Wind über der Prärie. Regan Holdridge

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Wind über der Prärie - Regan Holdridge

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verstand augenblicklich. Er betrachtete seine einzige Tochter lange, die ihren Blick stur und regungslos wieder auf die Tischplatte gerichtet hielt.

      „Juliane?“, fragte ihre Mutter jetzt und ließ keinen Zweifel daran, wie sehr sie dieser Idee abgeneigt war. „Sie wirft ja sogar beim Tisch decken mit den Tellern um sich, das ungeschickte Ding! Wie soll Sie Ihnen da eine große Hilfe sein?“

      „Meine Frau hat recht“, stimmte Friedrich ihr sofort zu. Er schüttelte den Kopf und seufzte. „Juliane ist wirklich nicht das Geschick in Person und von Medizin versteht sie überhaupt nichts! Ich glaube nicht, dass Sie mit ihr sehr glücklich bedient wären!“

      „Oh, lieber Pastor Kleinfeld!“ Doktor Retzner hob die Hände. „Es tut mir leid, aber ich kann Ihre Meinung ganz und gar nicht teilen! Ihre Tochter ist ausgesprochen lernfähig und soweit ich sie bisher kennengelernt habe, besitzt sie durchaus die nötigen Voraussetzungen, die eine gute Krankenschwester mitbringen muss. Was natürlich für mich ganz entscheidend zu meiner Wahl beigetragen hat, ist, dass sie beide Sprachen mittlerweile beinahe fließend beherrscht!“

      „Da ist allerdings was dran“, entgegnete Friedrich nach kurzem Zögern und ein wenig Stolz schwang in seiner Stimme mit. „Englisch spricht sie besser als wir alle zusammen!“

      „Trotzdem bin ich dagegen“, warf Luise energisch ein. „Sie ist ein Mädchen, das noch nicht einmal einen Haushalt führen könnte, wenn sie erst einmal ins heiratsfähige Alter kommt!“

      „Ich bin bereits im heiratsfähigen Alter!“, stieß Julie trotzig hervor. Wieder passierte das, was sie am meisten an sich selbst fürchtete – sie konnte ihr vorlautes Mundwerk nicht beherrschen. „Auch wenn ich nicht vorhabe, mich an einen Mann zu ketten!“

      „Juliane!“ Friedrichs Faust krachte auf den Tisch. „Was sind denn das für Reden? Nie wieder will ich etwas Derartiges von dir hören, haben wir uns verstanden? Jede Frau hat irgendwann zu heiraten und dafür zu sorgen, dass viele, gesunde Kinder das Licht dieser Welt erblicken!“

      „Ja, Vater“, murmelte das junge Mädchen demütig und biss sich auf die Lippen. Sie war wütend auf sich selbst, aber noch wütender auf die Tatsache, nur ein Mädchen zu sein, dem so viele Grenzen aufgezeigt wurden.

      Eine lange Pause trat ein. Schließlich wagte Doktor Retzner es, sich als erster weiter zu dem angesprochenen Thema zu äußern: „Vielleicht täte es Ihrer Tochter einmal ganz gut, wenn sie eine verantwortungsvolle Aufgabe übertragen bekäme und eine Arbeit, bei der sie gefordert wird.“

      „Hmm“, knurrte Friedrich missmutig und fixierte seine Tochter scharf. „Sie meinen, sie bräuchte einmal jemanden, der ihr zeigt, dass es für eine Frau besser ist, Zuhause zu bleiben?“

      „So in etwa“, erwiderte Doktor Retzner eilig. Er warf Julie einen kurzen, mahnenden Blick zu. „Es wäre mir allerdings ganz recht, wenn Sie sich möglichst schnell entscheiden könnten, denn sonst werde ich mich auf die Suche nach einer anderen Dame machen, auch wenn ich weiß, dass keine so gut geeignet wäre, wie Ihre Tochter.“

      „Und was ist mit der Hausarbeit?“, wollte Luise wissen, korrigierte sich jedoch sofort: „Nein, das ist jetzt allerdings unwichtig. Viel entscheidender ist, dass Juliane Ihnen eine Hilfe sein kann, wenn Sie so dringlich eine benötigen!“

      „Der Ansicht bin ich allerdings auch!“ Friedrich seufzte tief. „Also, schön!“ Er nickte und reichte Doktor Retzner die Hand. „Ab morgen wird Juliane Ihnen in der Praxis helfen, bis wir uns einem Treck nach Westen anschließen können! Wann soll sie dort sein?“

      Überrumpelt starrte der österreichische Arzt ihn für eine Sekunde an. Er hatte nicht mit einer solch schnellen Einigung gerechnet, doch offensichtlich schien der Pastor ihm nicht nur zu vertrauen, sondern ihm seine Tochter sogar sehr gerne in Obhut zu geben.

      „Es freut mich sehr!“ Er erhob sich. „Vielen Dank! Und vielen Dank auch für den Tee.“ Dann wandte er sich dem jungen Mädchen zu. „Morgen früh um sieben in der Praxis, damit ich Ihnen schon einmal alles zeigen kann!“

      „Natürlich!“, sagte Julie leise und nickte ihm lächelnd zu. Sie konnte es kaum glauben! Ab morgen durfte sie ihm zur Hand gehen und was das Beste war: Sie würde eine Menge neuer Menschen kennenlernen und dazu noch jeden Tag von früh bis spät unterwegs sein – ohne ihre Mutter, die ständig an ihr herumnörgelte und sie schimpfte und herumkommandierte – ohne all die lästige Hausarbeit, die sie sowieso verabscheute!

      Kaum, dass Friedrich die Haustür hinter Doktor Retzner geschlossen hatte, legte Luise ihre Strickarbeit beiseite. Sie fixierte ihre Tochter mit strengem, unerbittlichem Blick.

      „Ich hoffe“, stieß sie leise hervor, „du wirst uns keine Schande bereiten!“

      „Nein, Mutter“, antwortete Julie, ohne sie anzusehen. „Natürlich nicht!“

      „Ich möchte keine Beschwerden von Hardy hören, dass du dich daneben benimmst und ständig dein Mundwerk aufreißt!“, grummelte ihr Vater leise, während er sich wieder zu ihnen an den Tisch setzte. Es war ihm nicht recht, dass seine Tochter dem Arzt assistieren würde und er sie somit aus seiner führenden Obhut geben musste. Er hoffte im Stillen, aus ihr eines Tages doch noch eine anständige, wohlerzogene junge Dame machen zu können, die einen geeigneten Ehemann für sich finden konnte. Nur Hardy zuliebe hatte er eingewilligt, das war der einzige Grund. Er seufzte. Nein, es war ihm ganz und gar nicht recht.

      Jeden Tag, außer Sonntag, ging Julie von nun an zu Doktor Retzner in die Praxis. Sie half ihm bei all seinen Tätigkeiten, lernte Krankheiten zu erkennen und Verbände anzulegen, fuhr mit ihm und der kleinen Kutsche hinaus zu den umliegenden Farmen und da der Boden so matschig war, kamen sie häufig nur langsam voran.

      „Lassen wir es gut sein“, entschied der Österreicher an diesem Tag resigniert. Er sprach mit Julie immer Deutsch, wenn sie allein waren, obwohl sie ihn darum bat, es nicht zu tun, denn so würden seine Englischkenntnisse nie besser werden!

      „Aber...wir müssen doch hinaus und nach Mrs. O’Sullivan sehen!“, rief Julie verzweifelt, während sie sich an der überdachten Kutsche festhielt, als die beide Pferde stapfend und keuchend umdrehten und die Räder aus dem schmierigen Morast zerrten. Der Wagen schaukelte gefährlich.

      „Mit dem Wagen schaffen wir es nicht!“ Doktor Retzner war damit beschäftigt, die Pferde unter Kontrolle zu halten, die – als sie merkten, dass es zurück in Richtung Stadt ging – durchgehen wollten. „Der Boden weicht immer mehr auf mit dem Regen und wenn es so weitergeht, bleiben wir noch irgendwo stecken! Wir müssen reiten!“

      „Aber...ich kann doch gar nicht reiten!“, entgegnete Julie wahrheitsgemäß. Sie war ihr Lebtag noch nie auf einem Pferderücken gesessen – ihr Vater hätte es niemals zugelassen. Eine Tracht Prügel hätte sie sich damit eingehandelt, nichts weiter.

      Doktor Retzner antwortete nicht sofort, sondern beruhigte zuerst die Pferde. Als diese wieder in gleichmäßigem Trab vorwärtsgingen, wandte er sich dem jungen Mädchen zu. Er atmete tief durch, wobei sich weiße Atemwölkchen vor seinem Gesicht bildeten. Es hatte sich dramatisch abgekühlt.

      „Dann müssen wir das ändern. Hier draußen haben Sie sonst keine Überlebenschancen, wenn Sie sich noch nicht einmal im Sattel halten können!“

      „Ja, aber...“, wollte Julie protestieren. „Meine Eltern!“

      Der junge Arzt winkte ab. „Ah, geh! Die brauchen doch gar nichts davon zu erfahren! Ich gebe Ihnen heimlich Reitstunden und ich

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