Der Ruf des Kojoten. Regan Holdridge
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Randy schmunzelte vielsagend und wandte sich wieder der schlanken Brünetten in dem grünen Kleid zu. Sie schaute Stacy ein wenig enttäuscht hinterdrein, als dieser sie jetzt stehenließ und sich zwischen den umherstehenden Männern in Richtung Ausgang drängte.
„Dein Freund sieht unverschämt gut aus“, bemerkte sie unverhohlen und starrte ihm bewundernd nach.
„Kann sein“, entgegnete Randy und fasste mit seinen langen, dünnen Musikerfingern sacht ihr Kinn, sodass sie ihn ansehen musste. „Aber dafür hängen an ihm ja auch alle Mädchen dieser Stadt wie Kletten. Mich dagegen hast du ganz für dich allein!“
Das kleine, billige Zimmer im ersten Stock des Hotels lag am Ende des Flurs neben der Rumpelkammer. Es besaß nur das eine Fenster, durch das die Straßenlaterne ihr Licht warf. Molly war Stammgast in diesem Raum; der Hotelportier kannte sie und hielt es für sie frei, wann immer er konnte. Sie erschien hier fast täglich in wechselnder Männergesellschaft, mit der sie sich ihren Lebensunterhalt finanzierte.
Stacy wusste das, doch es störte ihn nicht im Geringsten. Er liebte diese Frau in keinster Weise, er genoss lediglich ihre Leidenschaft und ihre Erfahrung. Von anderen Männern, auch das wusste er, ließ sie sich ihre Dienste bezahlen – von ihm nahm sie niemals Geld, hatte es auch noch nie getan, obwohl er es ihr hin und wieder anbot. Sie begnügte sich immer mit ein paar Drinks oder einer Einladung zum Abendessen.
Sie war es, die dem jungen, makellosen Körper des schönen Rancherssohnes verfallen war. Der Anblick seiner nackten Männlichkeit genügte, um sie ihre Einnahmequelle vergessen zu lassen. Sie war stolz darauf, ihn verführen zu dürfen, weil sie wusste, dass es sonst in seinem Leben derzeit kein Mädchen gab. Ab und an ein kleines Techtelmechtel ohne Folgen, nichts Ernsthaftes und nur deshalb, weil es ihm Vergnügen bereitete, seine Reize am anderen Geschlecht auszuloten. Molly hielt ihn durchaus nicht für oberflächlich, denn sie kannte sich mit Männern wie Stacy McCullough aus. Irgendwann, wenn sie sich die Hörner abgestoßen hatten und das richtige Mädchen trafen, heirateten sie ja doch alle. Jetzt wollte er noch frei und unabhängig sein, seinem strengen Vater die Stirn bieten und rebellieren, einfach bloß deswegen, weil es ihm Spaß machte und er sich dabei bestätigt fühlte.
Was sie nicht ahnte, waren Stacys innere Kämpfe, dieses Verlangen irgendwie zu kontrollieren, das ihn dazu zwang, sich von den anderen zu unterscheiden, sich abzuheben und nicht angepasst zu sein, wie die Gesellschaft es von ihm erwartete. Diese Art von Rebellion lag ihm im Blut und er konnte sie nicht besiegen, denn es waren dieselben Eigenschaften, die Harold zu seinen vielen Einsätzen für andere trieb. Sie erkannten nur nicht, wie ähnlich sie sich im Grunde genommen waren und dass diese innere Verknüpfung, die sich lediglich unterschiedlich äußerte, zu ihren ständigen Differenzen führte.
„Würdest du nicht aussehen wie der griechische Gott der Schönheit“, sagte Molly einmal, „würde ich dich überhaupt nicht mit hier heraufnehmen, Jungchen. Bist ja noch grün hinter den Ohren!“
Als Stacy das Hotelzimmer nach zwei Stunden ein wenig erschöpft, aber überaus befriedigt wieder verließ und auf den Bürgersteig vor dem Gebäude trat, bemerkte er nicht, dass jemand im selben Moment seinen scharfen Blick auf ihn richtete. Er zündete sich einen Zigarillo an und blies den Rauch gegen den sternenklaren, dunklen Nachthimmel. Die Stunden mit Molly, die er mit ihr verbrachte, zählten zu den intensivsten, die er je kennengelernt hatte. Es war nicht nur deshalb, weil sie die bisher einzige Prostituierte war, mit der er schlief, sondern ihr Verständnis. Sie kannte diese Sehnsucht nach Streit und Provokation, die immer unter seiner scheinbar attraktiven, gefälligen Oberfläche brodelte – und sie verstand. Er brauchte sich ihr gegenüber nicht zu rechtfertigen und seine Aktionen zu verteidigen, wie er es Zuhause stets tun musste.
Zufrieden lächelnd schlug Stacy den Weg zurück zur West Side Bar ein, um nach Randy und seiner Begleiterin zu schauen. Er wollte sehen, was sein Kumpel so anstellte, ob er ihn wieder völlig betrunken zu Hause abliefern musste oder ob diese Brünette – wie hieß sie doch gleich? – einen guten Einfluss auf ihn hatte.
„Hey! McCullough!“ Eine Gestalt trat aus dem Schatten eines Gebäudes in das Licht der Straßenlaterne. Stacy erkannte ihn sofort an seinem hünenhaften, massigen Körperbau. Er seufzte. Im Augenblick besaß er wirklich keinen Nerv, sich mit ihm herumzuärgern. Sie gerieten regelmäßig aneinander, nicht nur an den Samstagabenden.
„Was denn?!“ Stacys Zigarillo fiel auf den Asphalt der Straße, qualmte dort vor sich hin. Er trat ihn mit dem Absatz seines Stiefels aus.
„Das weißt du ganz genau!“ Der andere junge Mann baute sich vor ihm auf, die Arme herausfordernd in die Hüften gestemmt.
„Hör zu“, wehrte Stacy genervt ab. Es juckte ihm in den Fingern, diesem Großmaul endlich eine Lektion zu erteilen. Doch er hatte seinem Vater und Byron versprochen, sich zusammenzureißen und anständig zu benehmen und er wollte es diesmal wirklich tun. „Was auch immer es ist: Lass uns das anderes mal klären, okay?“
„Ein anderes mal? Ach ja?!“ Seine Pratze stieß Stacy vor die Brust, er taumelte drei Schritte zurück, noch immer nicht bereit, sich auf einen Kampf einzulassen. Vermutlich würde er ohnehin den Kürzeren ziehen. Mit Tyrone Clifton war nicht zu scherzen. Als Sohn des ansässigen Schmieds und mit seinem Vater das Geschäft führend, besaß er nicht nur ein hitziges Temperament, sondern auch enorme Kräfte, die ihm einigen Respekt bei den hiesigen Männern eingebracht hatte. Außerdem überragte er Stacy um fast einen Kopf, was die Angelegenheit nicht unbedingt vereinfachte. Stacy selbst war noch nie Zeuge einer Schlägerei geworden, bei der Tyrone sämtliche Teilnehmer entweder vertrieben oder ohnmächtig geprügelt hatte. Er kannte die Geschichten nur vom Hörensagen, doch jetzt, als die beiden Fäuste ihn am Kragen packten und gegen den Stützpfosten eines Vordachs pressten, war er gewillt, diesen durchaus Glauben zu schenken. Er schnappte nach Luft, der harte Griff raubte ihm den Atem. Gut, es ging nicht anders. Sein Stolz verbot es ihm, ohne Gegenwehr eine solche Behandlung zu dulden.
„Lass mich los!“
„Das denkst du dir, Freundchen, häh?!“ Tyrones whiskeygeschwängerter Atem schlug ihm ins Gesicht. „Nach allem, was du mir angetan hast, du verdammter Scheißkerl?!“
Stacy verstand noch immer kein Wort. Wusste der Henker, um was es sich handelte, das Tyrone hatte so wütend auf ihn werden lassen. Jedenfalls wollte er jetzt wieder weiter und den restlichen Abend genießen oder besser gesagt, noch ein wenig Zeit mit anderen Mädchen verbringen. Er ballte seine Hände und schlug blind zu, denn er konnte in der schlecht beleuchteten Straße nur erahnen, wo sich das Gesicht seines Gegenübers befinden musste. Tyrone schrie auf, sein Griff lockerte sich. Stacy spürte kaum den stechenden Schmerz in seiner Hand, er versetzte dem Schmied einen weiteren Kinnhaken. Tyrone fiel rücklings auf den Asphalt der zum Glück unbefahrenen Straße. Sein lauter Aufschrei lockte Neugierige aus den nahe gelegenen Kneipen, die sich um sie versammelten. Keiner machte Anstalten sich einzumischen. Alle beobachteten sie das Geschehen, tuschelten oder kicherten.
Tyrone rappelte sich auf und obwohl Stacy damit gerechnet hatte, konnte er dem zornigen Mann nichts entgegensetzen. Sie flogen beide hart und schmerzhaft auf den asphaltierten Bürgersteig und im nächsten Moment wurde er wieder nach oben gerissen. Der Würgegriff drückte ihm die Luft ab, er kam nicht frei.
„Du verdammter Hurensohn!“, gellte die Stimme in sein Ohr. „Du hast nicht das Recht, sie mir wegzunehmen! Ich liebe sie! Ich! Ich! Ich ganz allein!“
Endlich