Hinter verborgenen Pfaden. Kerstin Hornung

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Hinter verborgenen Pfaden - Kerstin Hornung страница 17

Hinter verborgenen Pfaden - Kerstin Hornung Der geheime Schlüssel

Скачать книгу

mir besonders deutlich, wie wichtig es ist, dass du die Möglichkeit erhältst, dich weiter zu entwickeln. Darum haben wir beschlossen, dass du noch in diesem Sommer ins Monastirium Wilhelmus gehen sollst, um deine Studien fortzusetzen. Was denkst du?«

      Philip war sprachlos. Eines Tages im Monastirium Wilhelmus zu studieren, war ein heimlicher Traum von ihm. Ein Traum, den er nie zu Ende zu träumen wagte, denn das Studium war für all jene, die nicht als Mönch dem kirchlichen Orden beitreten wollten, sehr teuer. Wie kam seine Mutter nur ausgerechnet jetzt darauf? Hatten sie nicht genügend andere Sorgen?

      »Aber«, stammelte er. »Wie … ich meine … gerade jetzt …«

      »Ach Junge«, sagte Feodor. »Lass uns ein andermal in Ruhe darüber reden. Heute ist es spät, und morgen wird ein langer Tag. Lasst uns ins Bett gehen.«

      Phine räumte die Teetassen in den Spülstein. »Ich werde noch einmal nach Jar’jana sehen und dann versuchen, ein paar Stunden zu schlafen.«

      »Gute Nacht«, sagte Feodor und machte sich auf den Weg ins Schlafgemach.

      Philip schlich die Treppe leise nach oben. Vor seinem Zimmer, in dem jetzt die Elbin lag, blieb er stehen und lugte durch die angelehnte Zimmertür. Jar’jana lag im Bett und bewegte sich nicht. Seine Mutter saß auf der Bettkante, ihre Hand tastete nach der Stirn der Elbin. Plötzlich raschelte es und Jar’jana hob den Kopf. Ihr Haar floss wie ein Wasserfall über ihre Schulter, als sie sich auf den Ellbogen stützte und in die Wiege sah. Das viel zu weite Nachthemd, das sie jetzt trug, tat ihrer überirdischen Schönheit keinen Abbruch. Ihm wurde heiß und kalt.

      »Ihr solltet versuchen, sie anzulegen«, sagte seine Mutter leise.

      Aus großen Augen, sah Jar’jana sie an, dann huschte ihr Blick zur Tür. Philip fuhr ertappt zurück und entfernte sich eilig und mit glühenden Wangen in den Garten. Die Nacht war angenehm lau. Eine ganze Weile stand er nur still da und lauschte den Geräuschen der Nacht. Irgendwo rauften zwei Katzen. Ein Hund bellte in der Ferne, Frösche quakten im Teich. Philips Gedanken drehten sich um Jar’jana. Er malte sich aus, wie es wäre, mit ihr zu sprechen, durch ihr Haar zu streichen. Bin ich verliebt, dachte er. So etwas Dummes. Verliebt?! Das war ja wohl die aussichtsloseste Verliebtheit, die es überhaupt geben konnte. Bestimmt ist sie viel älter als ich, dachte er. Sie ist schließlich gerade Mutter geworden. Sie ist eine Elbin, und ich bin ein Mensch … Aber sie ist so schön. Er seufzte leise. Sein Vater hatte recht, diesen Tag würde er bestimmt nie vergessen, denn er war für ein Märchenwesen entbrannt, das er nicht haben konnte. Trotzdem war es wunderbar, dass es sie gab.

      Er drehte sich um und ging zurück ins Haus.

      5. Der Auftrag des Königs

      Die Burg war strategisch sehr gut angelegt, stellte Agnus fest, als er aus der Stube des königlichen Sekretärs, wo er um eine Audienz mit dem König ersucht hatte, wieder auf den Hof trat. Sie thronte hoch oben auf dem Falkenberg, der steil wie ein Finger aus der Landschaft hervorragte. Nur ein Weg führte hinauf, und das war die gewundene Straße. Das Außenwerk der Burg bildete ein übersichtliches Plateau, das mit nur wenigen Metern fester Mauer und einem gewaltigen Torhaus gesichert werden konnte, den Rest des Schutzwalls übernahm der Berg selbst. Die mittlere Mauer, ebenfalls sehr dick und wehrhaft, zog einen großen Kreis um die Vorburg. Hinter dieser Mauer fiel der Felsen auf nahezu allen Seiten senkrecht ab, nur zum Außenwerk hin senkte er sich sanft. Die Hauptburg war noch einmal durch eine Mauer und massive Tore abgegrenzt und mit einem eigenen Brunnen versehen. Ein Angriff oder eine Belagerung war nicht erfolgversprechend, da es keinen Platz gab, wo ein großes Heer herangeführt werden konnte. Agnus bezweifelte, dass vernünftige Belagerungsmaschinen auf dem Weg überhaupt heraufgeschoben werden konnten.

      Als er nun mit großen Schritten den Burghof durchquerte und sich überlegte, ob er sich mit oder ohne sein Pferd in die Stadt begeben wollte, sah er durch das innere Tor und über die mittlere Mauer hinweg, eine lange Kolonne Reiter auf der Straße heraufkommen. Die Jagdgesellschaft des Königs kehrte zurück.

      Ihr voraus ritt der König selbst. Er trieb sein schwitzendes Pferd im Galopp an Agnus vorbei bis vor seinen Wohnturm, wo er aus dem Sattel sprang und sofort wütenden Schrittes die Tür hinter sich zuwarf. Schnaubend und stampfend riss sein Pferd den Kopf hoch und versuchte, verängstigt von dem Lärm und dem Durcheinander in dem immer voller werdenden Hof, einen Ausweg für sich zu finden.

      Einigermaßen beeindruckt beobachtete Agnus das Treiben, das sich plötzlich überall um ihn herum abspielte. Vor der Tür zum Wohnturm brachte ein weiterer Reiter sein Pferd zum Stehen. Seinem Wappen nach handelte es sich um Herzog Valerian von Erdolstin, den Bruder des Königs. Agnus sah sich weiter um. Die meisten Männer trugen die Wappen der umliegenden Grafschaften auf ihren Jagdrüstungen, nur wenige kamen von weiter her.

      »Sei gegrüßt, Agnus von Wildmoortal«, sprach ihn plötzlich jemand von hinten an. Agnus fuhr herum und stand unvermittelt vor Graf Hilmar von Weiden, der, wenn man es so nennen wollte, sein Nachbar war.

      »Hilmar! … Schön dich zu sehen an diesem Ort so fern unserer Heimat.« Er hätte damit rechnen müssen, dem Grafen hier zu begegnen. Hilmar von Weiden war seit vielen Monaten von Zuhause fort, und seine Frau hatte erwähnt, dass er sich bei Hof aufhielt.

      Der Graf lachte und klopfte Agnus sichtlich erfreut auf die Schulter. »Was machst du hier? Ich nehme an, dass es nicht die Einladung zu König Levians kleinem Fest war, die dich hierhergelockt hat.«

      »Einladung zu was?«, fragte Agnus verwirrt. »Nein, eine Einladung habe ich nicht bekommen, dafür ist das Wildmoortal nicht wichtig genug …«

      »Oder du bist einfach nicht gesellig genug«, bemerkte Hilmar, der selten auf einer Feier fehlte und sich auch sonst keine Zerstreuung entgehen ließ. Sehr zum Missfallen seiner Frau. Aber Hilmar war auch hilfsbereit und weltgewandt, und Agnus schätzte die Nachbarschaft mit ihm sehr. Die Grafschaft derer von Weiden erstreckte sich von den Helmsholmhügeln über die gesamte Länge des Säbelflusses bis fast zum Engelsee und hatte mehr als die siebenfache Größe des Wildmoortals.

      »Du hast recht, ich mache mir nichts aus der feinen Gesellschaft«, erwiderte Agnus schmunzelnd.

      »Aber da du schon mal da bist, solltest du heute Abend auf jeden Fall dabei sein.« Ein nachdenklicher Zug beschattete die Miene des Grafen.

      »Ach, ich weiß nicht«, wehrte Agnus ab. »Für eine dermaßen edle Veranstaltung habe ich kein Gewand in meinem Reisegepäck.« Eigentlich hatte er vorgehabt, sich heute Abend in Waldoria ein gemütliches Wirtshaus zu suchen und der Gerüchteküche der Städter zu lauschen.

      »Das ist keine Ausrede. Meine Truhe ist bis zum Rand voll, da wird sich bestimmt etwas für dich finden. Sei für heute mein Gast. Wo übernachtest du?«

      »Mir wurde da ein Gasthaus in der Stadt …«

      »Agnus, als Mann deines Standes, wirst du selbstverständlich nicht irgendwo in der Stadt schlafen. Ich nehme an, du bist in einer sehr wichtigen Angelegenheit unterwegs. Darum gehen wir jetzt sofort zum Verwalter. Im Gästehaus des Königs ist zwar einiges los, aber ein Zimmer für dich wird sich bestimmt noch finden. Es wäre doch gelacht, wenn der Baron von Wildmoortal in einer Spelunke haust, während er auf eine Audienz beim König wartet.«

      Widerspruch war zwecklos, so viel war klar. Wenn sich Hilmar von Weiden erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann ließ er nicht locker, bis er sein Ziel erreicht hatte. Die Aussicht, dass Agnus im Gästehaus des Königs schlafen sollte, um dann auch noch den Abend mit all den Hochwohlgeborenen zu verbringen, behagte ihm überhaupt

Скачать книгу