Hinter verborgenen Pfaden. Kerstin Hornung

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Hinter verborgenen Pfaden - Kerstin Hornung Der geheime Schlüssel

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Vater in der Hoffnung auf ein Wunder über die Schulter.

      »Da steht der Stuhl also. Erzähl bloß deiner Mutter nicht, dass wir ihn gefunden haben, sonst muss ich dieses marode Erbstück doch noch reparieren …«

      »Meine Lippen sind versiegelt.«

      Der Vater riss die nächste Schublade auf und kam, weil er auch darin nicht fündig wurde, immer näher an Philips Versteck heran. Dass seine Mutter wusste, wo er sich versteckte, war seit heute klar, aber in wenigen Minuten würde auch der Vater das Geheimnis kennen, dachte Philip wehmütig.

      Er durchstöberte gerade sämtliche Schubladen, ohne jedoch weiter auf das Deckennest zu achten.

      Philip hielt den Atem an, als er plötzlich die Schublade herauszog.

      »Pal’dor«, las der Vater laut.

      »Ich … äh …«, stammelte Philip. Aber Feodor hatte das Buch bereits zurückgelegt.

      »Das Buch solltest du lesen. Vielleicht steht etwas drin, was wir wissen müssen.«

      Etwas verdutzt schaute Philip seinen Vater an. »Lehrer Theophil hat es mir erst heute mitgegeben.«

      »Weiser Theophil! Ich glaube ja schon lange, dass er ein klein wenig in die Zukunft sehen kann.«

      Plötzlich entdeckte Philip in einer Nische etwas, das seine Aufmerksamkeit erregte. »Ich hab was«, rief er und zerrte eine verstaubte Wiege hervor.

      »Wo die ist, wird bestimmt auch der Rest sein.« Feodor begann die Schränke in der Nähe zu durchwühlen und fand bald darauf einen Leinensack, in dem viele kleine Hemdchen und Wickeltücher eingelagert waren.

      Mit reicher Beute stiegen sie die Treppe hinunter und breiteten alles auf dem Küchentisch aus. Obwohl die Sachen in einem Leinensack im Schrank aufbewahrt worden waren, war das meiste ziemlich angestaubt. Feodor kratzte sich am Kopf und begann die Kleidung zu sortieren. Als er alles hatte, was er brauchte, klemmte er es sich unter den Arm und ging nach oben. Philip konnte nicht widerstehen, seinem Vater zu folgen.

      Feodor legte erst eine Decke dann das Kind auf den Tisch, der in Philips Zimmer unter dem Fenster stand. Vorsichtig schälte er es aus den Fetzen, in die es notdürftig gewickelt war. Philip stutzte. Das kleine Elbchen sah anders aus, als seine Brüder es in dem Alter getan hatten. Es war etwas ganz Besonderes.

      Ein Mädchen!

      Ein kleines Mädchen hatte es unter diesem Dach noch nicht gegeben.

      Beim Anziehen jammerte es, und Philip fürchtete, der Vater mit den großen Händen könnte ihm wehtun.

      »Schau, sie ist wie alle Kinder, sie mag einfach nicht angezogen werden«, sagte Feodor lächelnd. »Dabei ist das gar nicht schlimm, und du wirst sehen, kleine Fee, danach fühlst du dich bestimmt viel besser«, flüsterte er, wickelte den Rest der Windel um ihren Bauch und schnürte die Bänder des Hemdchens darüber zusammen. Dann steckte er die Beinchen in etwas, das wie ein kleiner Sack aussah, und band auch diesen fest. Zum Schluss setzte er ihr noch ein winziges Mützchen auf und hob sie hoch.

      »Jetzt siehst du wie ein richtiger kleiner Mensch aus«, sagte er und legte sie zurück auf den Bauch ihrer Mutter. »Ein etwas weniger blutiges Kleid wäre für sie wahrscheinlich auch nicht schlecht, aber ich denke, damit warten wir doch lieber auf deine Mutter.« Er sah Philip mit einem Augenzwinkern an. »Allerdings müssen wir ihr Wadenwickel machen, damit das Fieber etwas nachlässt.« Er zog Philip aus dem Zimmer.

      Gemeinsam gingen sie in die Küche hinunter. Feodor bereitete die Wadenwickel vor und stieg dann noch einmal nach oben. Diesmal blieb Philip auf dem Hocker in der Küche sitzen. Um sich abzulenken, trennte er die sauberen Windeln von denen, die erst noch gewaschen werden mussten. Doch er konnte nicht umhin, sich vorzustellen, wie sein Vater der Elbin das Kleid bis zu den Knien hochschob, um die kalten Tücher anzubringen.

      »Was für ein Tag«, murmelte er.

      Der Stapel mit den sauberen Sachen war deutlich kleiner als der andere, also musste der Waschtag wohl oder übel vorgezogen werden. Philip zündete ein Feuer an und stellte den großen Wassertopf auf den Ofen, als sein Vater in die Küche kam und sich schwer auf einen Hocker sinken ließ.

      »Wir haben zwei Märchenwesen im Haus. Wie lange wird es dauern, ehe die halbe Stadt das weiß?«, fragte er.

      »Hm«, machte Philip. »Eine Geschichte dazu würde es schon geben, aber die kommt erst in die Stadt, wenn Elvira ihr Kind hat.«

      »Aha …«, sagte der Vater, »und was ist das für eine Geschichte?«

      Philip grinste. »Ich habe Elvira erzählt, deine entfernte Cousine wäre mit ihrem Kind überraschend bei uns aufgetaucht.«

      Der Vater sah ihn skeptisch an.

      »Sie hat mich ausgefragt!«, verteidigte sich Philip. »Was hätte ich ihr sonst erzählen sollen?«

      »Ich mach dir doch keine Vorwürfe. Bis deine Mutter wiederkommt, müssen wir trotzdem versuchen, unsere Gäste auch vor deinen Brüdern geheim zu halten, dann überlegen wir gemeinsam, wie es weitergeht.« Feodor kratzte sich am Kopf. »Wenn das nur gutgeht.«

      »Die Wäsche und die Wiege sollten wir in diesem Fall erst mal in das Zimmer der Elbin stellen«, meinte Philip und räumte die Sachen vom Tisch. »Weiß Ruben eigentlich, dass du in den Wald gehst?«, fragte er unvermittelt.

      »Nein!«, brummte Feodor. »Wo denkst du hin. Was ich im Wald tue, nennt sich Wildern und kann mich meinen Kopf kosten.«

      Nach der Gutenachtgeschichte für die Zwillinge ließ sich Philip auch noch von Josua dazu überreden, eine Geschichte von Thomas dem Waldläufer zu erzählen. Jacob und Johann hörten zu, obwohl sie sich erst noch über Josua lustig gemacht hatten. Alle fünf schliefen schon, als Phine erschöpft nach Hause kam. Philip setzte sich müde zu seiner Mutter an den Küchentisch.

      »Das ging doch schnell bei Elvira«, sagte er.

      »Ja …«, antwortete Phine. »Wie geht es unseren Gästen?«

      »Es ist ein Mädchen«, erwiderte Philip, und seine Mutter lachte.

      »Ich muss nach ihnen sehen. Dein Vater sagte, sie wäre am Nachmittag ein paar Stunden wach gewesen.« Damit ging sie nach oben, und Philip blieb alleine in der Küche zurück.

      Nachdem er eine Weile Löcher in die Luft gestarrt hatte, dachte er daran, sein Buch vom Speicher zu holen. Es gab sowieso keine Geheimnisse mehr, und das Wissen würde ihnen von Nutzen sein. Aber er war so erschöpft, dass er stattdessen den Kopf auf der Tischplatte ablegte.

      Er erwachte, als er die Schritte seiner Mutter auf der Treppe hörte. Schnell rieb er sich die Augen und versuchte ein Gähnen zu unterdrücken. Sein Nacken fühlte sich steif an, und auf einer Wange spürte er deutlich den Abdruck der Tischkante.

      »Wie geht es ihr?«, fragte er.

      Phine sah besorgt aus, sie wiegte den Kopf hin und her. »Sie hat Fieber, sie hat Schmerzen, und sie hat Angst«, sagte sie. »Und sie weiß gar nichts von Kindern und vom Kinderkriegen. Wenn ich sie richtig verstanden habe, ist ihr Kind, das erste Kind überhaupt, das sie aus der Nähe gesehen hat.« Die Hebamme seufzte. »Und ich weiß in dieser Hinsicht nichts von Elben … also werde ich

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