schnell in Erinnerung, dass ich die Neue bin und es mir nicht sofort mit allen verscherzen sollte.
Und schon gar nicht mit ihr.
Mir ist klar, dass sie ein Nein nicht akzeptiert. Ich würde es ihr sogar zutrauen, dass sie zu unserem Chef geht und ihm irgendwelche Lügen erzählt, nur damit ich rausgeschmissen werde. Und das kann ich überhaupt nicht gebrauchen. Ich habe noch keine Ersparnisse zur Seite legen können und wenn ich diesen Job verliere, würde es außerdem nicht gut auf meinen nächsten Bewerbungen aussehen. Schließlich ist es meine erste Arbeitsstelle nach dem Studium und hier wäre ich dann gerade einmal zwei Wochen gewesen.
Deswegen atme ich einmal tief durch und nehme dann die Unterlagen an mich. Allerdings nehme ich mir vor, dass ich ihr beim nächsten Mal sagen werde, dass ich auch ein Privatleben habe und sie sich vielleicht erst einmal erkundigen könnte, ob ich auch pünktlich das Büro verlassen muss.
Ein letztes Mal lächelt sie mich zuckersüß an, ehe sie sich umdreht und genauso schwungvoll wieder verschwindet, wie sie gekommen ist.
Ich hingegen bleibe noch einige Sekunden sitzen und sehe ihr nach, bis sie aus meinem Sichtfeld verschwunden ist. Dann verfluche ich mich selber dafür, dass ich anscheinend zu nett bin.
Ich weiß, dass ich die Neue im Büro bin. Dementsprechend stehe ich in der Hackordnung auch ganz weit unten und muss auch mal die ungeliebten Arbeiten machen. Und das ist auch in Ordnung für mich. Ich habe mich darauf vorbereitet und es war auch nie schlimm für mich. Ganz im Gegenteil. Ich versuche aus jeder Situation das Beste zu machen und etwas zu lernen. Allerdings macht sie mittlerweile auf mich den Eindruck, als würde sie mir mit Absicht eins reinwürgen wollen. Und dagegen sage ich etwas. Schließlich arbeite ich nicht hier, um ihr alles abzunehmen.
Als ich sie das erste Mal gesehen und mehr oder weniger mit ihr aneinander geraten bin, dachte ich noch, dass sie vielleicht einen schlechten Tag hatte. Das kann jedem passieren und ich weiß, dass man dann schnell auf jemand anderen losgeht. Mir selber ist es auch schon passiert.
Nachdem ich die letzten Tage allerdings die Chance hatte sie besser kennenzulernen, bin ich mir nun sicher, dass sie keinen schlechten Tag hatte, sondern anscheinend immer einen hat.
Bevor ich doch noch Gefahr laufe, dass ich ihr endlich etwas hinterherrufe, von dem ich mir sicher bin, dass es nur zu einem Streit führen wird, drehe ich mich um und gehe zu meinem Schreibtisch. Die nächste Stunde bleibe ich daran sitzen und arbeite konzentriert. Zum Glück sind es wirklich nur noch zwei Absätze, doch das heißt nicht, dass sie schnell gehen. Der Text ist so kompliziert verfasst, dass es länger dauert, als ich es erwartet habe.
Nachdem ich endlich alles abgeschickt habe, lasse ich mich nach hinten sinken und schließe die Augen. Ich gönne mir ein paar Sekunden Ruhe, ehe ich den Computer ausschalte und ebenfalls das Büro verlasse, um mich mit meinen Freunden zu treffen.
Auch jetzt herrscht wieder geschäftiges Treiben auf den Straßen, obwohl es bereits nach acht Uhr ist, als ich endlich auf die Straße trete. So schnell es geht, versuche ich mir einen Weg durch die Menschenmenge zu bahnen, doch so einfach ist das nicht. Ich komme nur langsam voran, sodass ich es schließlich aufgebe und mit dem Strom schwimme.
Als ich einen Schritt zur Seite machen will, um einem vollgepackten Mann auszuweichen, der mir plötzlich gegenübersteht, spüre ich, wie jemand nach mir greift und mein Handgelenk fest umklammert. Erschrocken drehe ich mich um. Doch bevor ich sehen kann, wer sich hinter mir befindet, werde ich bereits zur Seite gerissen, sodass ich mich nicht einmal mehr umdrehen kann.
Es geht so schnell, dass ich es gerade so schaffe, mich auf den Beinen zu halten und nicht zu fallen.
Ich gebe einen erschrockenen Ton von mir und versuche denjenigen zu erkennen, der mich da gerade hinter sich herzieht. Doch bevor mir das gelingt, hat mir bereits jemand etwas über den Kopf gezogen, sodass ich nichts mehr sehen kann. Verzweifelt schlage und trete ich um mich. Panik macht sich in mir breit und die Verzweiflung nimmt Besitz von mir.
Ich habe die Hoffnung, dass ich denjenigen erwische, der gerade versucht mich zu entführen. Bevor mir das allerdings gelingen kann, werde ich allerdings schon auf eine harte Oberfläche geschmissen, sodass ich vor Schmerzen das Gesicht verziehe, als ich mit meinen Knien aufkomme. In der nächsten Sekunde höre ich, wie eine Schiebetür geschlossen wird. Dann wird ein Motor gestartet und der Fahrer fährt mit quietschenden Reifen an.
„Was soll das?“, frage ich wütend, als ich endlich wieder in der Lage bin, einen Ton von mir zu geben.
Meine Angst ist nicht verschwunden, doch ich will ihnen auch nicht keine Macht über mich geben.
Panik breitet sich in mir aus. In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken. Doch die Wahrheit ist, dass ich überhaupt keine Ahnung habe, was hier geschieht und wieso es ausgerechnet mich erwischt hat.
Das einzige, was ich nur mit Gewissheit sagen kann, ist, dass ich in Schwierigkeiten stecke, wenn ich es nicht schaffe, mich zu befreien.
„Lassen sie mich raus“, rufe ich mit energischer Stimme. Auch wenn ich mir bereits denken kann, dass das nichts bringen wird.
Gleichzeitig versuche ich den Sack über meinen Kopf loszuwerden. Allerdings hat er ihn mit einem Knoten verschnürt, den ich leider nicht auf bekomme.
„Halt endlich die Schnauze“, raunt in der nächsten Sekunde eine gefährliche Männerstimme.
Vier Wörter, die mich eigentlich noch nie beeindrucken konnten. Und dennoch sorgen sie gerade dafür, dass ich schlagartig die Luft anhalte und mein Herz aufhört zu schlagen.
Die Panik, die ich vorhin noch verspürt habe, ist nichts im Gegensatz zu dem, was jetzt durch meinen Körper schießt. Ich muss mir vor Augen halten, dass ich nur eine Chance habe hier wegzukommen, wenn ich mich beruhige und nicht die Nerven verliere. Doch das ist ehrlich gesagt gar nicht so einfach, wenn man keine Ahnung hat, wo man sich befindet und was diese Männer von einem wollen.
Es scheint eine Ewigkeit zu dauern, bis der Wagen stehen bleibt und ich erneut die Tür hören kann. Dann werde ich wieder hinaus gerissen. Zitternd bleibe ich auf