Der Ruf des Kojoten. Regan Holdridge

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Der Ruf des Kojoten - Regan Holdridge

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damals, vor beinahe vierzehn Jahren hierher auf die Ranch bekommen war, als die junge Frau an der Seite Harold McColloughs, hatte sie nur so gestrotzt vor wild-romantischen Träumen. Sie hatte noch nicht geahnt, dass sie einen Patriarchen geheiratet hatte und ihr Leben von nun an in der Einsamkeit dieser trostlosen Prärie stattfinden würde. Geboren und aufgewachsen im Kreis ihrer Familie in einer Kleinstadt, hatte sie sich eher vorgestellt, wie auf einer Art Südstaatenplantage zu landen, anstatt in diesem mehr schlecht als recht eingerichteten Holzgebäude, das sich mit dem Titel Wohnhaus schmückte.

      Zu Anfang war sie schüchtern gewesen, beinahe verängstigt ob all der rauen Burschen, die sie plötzlich umgaben. Die Cowboys und auch ihr Mann waren keine hochgebildeten Plantagenbesitzer, die eine Schule im Osten besucht hatten, wie sie es in „Vom Winde verweht“ gelesen hatte. Sie waren einfache, harte Arbeiter mit eigenem Wortschatz, den sie erst lernen musste und nicht wenige von ihnen konnten weder lesen, noch schreiben. Das brauchten sie auch nicht. Die Hauptsache war, sie konnten Pferde gut zureiten und die Rinder „lesen“, wie sie es nannten, wenn sie deren nächste Reaktion schon im Vorfeld erahnten. Feys Aufgaben bestanden aus der Zubereitung der Mahlzeiten für die Männer und dass sie sich um das Kleinvieh kümmerte, was so am Hof zu finden war, die Hühner und Ziegen und die Hunde, wenn diese nicht gerade mit draußen bei den Rinderherden waren. Oft blieb sie alleine zurück und da sie das Schießen erst mühsam lernen musste, fürchtete sie sich häufig vor Pumas, die im Frühjahr und Herbst aus den Bergen herabkamen und auch einmal versuchten, sich eins der Pferde aus der Umzäunung zu holen. Manchmal weinte sie dann vor Verzweiflung, weil sie niemanden hatte, der ihr zur Hilfe kommen konnte und das einzige, was sie beherrschte war, das Gewehr in die Luft abzufeuern und zu hoffen, dass es genügte, um die Raubtiere von den Zäunen fernzuhalten. Erst im Laufe der darauffolgenden Jahre begann Fey, sich selbst beizubringen, wie man eine Waffe handhabte und ihr blieb genügend Zeit, die Blechdosen von den Baumstümpfen hinter dem Haus zu schießen, während sie alleine auf der Ranch ihr Dasein fristete.

      Harold sah es nicht gern, wenn er es mitbekam. Er wollte keine Frau, die sich wie ein Mann benahm. Außerdem war er es gewohnt, dass jeder seinen Kommandos Folge leisteten. Fey allerdings fand irgendwann zwischen ihrer Trostlosigkeit und dem Frust den Mut, sich zu wehren und zu protestieren, wenn ihr etwas nicht passte. Sie merkte bald, dass es Harold nicht gefiel, wenn sie widersprach, doch da sie im weiten Umkreis für einige Jahre die einzige Frau blieb, konnte sie sich durchaus erlauben, ihre Ernüchterung über das plötzliche Erwachen in dieser langweiligen, schnöden Umgebung an ihm auszulassen. Irgendwann fügte er sich und nahm ihre Wutanfälle nur noch gelassen hin. Ihm blieb auch nicht viel anderes übrig, wollte er nicht versuchen, sich irgendwo eine andere Frau zu suchen, die bereit war, dieses eintönige, von Schmutz und Witterungseinflüssen bestimmte Leben mit ihm zu teilen. Viele Rancher in der Gegend suchten vergeblich Jahre nach einer geeigneten Frau und wenn sie dann eine fanden, war sie selten eine außergewöhnliche Schönheit. Von daher durfte Harold sich nicht beschweren. Fey entwickelte im Laufe ihrer Ehe zwar einen ordentlichen Starrsinn, war aber recht hübsch anzusehen und ihre zarte, weibliche Figur entsprach ganz seinem Geschmack. Dass seine Frau womöglich unglücklich sein könnte mit ihrem Leben, mit dem täglichen Trott auf der Ranch, der Ausweglosigkeit, jemals mehr zu erreichen als das, was sie hatten – diese Idee kam Harold nicht in den Sinn. Für ihn gab es nichts Schöneres und Größeres als die Ranch seiner Ahnen fortzuführen und deshalb war ihm der Gedanke völlig fremd, jemand könnte diese Ansicht nicht teilen.

      Fey seufzte tief und verbittert. Morgen war Silvesterabend und danach begann das neue Jahr 1953. Zwölf neue, jungfräuliche Monate von denen sie noch nicht recht abzuschätzen wagte, worauf sie hoffen durfte.

      ‚Vielleicht’, dachte Fey, ‚hilft es ja, wenn ich viel zur Kirche gehe und viel bete. Vielleicht bleibt mir dann noch genügend Zeit...’

      Heute Morgen war sie mit Jon in die Stadt gefahren, unter dem Vorwand, sich im Damenmodengeschäft ein bisschen die neuesten Kleider und Mäntel anzusehen. In Wirklichkeit jedoch war sie bei Doktor Milford gewesen. Sie hatte es schon lange geahnt. Es war ein merkwürdiges, bedrückendes Gefühl nun die Bestätigung von einem Mediziner bekommen zu haben. Das Jahr, das auf sie alle wartete, würde nicht leicht werden, aber Fey war fest entschlossen, die wahren Tatsachen vor ihrer Familie und ihren wenigen Freunden zu verbergen und niemandem Kummer zu bereiten. Insbesondere nicht Harold oder den Kindern, die sie so dringend brauchten. Sie wusste, dass sie gebraucht wurde und das war vielleicht das einzige, was sie immer davon abgehalten hatte, nicht irgendwann verzweifelt die Flucht zu ergreifen oder ihrem Leben einfach ein Ende zu bereiten.

      ‚Nur – was passiert, wenn ich nicht lange genug durchhalte, bis die Mädchen größer sind? Wenn all die Gebete nichts nützen und Doktor Milford rechtbehält?’

      Fey schloss die Augen und lehnte ihren Kopf zurück. Ihr Mann – sie hörte ihn in seinem Arbeitszimmer rumoren, die Papiere in Ordnung bringen, wie er es immer nannte. Die Kinder schliefen längst und Fey fühlte sich auch schrecklich müde. Sie beschloss, es wäre vermutlich das Beste, ins Bett zu gehen – ganz gleich, ob sich Harold darüber wunderte. Sie brauchte jetzt einfach mehr Schlaf. Mit einer langsamen, fast schwerfälligen Bewegung legte sie ihre Stickarbeit auf den kleinen Beistelltisch und knipste die Lampe aus. Im Haus war es still, bis auf das Rascheln von Papier aus dem Arbeitszimmer und das bisweilige Husten von Harold. Sie schlich auf Zehenspitzen zur Garderobe und als sie dort ihren Mantel am Haken entdeckte, hob sie ihn kurzentschlossen herunter. Irgendetwas zog sie noch hinaus, in die klare, frische Winterluft, den sternklaren Himmel betrachten und für ein paar Minuten vergessen.

      Sie trat hinaus auf die Veranda und lehnte sich schwer gegen einen der Pfosten, die das Vordach stützten. Aus den Stallfenstern fiel Licht auf den Schnee. Jon arbeitete noch. Eines der Pferde hatte sich beim Toben auf der Koppel verletzt und die Wunde musste versorgt werden. Es war immer dasselbe. Jedesmal, wenn sie glaubte, jetzt hätten sie die schlimmste Zeit überstanden, passierte wieder etwas Unerwartetes das sie zurückwarf. In der Vergangenheit waren es missratene Ernten, Rinderseuchen oder Pferdediebstahl gewesen, der nie aufgeklärt wurde. Aber im Augenblick kämpften sie gegen ein ganz anderes Problem, für das es vermutlich keine Lösung geben würde.

      Die Stille, die sie umgab, jagte Fey einen Schauer über den Rücken. Sie machte sie verrückt und sie sehnte sich plötzlich schrecklich nach ihren Kindern. Hastig betrat sie das Haus wieder durch die vordere Tür. Harold hatte nichts davon bemerkt, dass seine Frau nach draußen gegangen war und sie beabsichtigte nicht, es ihn wissen zu lassen. Mühsam zog Fey sich am Geländer die Treppe ins Obergeschoß hinauf. Sie brauchte keine Lampe, sie kannte jede Stufe, jede Holzbohle im Schlaf. Sie stellte sich vor, dass es ähnlich sein musste, wenn sie eines Tages sterben würde – dass sie eine Treppe hinaufging und oben warteten ihre Eltern, um ihr die Hand entgegenzustrecken und ihr das restliche Stück hinaufzuhelfen. Vielleicht war diese Krankheit auch ihre Strafe, weil sie so unzufrieden mit ihrem Leben und ihrer Entscheidung war. Hätte sie die Wahl gehabt, Fey wäre längst von hier fort gewesen, irgendwo zurück in einer Stadt und hätte sich eine Stellung gesucht, ganz gleich als was. Nur weg von dieser Ranch und der Knochenarbeit und dem Wissen, dass es bis zum Ende so weitergehen würde.

      Der letzte Januartag begann mit Sonnenschein und sehr viel Schnee, der überall um die Gebäude der Ranch und auf den Koppeln glitzerte und funkelte. Die Welt um sie herum wirkte wie eine Märchenlandschaft, ganz rein und klar. In Wirklichkeit jedoch war sie für Fey wie ein Gefängnis, denn mit dem vielen Schnee kamen sie kaum hier heraus; vielleicht morgen, wenn sie Einkäufe erledigen musste.

      Besorgt legte sich Jons Stirn in tiefe Falten. Er beobachtete Fey nun schon eine ganze Weile bei ihren Vorbereitungen für das Festtagsessen in der Küche, ohne dass sie ihn bemerkte. Vielleicht bildete er es sich nur ein, doch seit dem Tod ihrer Mutter vergangenes Frühjahr, war sie irgendwie stiller und verschlossen geworden. Sie schien oft gedankenverloren in die Gegend zu starren, ohne etwas davon wahrzunehmen, was um sie herum geschah. Harold schien von den Veränderungen an seiner Frau nichts zu bemerken, für Jon jedoch waren sie nicht zu übersehen. Jetzt, als Fey sich von dem schmalen Tisch neben der Hintertür umdrehte,

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