Hinter verborgenen Pfaden. Kerstin Hornung

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Hinter verborgenen Pfaden - Kerstin Hornung Der geheime Schlüssel

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style="font-size:15px;">      Als sie jedoch um die nächste Ecke bogen, wäre Philip um ein Haar wie angewurzelt stehengeblieben, denn er erkannte schon von weitem zwei Nachbarinnen, die schwatzend vor ihrem Haus standen. Eine der beiden entdeckte sie sofort und winkte ihnen zu. Es war Edeltrud, die in der ganzen Stadt als Klatschweib bekannt war. Feodor zog Philip, dessen Herz wild in der Brust hämmerte, unnachgiebig weiter. Um sich zu beruhigen, atmete er langsam ein und aus und wieder ein und aus. Freundlich lächeln, beschäftigt tun und weitergehen, dachte er, aber seine Knie waren weich und das Lächeln, zu dem er sich zwang, tat ihm jetzt schon weh.

      »Wenn wir dort sind, lenkst du sie ab, und ich bringe den Wagen in den Schuppen«, zischte der Vater. »Lass dich nicht auf ihr Geschwätz ein.«

      Philip spürte die Hitze, die sich hinter seinen Ohren breitmachte und hoffte, dass sein Gesicht nicht wieder zu glühen anfing.

      »Ach, die Gordinian-Männer«, rief Edeltrud und sorgte somit dafür, dass jeder, ob auf der Straße oder im Haus, bescheid wusste. »Wo ist denn die Phine?«, brüllte sie ebenso laut in breiter Waldoria-Mundart. »Wir wollten sie zum Tee bei Martha abholen, wo doch morgen Sonntag ist.«

      »Grüß dich, Edeltrud«, sagte Feodor, als sie nahe genug herangekommen waren. »Phine ist nicht da. Dem Matthias seine Elvira bekommt heut ihr Kind.«

      Philip war erstaunt über die Ruhe, die sein Vater selbst in dieser Situation ausstrahlte.

      »Ach, heut schon«, murmelte Edeltrud.

      Feodor steuerte den Wagen an ihr vorbei, um ihn in den Schuppen zu schieben, da streckte sie die Hand nach der Plane aus.

      »Sag mal Feodor, ist das mein Rechen da auf deinem Wagen?«

      Philips Herzschlag setzte für zwei Takte aus. Aber sein Vater war auf Zack und schob den Wagen wie zufällig in die andere Richtung, so dass Edeltrud das Ende der Plane nicht zu fassen bekam.

      »Tut mir leid«, knurrte er. »Den hast du dermaßen verbogen, das dauert noch.« Den kurzen Moment, den sie brauchte, um sich ihrer Freundin zuzuwenden und verschwörerisch zu grinsen, nutzte er, um den Karren durch die Schuppentür zu schieben und diese hinter sich zu schließen.

      »Feodor!«, rief Edeltrud aufgebracht.

      Philip hatte nicht einmal Zeit, erleichtert durchzuatmen, als sie sich schon zu ihm umdrehte.

      »Was ist denn mit dem los?«

      »Nichts«, antwortete Philip so unschuldig wie möglich.

      »Früher hat er nie so lange gebraucht, um mein Werkzeug zu reparieren. Und dann versteckt er sich auch noch in seinem Schuppen!« Sie rüttelte an der Schuppentür. »Feodor!«

      »Er hat …« Hektisch suchte Philip nach einer Ausrede, mit der sich dieses Weib zufriedengeben würde. »Er ist krank … Fieber! Schon seit Tagen. Vermutlich ist es ansteckend.«

      Edeltrud wich einen Schritt zurück.

      »Ich muss gehen, Mutter hat gesagt, er muss ins Bett … Tut mir leid, wegen des Rechens …«, stammelte er, eilte ins Haus und drückte eiligst die Tür zu.

      Er hörte noch, wie Edeltrud zu ihrer Freundin sagte: »Das kommt davon, weil der Bub immer noch zur Schule geht. Den hätt der Feodor schon vor Jahren in die Lehre nehmen können. Stattdessen …«, dann hatte er den Riegel von innen zugeschoben und rannte durch die Hintertür hinaus und in den Schuppen.

      Im dämmrigen Licht sah er seinen Vater das Werkzeug vom Wagen heben.

      »Das ist wirklich ihr verdammter Rechen«, brummte er, ohne sich umzudrehen.

      Philip blieb andächtig vor dem Wagen stehen. Das Kind war wach und bewegte unbeholfen seine Ärmchen, gab aber keinen Ton von sich.

      »Wo legen wir sie jetzt hin?«, überlegte Feodor.

      »In meine Kammer, da haben sie Ruhe. Ich kann ja bei den Zwillingen schlafen«, schlug Philip vor. Die Aussicht mit Jaden und Jaris ein Zimmer zu teilen, war zwar nicht sehr erbaulich, aber für diese goldhaarige Fee war er zu jedem Opfer bereit.

      »Also gut, hilf mir, sie vom Wagen zu heben, dann trage ich sie rauf. Du bringst den Säugling.« Der Vater nahm das Kind von ihrem Bauch und legte es behutsam zur Seite. Sofort begann es leise zu wimmern, aber für lautere Töne schien ihm zum Glück die Kraft zu fehlen.

      Vorsichtig zogen Feodor und Philip die Fee an den Rand des Wagens. Sie öffnete kurz die Augen, als Feodor seinen Arm unter ihre Schultern schob. Ihr Kopf sank kraftlos gegen seine Brust. Philip raffte mit zitternden Händen ihr blutiges Kleid, bis der Vater den anderen Arm unter ihre Beine geschoben hatte. Er wünschte sich, er könnte dieses Wesen genauso in seinen Armen halten. Wehmütig sah er seinem Vater nach, bis er hinter der nächsten Tür verschwunden war.

      Das Kind begann zu weinen, und Philip besann sich auf seine Aufgabe. Vorsichtig hob er das winzige Geschöpf hoch. Bisher hatte er ihm wenig Beachtung geschenkt, doch als er es jetzt ansah, hörte es auf zu greinen und blickte ihm aus veilchenblauen Augen entgegen.

      Als die Zwillinge zur Welt gekommen waren, war Philip zwölf Jahre alt gewesen. Er erinnerte sich noch gut an diese Zeit. Er konnte sich aber nicht erinnern, dass sie ihn jemals so angesehen hätten.

      »Ich helfe dir.« Es war ein Versprechen. Ein Gelübde, ähnlich dem, das zur Weihe eines Kindes am Tag der Wintersonnwende in der Kirche abgelegt wurde. Und es war nicht weniger bindend. Zufrieden gähnte das Kind, und Philip folgte dem Vater die schmale Treppe hinauf.

      Dieses Feenwesen in seinem Bett zu sehen brachte Philip ein weiteres Mal vollends durcheinander. Einerseits war er froh und stolz und sehr zufrieden mit seiner Rolle als Zweitretter und edelmütiger Kavalier, der sein Schlafgemach hergab, andererseits war er verlegen und wusste nicht, ob dieses wunderschöne, edle Wesen nicht deutlich bessere Betten gewohnt war. Außerdem fürchtete er, dass er und sein Vater etwas falsch machen könnten. Etwas, was womöglich ihren Tod bedeuten würde.

      »Leg das Kind wieder auf ihren Bauch«, sagte Feodor. Philip sah den Säugling noch einmal an, und wieder begegnete ihm dieser klare, wissende Blick. Auch als das Kind auf dem Bauch seiner Mutter lag, ließ es Philips Blick nicht los.

      »Mach’s gut, Elbchen«, flüsterte er und strich ihm sanft über die Wange. Dann trat er einen Schritt zurück und überließ alles Weitere seinem Vater.

      Gemeinsam verließen sie wenig später das Zimmer. Hinter der Tür blieben sie stehen und sahen sich an. Sie hatten es geschafft. Sie hatten eine Elbin und ihr Kind, ungesehen von Passanten und adleräugigen Tratschweibern, in ihr Haus gebracht. Alle Anspannung der letzten Stunden fiel von ihnen ab. Plötzlich mussten sie lachen.

      »Und jetzt stehlen wir das Nachthemd des Königs«, witzelte Philip.

      »Aber das wird dem nackten Kind nicht passen«, gab Feodor trocken zurück und schlug Philip mit der flachen Hand anerkennend auf den Oberarm. »Lass uns auf dem Dachboden nachsehen, was von euren Hemdchen und Windeln dort noch herumliegt.«

      Der staubig stickige Geruch auf dem Dachboden begrüßte Philip und erinnerte ihn daran, dass er erst vor wenigen Stunden hier gelesen hatte. Damals erschien ihm hier alles, wie ein verborgenes Paradies, jetzt erdrückte ihn die Hitze, die sich unter den Schindeln staute.

      Zielstrebig steuerte sein Vater direkt auf

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