Hinter verborgenen Pfaden. Kerstin Hornung

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Hinter verborgenen Pfaden - Kerstin Hornung Der geheime Schlüssel

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dieser Hinsicht? Gab es denn eine Hinsicht, in der seine Mutter etwas über Elben wusste?

      »Ich habe ein Buch, aber ich habe noch nicht viel darin gelesen …«, sagte er, dann fiel ihm etwas ein. »Das Elbenkind, Mutter, es hat mich direkt angesehen …«

      »Lume’tai«, sagte Phine. »Die Kleine heißt Lume’tai, das heißt Sternenglanz oder Sternenstrahl, hat sie mir gesagt. Du hast recht, sie ist ein besonderes Kind, kein Menschenkind kann einen so ansehen, schon gar nicht, wenn es noch so jung ist.«

      Philip wagte nicht zu fragen, wie die Elbin hieß, denn er fürchtete, rot zu werden. Deshalb nickte er nur und sagte gar nichts. Seine Mutter holte die Teekanne vom Herd und brachte sie auf den Tisch. Sie stellte drei Tassen dazu und setzte sich.

      »Wir müssen darüber reden, wie es weitergeht«, sagte sie.

      Wie aufs Stichwort trat Feodor in die Küche.

      »Ich habe schon gehört, dass ihr euch fürs Erste etwas ausgedacht habt«, begann Phine. »Aber was meint ihr, wie lange wir es schaffen, diese Lügen aufrechtzuerhalten?«

      Lügen … , dachte Philip empört. Das klang ja gerade so, als hätte er irgendeine Wahl gehabt, etwas anders zu erzählen.

      »Wenn sie gesund ist, geht sie sowieso wieder weg«, brummte er beleidigt. »So lange sollten meine Lügen Bestand haben.«

      »Erzähl mir noch mal, was du Elvira erzählt hast«, forderte die Mutter ihn auf, ohne auf seinen beleidigten Ton einzugehen. Der Vater nickte ihm aufmunternd zu. Philip verzog das Gesicht und schilderte dann, wie Elvira ihn ausgefragt hatte und von der Geschichte, die er ihr aufgetischt hatte, in der die Base und ihr Mann unterwegs überfallen worden waren. Weil er den zweifelnden Blick seiner Mutter bemerkte, schmückte der die Geschichte noch weiter aus. In der Wolfsschlucht südlich von Waldoria hatten Diebe das junge Paar überrascht. Er war bei dem Versuch, seine hochschwangere Frau zu verteidigen, in der Schlucht abgestürzt, aber ihr war die Flucht geglückt. Durch den Schock und die Anstrengung war das Kind zu früh zur Welt gekommen, und die Base hatte es gerade noch so bis Waldoria geschafft.

      »Hast du schon mal daran gedacht, dich als Geschichtenerzähler bei Hof vorzustellen?« Feodor lachte und handelte sich damit einen tadelnden Blick von seiner Frau ein.

      »Wir können nicht endlos Geschichten erfinden, irgendwann finden wir uns in unserem eigenen Lügengarten nicht mehr zurecht.«

      »Aber wir können auch nicht sagen, dass ich beim Wildern auf der Flucht vor den Jägern des Königs zu weit in den Wald gelaufen bin und da eine blutende Elbin und ihr neugeborenes Kind gefunden habe«, brauste Feodor auf. »Mal abgesehen davon, dass wir mit einem solchen Fund die ganze Stadt in Aufruhr versetzen würden«, fügte er ruhiger hinzu.

      Philip staunte über seinen sonst so besonnenen Vater.

      »Also gut«, lenkte Phine ein. »Es bleibt uns sowieso nichts anders übrig, als bei Philips Geschichte zu bleiben, denn es gibt nichts, worüber man besser tratschen kann als über Widersprüche.«

      »Wenn’s nur Elvira wäre«, seufzte Feodor. »Aber wir haben beim Nachhausekommen auch noch Edeltrud getroffen.«

      »Was hast du der erzählt?«, rief Phine und musterte Philip streng.

      »Er hat ihr nur gesagt, dass ich krank bin«, sprang der Vater ein. »Das hatte ich Ruben bereits erzählt.«

      »Ja, und wo ist dann das Problem?«

      »Sie hat nur uns beide gesehen. Keine Frau, kein Kind«, erläuterte Philip. »Daran wird sie sich erinnern, wenn …«

      Seine Mutter winkte ab. »Wenn’s nur darum geht, dann erzählen wir, dass ich deines Vaters Base vorhin mitgebracht habe.«

      »Ach …«, spöttelte Feodor.

      Philip grinste.

      Josephine warf beiden einen vernichtenden Blick zu, schmunzelte dann aber auch. »Wissen die Buben etwa schon …«

      »Nein.«

      »Dann ist ja gut. Jetzt müssen wir uns nur noch gegenseitig unseren Tagesverlauf erläutern, damit wir uns nicht in Widersprüche verwickeln und damit wir die Realität nicht gänzlich aus den Augen zu verlieren«, sagte Phine. »Zuallererst würde ich gerne wissen, wo du sie gefunden hast.«

      »Jar’jana?«, fragte Feodor.

      Jar’jana, rauschte es in Philips Ohren. Der Name klang eigenartig und fremd, gleichzeitig lieblich wie Musik. Sein Herz schlug schneller, als er an ihr bleiches Gesicht dachte. Bei dem Gedanken an ihren schmalen Körper und das blutverschmierte Kleid krampfte sich sein Magen zusammen.

      Es dauerte eine Weile, bis er merkte, dass der Vater bereits zu erzählen begonnen hatte.

      »… Morgengrauen, da hatte ich auf der Lichtung einen jungen Rehbock im Visier, als der plötzlich von einem fremden Pfeil getroffen, vorne einknickte. Eine Weile geschah nichts, dann brachen einige Reiter aus den Büschen und jagten das verletzte Tier, aber keiner gab den tödlichen Schuss ab. Die Reiter gehörten zu einer königlichen Jagdgesellschaft. Der König selbst ritt mit.« Die Mutter zog scharf die Luft ein, aber der Vater redete weiter. »Die ganze Jagdgesellschaft preschte dem Bock hinterher in den Wald. Mir war klar, dass ich so schnell wie möglich verschwinden musste, als in der Ferne plötzlich ein Horn erschallte. Augenblicklich donnerten die Reiter wieder über die Lichtung zurück und entfernten sich nach Norden.«

      Phine gab einen erstickten Laut von sich.

      Feodor lächelte sie besänftigend an. »Als sie an meinem Versteck vorbei waren«, fuhr er fort, »habe ich mir meinen Wagen geschnappt, aber auf direktem Weg zurück konnte ich jetzt nicht, also bin ich erstmal tiefer in den Wald hineingelaufen.«

      Philip beugte sich vor und lauschte gespannt.

      »Ich war bereits weiter vorgedrungen, als jemals zuvor. Die Bäume wurden größer und es gab keinen Busch mehr, in dem ich mich hätte verstecken können, als ich plötzlich ein Kind weinen hörte.« Feodor machte eine kurze Pause, um einen Schluck von seinem Tee zu trinken. »Ich bin dem Geräusch gefolgt, und da lagen sie. Jar’janas Atem ging so flach, dass ich im ersten Moment glaubte, sie wäre tot. Aber als ich sie auf den Wagen heben wollte, wachte sie auf. Sie wehrte sich so lange, bis sie wieder das Bewusstsein verlor. Mit einem weiten Hacken nach Süden habe ich mich dann zurück zur Stadt durchgeschlagen. Es hat fünf Stunden gedauert, bis ich in der Schmiede war …« Erschöpft strich sich Feodor über die Augen. »Den Rest der Geschichte kennt ihr ja.«

      »So weit im Wald bist du gewesen?« Phines Stimme klang besorgt und vorwurfsvoll.

      Feodor zuckte mit den Schultern. »Der Wald … ich weiß auch nicht, wie ich es beschreiben soll. Er war freundlich zu mir. Vielleicht ist er doch nicht so wild und gefährlich, wie wir alle hier glauben.« Er lächelte sie zärtlich an.

      Phine nahm seine Hand und presste sie an ihre Lippen. Philip sah verschämt zur Seite. Was für ein verwirrender Tag.

      »Philip! Der heutige Tag war für uns alle eine Herausforderung. Du warst mir und deinem Vater eine große Hilfe. Danke«, sagte seine Mutter milde.

      Er wehrte ab, freute sich aber trotzdem über das Lob. »Andere machen eine Lehre oder verdienen Geld, während …« Weiter kam er nicht, denn Phine

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