Der Ruf des Kojoten. Regan Holdridge

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Der Ruf des Kojoten - Regan Holdridge

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      Und während ich das Paar Tom McCullough und Wind Chaser dabei beobachtete, wie sie miteinander über den Reitplatz tanzten, wurde mir mit einem Schlag der Unterschied bewusst zwischen dem, was in meiner Heimat unter Westernreiten betrieben wurde und dem, was es tatsächlich war. Diese Vollendung zwischen Pferd und Mensch, die konnte niemand erreichen, der lediglich nach Schleifchen und Pokalen strebte, der nicht bereit war, ebenso viel von sich selbst in die Arbeit einzubringen, als er von seinem Pferd erwartete. Das hier, das war das Werk von eiserner Selbstdisziplin und dem Willen, sich über Jahre und vielleicht sogar Jahrzehnte hinweg von den besten Lehrern unterrichten zu lassen, Rückschläge und Kritik immer wieder stoisch zu ertragen, sie als Förderung und nicht als Beleidigung des eigenen Egos anzunehmen.

      All das schoss mir durch den Kopf, während meine Augen geradezu hypnotisiert dem Schauspiel folgten, das sich wenige Meter vor mir abspielte. Es gab nicht viele Reiter, die zu solchen Höhenflügen in der Lage waren. Die meisten von ihnen scheiterten irgendwann an ihrer eigenen Eitelkeit. Tom McCullough jedoch war anders, das hatte ich vom ersten Moment an gespürt.

      Deshalb war ich Zuhause nie in einen Reitverein oder sonst etwas in dieser Richtung eingetreten: Weil ich diese Einheit zwischen Tier und Mensch dort immer vergeblich gesucht hatte, wohin ich auch schaute und ich war, bei Gott, viel in meinem Land herumgekommen! Die Suche nach Harmonie war erfolglos verlaufen. Ich hatte nichts von dem gefunden, wonach ich strebte und jetzt, so weit fort von Zuhause, von dem gewohnten Reitstall mit seinem Lärm, den engen, miefigen Boxen und der großen Reithalle, in der Pferde mit Sporen traktiert und mit Gerten gefügig gemacht wurden, fand ich in der Wildnis von Amerika einen Mann, der so individuell war wie dieses Land selbst und der die Kunst beherrschte, sein Pferd nicht zum Sklaven, sondern zum Partner zu machen. Oh, könnte er mir doch nur beibringen, ebenso zu reiten!

      Obwohl ich mich minutenlang nicht bewegt hatte und meine Arme lahm geworden waren vom Gewicht des vollen Schubkarrens, bemerkte er mich schließlich. Er parierte den schwarzen Hengst zum Schritt durch und ritt zu mir hinüber an den Zaun. Eines dieser Lächeln, die wohl keiner zu deuten vermochte, spielte um seine Lippen: War es Sarkasmus, Spott oder tatsächlich Höflichkeit? Ich traute mir nicht zu, es zu beurteilen als er seinen Hut aus der Stirn schob und sich lässig auf das Horn seines Sattels lehnte.

      „Na?“ Nur das, mehr nicht.

      „Das war wundervoll“, erwiderte ich nach kurzem Zögern. „Das war mit Abstand das Beste, was ich seit langem gesehen habe.“

      Das Lächeln um seine Lippen wurde breiter, die Fältchen um seine Augenwinkel vertieften sich. „Danke.“

      Wieder – nur das, keine Silbe mehr. Er ließ den Hengst herumtreten und lenkte ihn in Richtung Tor. Dort stieg er ab, lockerte den Sattelgurt und führte das Pferd hinüber zum Stall, wo beide gleich darauf hinter dem Eck des Gebäudes verschwunden waren.

      Heuballen aufschneiden und die Lagen aufzuschütteln, es vor den einzelnen Pferdeboxen für die Abendfütterung bereitzulegen, all das gehörte zu meinen Aufgaben, die ich bis Mittag zu erledigen hatte. Danach half ich weiterhin im Haushalt oder im Garten, putzte Fenster oder reparierte nach einem Gewitter einmal das Dach meines Bunkhouses.

      Das Hinaufklettern an der langen, senkrechten Leiter zum Heuboden machte mir nichts aus. Ich mochte den Geruch des getrockneten Grases und den Staub der aufstieg, wenn ich mit der Gabel hineinstach und es auseinanderzuschütteln begann. Dann versprühte es noch mehr seines einzigartigen Geruchs, den ich tief in mir aufsog.

      ‚Eigentlich‘, dachte ich an diesem regnerischen Vormittag, als ich wieder dort oben stand und meiner Arbeit nachging, ‚wäre ich nicht hier, wenn alles anders gekommen wäre, aber so… Manche Wendungen im Leben haben vielleicht doch ihren Sinn.‘

      Einen langen Moment dachte ich darüber nach, dann musste ich mich korrigieren. Nein, nicht die Wendungen waren es gewesen, sondern meine eigenen Entscheidungen. Ich hatte für mich gewählt, was in meinem Leben Priorität hatte – das Schreiben und meine Freiheit. Ich konnte zu viel Nähe zu Menschen noch nie ertragen, ich brauchte schon immer meinen Freiraum wie die Luft zum Atmen.

      ‚Wahrscheinlich bin ich auch ein Einzelgänger oder zumindest bin ich einer geworden‘, dachte ich und musste lächeln. Die Vorstellung störte mich nicht. Menschenaufläufe in Diskotheken oder Bars waren mir von jeher zuwider gewesen. Als Teenager hatte ich eine Zeit lang versucht, mich zu ändern, mich meinen Mitschülerinnen anzupassen und Spaß daran zu finden, mir die Nächte in vollen Kneipen um die Ohren zu schlagen, bei Alkohol, Zigaretten und lauter Musik, bei unsinnigem Geplänkel und der schier unerträglichen Müdigkeit, die mich spätestens um Mitternacht überfiel. Eine Weile hatte ich das mitgemacht und geglaubt, mich selbst so stark verändern zu können, dass mir diese Art des menschlichen Zusammenseins eines Tages gefallen könnte. Aber schon bald war es mir auf die Nerven gegangen und ich hatte aufgehört, mich wie die anderen zu benehmen oder so sein zu wollen wie sie. Es ging nicht, ganz einfach. Ich war einfach anders als der Großteil meiner Mitmenschen, dass es mir schlicht unmöglich war, mich ihnen anzupassen und daran auch noch Gefallen zu finden. Die einzige Befriedigung, die ich wirklich fand, bestand darin, alleine mit einem Pferd im Gelände zu reiten oder mit einem der Hunde aus dem Tierheim Gassi zu gehen – auch alleine. Da konnte ich meine Batterien wieder laden, mich erholen und nachdenken. Es war nicht, dass ich dann nicht auch gerne mit meinen Arbeitskollegen gescherzt und gelacht hätte oder mit ihnen mittags auf einen Kaffee gegangen wäre – das war etwas anderes. Aber abendelang sinnlos in Diskotheken herumhängen? Nein, danke, davon hatte ich mich schon vor Vollendung meines achtzehnten Lebensjahres verabschiedet. Das war eine andere Welt, in die ich nicht hineingehörte. Meine Welt war die meiner Fantasie, die meiner Romane. Sie hatten immer oberste Priorität. Arbeit zu haben war nötig, um Geld zu verdienen und zu überleben, mehr nicht. Jede freie Minute galt meinen Passionen und der Rest war eben notwendiges Übel.

      Irgendwann ging unten die eine Seite des großen, quietschenden Scheunentors auf und eine Gestalt in langem Regenmantel betrat das Gebäude. Sie schüttelte sich und die Tropfen spritzten nach allen Seiten.

      „Hey!“, rief Tom nach oben und befreite sich von dem nassen Umhang und dem Hut. „Wenn du fertig bist, kannst du mir helfen, die Pferde von der Koppel rein treiben! Es wird ziemlich matschig draußen und es ist besser, wir holen sie!“

      Ich beugte mich über den Rand des Zwischenbodens, auf dem das Heu lagerte, um hinabzusehen. Dieser reichte bis etwa zur Mitte der Scheune, bevor er abrupt endete. „Ich bin gleich fertig!“

      Tom verzog den Mund. „Ich komm rauf und helf’ dir, dann geht’s schneller.“

      „Nein!“ Mein wütender Aufschrei ließ ihn an der untersten Sprosse der Leiter innehalten. „Ich kann das sehr gut alleine und ich sagte, ich bin gleich fertig!“

      Eine Sekunde starrte er mich mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Erstaunen an. „Was?!“

      „Ich sagte“, wiederholte ich, jedes Wort betonend, „dass ich keine Hilfe brauche! Ich bin vielleicht eine Frau, aber ich bin kein Schwächling! Ich kann das sehr gut alleine!“

      Das typische, leicht spöttische Lächeln bildete sich auf seinem regenfeuchten, gutaussehenden Gesicht.

      „Dass du keine richtige Frau bist im Sinne, was man normalerweise darunter versteht, habe ich inzwischen begriffen. Tut mir leid, wenn ich so offen bin.“

      „Lieber geradeheraus, als auf einer Schleimspur durch’s Leben schlittern.“ Ich warf eine Gabel Heu neben ihm hinab auf den Boden der Scheune.

      „Na ja, nimm’s mir nicht übel! Du entsprichst nicht ganz meiner Vorstellung von dem, was eine Frau normalerweise ausmacht!“

      „Das

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