Der Ruf des Kojoten. Regan Holdridge

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Der Ruf des Kojoten - Regan Holdridge

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      Myrtles Stimme riss mich abrupt und brutal aus den Träumereien, die mich die Realität völlig hatten vergessen lassen. „Ja“, hörte ich mich auf Deutsch erwidern und lächelte. „Es ist wirklich schön hier. Genauso, wie ich es mir vorgestellt habe.“

      „Komm, ich führ’ dich herum! Du hast ja keine Ahnung von einer Ranch!“

      Ich musste beinahe laut auflachen. Oh, ich konnte mir sehr wohl einige Details ins Gedächtnis rufen und außerdem ließen unzählige Werke englischer Literatur über den historischen Wilden Westen die Bretter meiner Bücherregale beinahe durchbrechen.

      Myrtle erklärte und erzählte, lief mir voraus und deutete mal hierhin und mal dorthin. Schräg hinter dem Wohnhaus, zwischen einigen Büschen, parkte ein fast vollständig verrosteter Wagen, der auch schon bessere Zeiten gesehen hatte. Auf meine Frage, warum dieser hier immer noch herumstand, anstatt auf den Schrottplatz umzuziehen, zuckte Myrtle gleichgültig die Achseln.

      „Die Leute hier sehen das etwas anders als bei euch in Deutschland, weißt du? Hier werden die Autos halt in den Garten gestellt, bis sie sich von selbst aufgelöst haben.“

      „Aber das dauert ja Ewigkeiten! Das erlebt ja keiner!“

      „In der Regel nicht, nein“, erwiderte meine Freundin trocken. „Aber das macht ja nichts. Wir hatten auch jahrelang so ein Ding hinter dem Haus stehen, bis ich zu meinem damaligen Mann sagte, dass er sich jetzt entscheiden muss: Entweder die Schrottkarre kommt weg oder ich ziehe aus!“

      Wir wanderten umher, an Pferdekoppeln und Zäunen entlang, um die verschiedenen Gebäude der Ranch herum und schließlich zurück in den Innenhof. Myrtle schien sehr zufrieden, mir so viel Neues zeigen und berichten zu können. Ich wollte eigentlich noch viel mehr wissen, aber fürs Erste reichte das, was ich erfahren hatte, um wieder mehrere Seiten meines Notizbuches zu füllen.

      „Wir können ja in ein paar Tagen mal zusammen hinausreiten und die Wildpferdeherden suchen“, schlug sie, wie beiläufig, vor und zwinkerte mir zu. „Sobald du dich hier ein bisschen eingelebt hast!“

      Sie kam häufig hierher, um sich ein Pferd zu leihen und damit durch die Gegend zu reiten, meistens mit irgendeiner ihrer Freundinnen. Auch deshalb war es überhaupt möglich gewesen, mich für eine solch lange Zeit von mehreren Wochen hier unterzubringen. Als Dank und anstelle einer Bezahlung sollte ich dafür im Haushalt und bei allen Arbeiten rund um die Ranch helfen.

      Das leise, allmählich näher kommende Klopfen von Pferdehufen, die im Takt des Galopps über die trockene Erde stampften, ließ mich den Kopf zur anderen Seite wenden. Den schmalen Feldweg entlang, der zwischen Wohnhaus und der ersten Koppel hinausführte in die Ebene, kam ein einzelner Reiter auf einem pechschwarzen Pferd daher. Es war viel größer als die anderen, die ich bisher auf der Ranch entdeckt hatte. Es trug seinen schlanken Hals hoch aufgerichtet und sein prächtiger Schweif schwebte hinter ihm her, sodass die seidenen Haare bei jedem Galoppsprung wippten. Mein Herzschlag setzte einen Moment aus.

      Niemals, solange ich lebe, werde ich den Anblick des Hengstes und des Mannes vergessen, wie sie gemeinsam, als könnte nichts sie trennen, ruhig und harmonisch den Weg entlang galoppierten. Er saß sicher im Sattel, als hätte er nie etwas anderes getan, immer in der Bewegung des Pferdes, die Zügel locker herabhängend, den Hengst scheinbar mit unsichtbaren Hilfen dirigierend. Über seinen Hosen trug er die typischen, ledernen Chaps mit Fransen an den Seiten, wie Cowboys sie häufig zu tragen pflegen und sein Gesicht wurde von der Krempe seines tief ins Gesicht gezogenen, schwarzen Hutes verdeckt.

      Als er näher kam, zügelte er sein Pferd mühelos und ließ es auf uns in ruhigem Schritt zukommen. Noch immer war ich völlig eingenommen von der Erscheinung – mein Kindheitstraum vom schwarzen Hengst stand mit einem Schlag leibhaftig vor mir. Der Mann tippte mit zwei Fingern an die Krempe seines Hutes und lächelte, als er Myrtle erkannte.

      „Grüß dich! Ich fürchte, du bist umsonst gekommen!“

      „Randy hat mich schon informiert, dass alle ausgeflogen sind!“ Myrtle lachte und hielt sich die Hand über die Augen, zum Schutz gegen die blendende Sonne.

      „Apropos – wo steckt der überhaupt?“ Suchend schaute der Reiter sich um.

      „Er wollte ein paar Pferde beschlagen“, erinnerte sich Myrtle und deutete auf mich, die regungslos zwei Schritte hinter ihr verharrte. „Das ist übrigens meine Freundin aus Deutschland, die die nächsten Wochen bei euch bleibt.“

      „Ah, richtig! Die bei uns lernen soll, was es heißt, anständige Arbeit zu verrichten!“ Ein breites, amüsiertes Grinsen breitete sich auf dem braungebrannten Gesicht aus. „Das kann noch spannend werden!“

      Ich spürte, wie mein Temperament in mir aufflammte, ungehalten und wie so häufig auch unkontrollierbar. Anständige Arbeit verrichten! Aha! Der gnädige Herr glaubte wohl, irgendso ein Püppchen vor sich zu haben!

      „Danke!“, knirschte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. Was für eine Unverschämtheit, mich gleich mit dem ersten Satz so zu provozieren! „Es ist allerdings sehr spannend für mich! Seitdem ich hier bin, entdecke ich ständig etwas Neues!“

      „Das musst du mir bei Gelegenheit näher erläutern!“ Er trieb seinen schwarzen Hengst wieder an. „Leider habe ich jetzt überhaupt keine Zeit! Entschuldigt mich, aber ich hab’ noch eine Menge zu tun!“

      „Oh, warte bitte einen Moment!“ Myrtle eilte ihm hinterher, sodass er sich schon fast gezwungen sah, erneut durchzuparieren. Ein wenig genervt schaute er auf meine Freundin hinab. „Nachdem gerade sonst niemand hier ist, um ihr zu zeigen, wo sie wohnen wird und so weiter...nun ja, dein Bruder ist ja beschäftigt und deshalb...“

      „Deshalb dachtest du“, fiel der Rancher ihr ahnungsvoll ins Wort, „dass ich das ja erledigen könnte.“

      „Ja, genau! Und dann kannst du ihr ja auch gleich zeigen, wo sie loslegen soll.“

      Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, hätte er Myrtle am liebsten erzählt, dass sie sich zum Teufel scheren solle. Doch stattdessen riss er sich, ganz Gentleman, zusammen und brachte sogar eine Art Lächeln zustande, als er erwiderte: „Das mit der Unterkunft musst du mit meiner Tante bereden, das ist ihre Zuständigkeit. Und wegen der Mithilfe...na ja...“ Sein Blick wanderte mit einer Mischung aus Zweifel und unverhohlener Abneigung an mir auf und ab. „Weißt du, ganz ehrlich, mit diesen Touris und ihren sogenannten Erfahrungen in Sachen Umgang mit Pferden hab’ ich ehrlicherweise ziemlich die Schnauze voll. Aber nachdem mein Onkel noch der Boss hier ist und es für eine großartige Idee hielt, sich auf deinen Vorschlag einzulassen...warte einfach, bis er hier aufkreuzt. Ich bin sicher, er hat noch mehr famose Ideen in petto!“

      Myrtle bedankte sich herzlich und versprach, genau dies zu tun, woraufhin der dunkelhaarige Mann sich auf seinem Rapphengst entfernte. Es war offensichtlich, dass er mich nicht länger und öfter als nötig antreffen wollte. Das waren ja heitere Aussichten! Entschuldigend zuckte meine Freundin die Schultern.

      „Nimm es nicht so ernst. Er ist ein bisschen schwierig ab und an, aber das täuscht. Das sind bloß seine Launen. Im Grunde genommen ist er ein sehr anständiger und feiner Mensch.“

      „Ach ja?! Davon merkt man auf den ersten Blick nicht allzu viel!“, knurrte ich beleidigt und machte ein finsteres Gesicht dazu. Ich hatte mich so sehr auf meinen Aufenthalt auf der Ranch gefreut und dann tauchte ausgerechnet ein solches Exemplar von Mann auf und wollte mir alles vermiesen! Kam daher geritten, als fände er sich unwiderstehlich – was er vermutlich auch tat – und benahm sich auch noch wie ein arroganter

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