Wind über der Prärie. Regan Holdridge

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Wind über der Prärie - Regan Holdridge

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sich seiner mit Erdklumpen behafteten Stiefel.

      „Und dann setz dich hin und iss“, befahl Luise streng, während sie seinen Teller nahm und ihn mit der Erbsensuppe füllte.

      Nikolaus verzog das Gesicht, doch er beschwerte sich nicht, sondern tat, wie ihm befohlen und begann zu essen.

      „Hubert?“, rief Luise nach oben und horchte. „Willst du auch noch ein wenig etwas haben? Du musst bald wieder bei Kräften sein, vergiss das nicht!“ Sie wartete.

      Oben, in seinem Zimmer, richtete ihr ältester Sohn sich langsam ein wenig auf, sodass er sich auf die Ellenbogen stützen konnte. Ihm schwindelte, doch er versuchte tapfer, das Gefühl zu ignorieren.

      „Ja“, rief er leise zurück. „Aber bitte nicht zu viel!“

      Es ging nur allmählich aufwärts mit ihm, nur ganz langsam hatte sich sein Zustand in der vergangenen Woche gebessert. Er hatte fast zehn Kilo verloren, was ihn völlig abgemagert erscheinen ließ und er fühlte sich auch schwach und noch weit von seiner alten Form entfernt. Seit fast drei Wochen lag er nun hier und hatte nichts außer Pfefferminztee zu sich nehmen können, aber er lebte. Die Lungenentzündung war überstanden und nun musste er zusehen, dass er schnellstmöglich wieder zu Kräften kam. Jeden Tag konnte der Aufbruch mit einem Wagentreck gen Westen bevorstehen und er konnte nicht zulassen, dass seine Familie sich diesem nicht anschließen konnte, weil er noch nicht wieder stark genug war.

      Luise brachte ihm eine Schale mit Suppe nach oben und Hugh richtete sich vollends auf, um sich gegen die Wand, hinter dem Bett zu lehnen. Ohne Stütze sitzen konnte er noch nicht, dazu war er noch zu schwach.

      „Hardy wird nachher noch einmal vorbeischauen“, bemerkte Luise, während sie ihm die Schale und den Löffel reichte. „Geht es?“, fragte sie zärtlich und wollte ihm zur Hand gehen, doch Hugh winkte hastig ab.

      „Natürlich geht es! Keine Sorge! So weit bin ich schon wieder auf dem Damm!“

      Er wollte sich nicht bemuttern lassen, dazu fühlte er sich zu erwachsen. Außerdem glaubte er wirklich, es ginge ihm schon wieder viel besser, dank der Hilfe und hervorragenden Betreuung von Doktor Retzner. Jeden Tag sei er hier gewesen, hatte Julie ihm berichtet und immer wieder hätte er andere Medikamente ausprobiert, die er von Doktor Stankovski erhalten habe und doch hätte es alles nichts geholfen.

      Aber ich lebe ja noch, dachte Hugh erleichtert und aß langsam die heiße Suppe. Ich lebe und werde überleben und ich werde Oregon sehen und wir werden dort ein eigenes Häuschen besitzen.

      Bei dem Gedanken lächelte er vor sich hin. Die Vorstellung ließ ihn Vorfreude verspüren und er malte sich bereits aus, wie ihr Haus sein müsste, dann jedoch kam ihm ein ganz anderer Gedanke. Wie oft hatte er während dieser Fieberphasen an Suzie denken müssen, wie oft war sie vor seinem Auge erschienen und er hatte sich gefragt, ob sie wohl wusste, dass er hier lag. Sie bedeutete ihm etwas, auch wenn er kaum annehmen durfte, dass sie dasselbe für ihn empfand. Für sie war er vermutlich nichts weiter, als eine Nummer in der Liste ihrer Freier. Nur ein junger Mann, der ihr Geld dafür bezahlte, damit sie mit ihm schlief, damit er an ihr seine Triebe ausleben konnte. Er schluckte. Niemals durften seine Eltern davon erfahren, dass er – ihr ältester Sohn, christlich erzogen – bei einer Prostituierten gewesen war und das nicht nur einmal.

      Die Suppe schmeckte ihm plötzlich nicht mehr, doch Hugh zwang sich, sie hinunterzuwürgen. Den einzigen, den er dafür verantwortlich machen konnte, war er selbst. Er ganz allein trug die Schuld daran, dass es geschehen war, weil er seine Wallungen und seine Begierden nicht unter Kontrolle gehabt hatte. Am liebsten hätte er es rückgängig gemacht – und andererseits doch auch nicht. Es waren zwei herrliche, wundervolle Nächte gewesen und er war Suzie dankbar, dass sie ihm erlaubt hatte, sich an ihrem Körper zu vergnügen. Er senkte den Kopf. Irgendwann würde er ihr das sagen. Vielleicht an dem Tag, an dem sie St. Louis wieder verlassen würden, um weiter nach Westen zu ziehen.

      Die Sonne besaß trotz der frühen Tageszeit bereits eine ungewöhnliche Kraft und Wärme. Langsam schlenderte Julie neben Doktor Retzner über die Brücke des einstigen Flüsschens, das mit dem Regen der vergangenen Wochen gefüllt nun mehr an einen reißenden Strom erinnerte. Sie wollten sich ein wenig im Lager umsehen und sich um ein paar Kranke kümmern.

      „Kaum zu glauben, dass es eine solche Menge Wasser auf einmal geben kann“, meinte der Österreicher und betrachtete mit gerunzelter Stirn den rauschenden, gurgelnden Fluss, der sich unter ihnen seinen Weg durch die Erde pflügte.

      Julie musste lachen. „Wenn der Matsch erst einmal getrocknet ist und der Sommer kommt, wären die Leute bestimmt froh, wenn sie so viel Wasser hätten!“

      „Das stimmt wohl“, musste Doktor Retzner ihr recht geben. „Im August ist er höchstwahrscheinlich ausgetrocknet.“

      Eine Menschenansammlung hatte sich zwischen einigen Zelten und Wagen gebildet. Alle redeten durcheinander, einige schimpften, andere hoben hilflos die Schultern.

      „Was ist denn da los?“ Alarmiert schlug Doktor Retzner diese Richtung ein und Julie beeilte sich, ihm zu folgen. Nicht nur deshalb, weil sie neugierig war, was dort vor sich ging, sondern auch, weil es durchaus sein konnte, dass ihre Hilfe benötigt wurde. Julie fühlte sich ausgesprochen nützlich umd wichtig, seitdem sie so viel über die Pflege von Kranken gelernt hatte und mit einer verantwortungsvollen Aufgabe betraut war. Ihr war bewusst, wie enorm sie sich in den vergangenen Monaten weiterentwickelt hatte und dass sie sich fast wie eine ausgebildete Schwester fühlen durfte. Sie erblickte Miklós zwischen den Wartenden.

      „Was ist los?“, wollte sie von ihm wissen.

      Der Ungar seufzte und zuckte die Schultern. „Nichts Schlimmes. Es sein bloß so, dass bald wir werden weiterziehen. Sehr bald sogar, ich fürchte!“

      Julie und Doktor Retzner wechselten einen schnellen Blick. „Wo ist dieser Engländer, der uns hierhergebracht hat?“

      „Er wird nicht mehr weiter mit uns fahren“, erklärte der Ungar. „Er hierbleibt, aber das...“ Er deutete auf einen großen, dürren Mann, der nur wenige Meter zwischen den anderen stand. „Das ist ab jetzt unser Führer. Er nennen sich Charlie.“

      „Was?“ Doktor Retzner starrte Miklós an. „Das ist nicht dein Ernst! Und wie soll er heißen?“

      „Charlie“, wiederholte der Ungar und nickte heftig mit dem Kopf. „Und das mit großem Ernst!“

      „Charlie, schön.“ Der Österreicher seufzte. „Und weiter?“

      „Nix weiter“, erklärte Miklós. „Er nur heißen Charlie.“

      „Aha!“ Doktor Retzner verzog den Mund. „Na, von mir aus. Hauptsache, er bringt uns nach Oregon!“

      „Übermorgen, wenn die Sonne aufgeht, brechen wir auf!“, hörten sie ihren neuen Treckführer nun erklären, der sie von nun an leiten sollte. Er sprach mit verzerrtem, undeutlichem Akzent, als habe er den Mund voller Kieselsteine und mit dem selbst Julie ihre Probleme hatte. „Das heißt, ihr habt morgen noch genug Zeit, euch um eure Wagen und die Zugtiere zu kümmern! Lasst die Pferde neu beschlagen, wenn es sein muss und repariert, was repariert werden muss! Wenn wir erst auf dem Weg sind, habt ihr dazu nur noch schwer Gelegenheit!“ Er holte weit mit dem Arm aus und deutete hinter sich, nach Westen. „Dort, meine lieben Freunde, dort draußen gibt es nicht mehr viel, außer Wildnis! Ein paar einzelne Städte, ein paar Ranches und Siedlungen – mehr nicht und alle liegen über viele Meilen verstreut! Also, seht zu, dass Tiere und Wagen euch durch dieses Land bringen können! Ihr seid

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