Der Ruf des Kojoten. Regan Holdridge

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Der Ruf des Kojoten - Regan Holdridge

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presste Jon ihre Hände zwischen die seinen. Oh, lieber Gott – weshalb? Warum ausgerechnet sie? Ihm fiel nichts ein, was er darauf erwidern konnte. Alles in ihm schien leer und verzweifelt.

      „Nur um eines möchte ich dich unter allen Umständen bitten.“ Fey holte tief Luft. Sie war sich nicht schlüssig, wie er reagieren würde. „Erwähne bitte Harold gegenüber nichts davon und schon gar kein Wort zu den Kindern!“

      „Aber…“ Jon wollte protestieren. Er konnte doch unmöglich gegenüber ihrem Mann weiterhin so tun, als sei ihre Welt heil und in Ordnung! Es stimmte ja nicht! Sie würde es nie wieder sein und er hatte das meiste Recht von allen, die Wahrheit zu kennen.

      „Nein!“ Fey ließ ihn nicht aussprechen. „Ganz gleich, was du tust – aber Harold darf es nicht erfahren! Er kämpft für diese Ranch jeden Tag aufs Neue und es würde ihm vermutlich das Genick brechen, wenn er von meiner Krankheit erfährt! Das tut er schon noch früh genug…“

      „Aber erst, wenn es zu spät ist“, warf Jon leise ein.

      „Zu spät wäre es nur dann, wenn er die Ranch hinten anstellen würde wegen mir. Harold braucht die Gewissheit, dass sich dieses Leben lohnt, dass es möglich ist, alle Hindernisse zu überwinden und mit allen Schicksalsschlägen fertigzuwerden. Er wird es lernen, denn er hat die Kinder und seine ganzen Gedanken kreisen nur darum, dass er diese Ranch eines Tages an Byron übergeben kann. Dafür lebt er, nur dafür, nicht für mich, nicht wegen mir…auch nicht wegen der anderen drei.“ Sie seufzte. Es war ihr schon vor langer Zeit bewusst geworden. „Du weißt von nichts, ja?“ Es klang scharf und forschend.

      „Wie du willst.“ Verständnislos erhob Jon sich. Er war der Ansicht, der Mann und die eigenen Kinder hatten das Recht zu wissen, dass die Ehefrau und Mutter nicht mehr lange bei ihnen sein würde, aber es war nicht seine Entscheidung. Er konnte sie, genau wie alles andere, nur akzeptieren und versuchen, auf irgendeine Art und Weise damit umzugehen. Er verließ das Zimmer, ließ das Ranchhaus hinter sich und stieg die wenigen Meter hinauf, zu den Familiengräbern der McCulloughs. Er starrte lange auf die verschiedenen Grabsteine und deren Inschriften und ein ungeheurer Zorn über die Ungerechtigkeit des Schicksals begann in ihm zu erwachen.

      ‚Am Ende’, dachte er, ‚liegen wir doch nur hier oder irgendwo sonst in der Erde und all die Qualen, die wir auf uns genommen haben, waren völlig vergeblich und umsonst. Wir haben diese Welt nicht verbessert. Noch immer gibt es Kriege, Hass und Mord. Vielleicht wird sich das niemals ändern, egal wie klug und gebildet diese Menschheit eines Tages sein wird. Vielleicht sind wir einfach zu schwach dazu, um den Weg zu finden, von diesen Lastern fortzukommen.’

      „Stacy?“

      Feys Stimme klang streng und unnachgiebig, als ihr Sohn an diesem Abend das Ranchhaus betrat. Der Junge war müde und erschöpft. Gleich nach der Schule hatte er draußen helfen müssen ein paar Zäune zu reparieren, durch welche die Rinder auf die Weiden der Nachbarranch gelangen konnten. Mit Bruce und Craig fort, mussten die beiden Jungs bei der Männerarbeit anpacken.

      „Ja, Mom?“ Langsam schlurfte er hinüber zur Küche und drückte die angelehnte Tür auf. Fey stand an der Spüle, die sauberen Bestecke in der Hand, die sie soeben in die Schubladen verteilte.

      „Gut, dass ihr endlich da seid! Wurde auch Zeit.“ Ihre Mutter wandte sich um und lächelte plötzlich. „Entschuldige. Ich sehe, du hast hart gearbeitet.“

      „Allerdings.“ Es klang verbissen. Der Junge verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

      „Ich möchte nur sicherstellen, dass deine schulischen Leistungen nicht einbrechen, wenn du auch Zuhause helfen musst.“

      Stacy zuckte die Schultern. „Das tun andere Jungs auch! Byron und ich, wir sind schon richtig gut und wenn wir eines Tages die Ranch leiten, dann…“

      „Ach, Dummerchen!“, sagte Fey und lächelte, beinahe mitleidig. „Byron ist der Erstgeborene! Er wird die Ranch eines Tages bekommen!“

      „Das ist nicht fair! Byron ist ein eingebildeter Besserwisser und…“

      „Sprich nicht so respektlos über deinen Bruder!“, schnitt Fey ihm scharf das Wort ab und warf das restliche Besteck mit einem lauten Knall in die Schublade, bevor sie diese zuschlug.

      Stacy zuckte zusammen und zog automatisch ein wenig seinen Kopf ein. Er hatte schon öfter zu spüren bekommen, dass die Hand seiner Mutter nicht minder schnell war als die seines Vaters. Irgendwie glaubte er zu begreifen, dass diese Angelegenheit für Fey sehr ernst war. Er schwieg abwartend.

      „Du musst viel lernen für die Schule, damit du gute Noten bekommst und später aufs College gehen oder sogar studieren kannst, denn du hast nicht die Möglichkeit hierzubleiben, auf der Ranch.“ Sie holte tief Luft. ‚Das würde vermutlich auch nicht gutgehen mit dir und Byron zusammen‘, fügte sie in Gedanken hinzu.

      „Ja, Mom.“ Der elfjährige Junge fühlte sich viel zu müde und erschöpft, um ihr zu widersprechen.

      „Stacy?“

      „Hmm?“

      Feys blasse Gesichtshaut wirkte im Schein der Deckenlampe glasig und durchsichtig. Sie lächelte zärtlich.

      „Weißt du eigentlich, dass ich euch alle sehr lieb habe?“

      Einen langen Moment verlor der Junge die Fassung. Was war nur heute los? So kannte er seine Mutter überhaupt nicht, hatte sie nur selten zuvor erlebt.

      „Ich hab’ dich auch lieb, Mom“, erwiderte er nach kurzer Überlegung, weil er glaubte, dass man so etwas darauf wohl zu sagen hatte.

      Fey trat zu ihm, ihre Arme schlangen sich um seinen Körper und sie küsste ihn auf die Stirn. „Ich liebe alle meine Kinder, hörst du? Ihr seid für mich das Wichtigste in meinem Leben!“

      Stacy zögerte kurz, bevor es aus ihm herausbrach: „Ich dachte immer, du hast nur Byron lieb. Du hast mir immer vorgehalten, was er alles kann und macht und was ich mir von ihm abschauen soll. Aber ich bin nicht wie er!“

      „Nein, das bist du nicht.“ Fey betonte jedes Wort. „Aber ich habe dich deshalb niemals weniger lieb gehabt und ich möchte, dass du das weißt. Hörst du?“

      Hastig wandte sie sich wieder dem Spülbecken zu. Ein Teller schlug klirrend gegen den Rand.

      „Ja, ich hab’ es gehört“, erwiderte Stacy leise. „Ich weiß es.“

      „Und egal, was passiert, du darfst dich von Byron nicht zu sehr herausfordern lassen, ja? Er hat sehr viel von eurem Vater, aber das bedeutet nicht, dass du ein schlechterer Mensch bist, Stacy. Du bist genauso besonders und einmalig, wie jeder andere Mensch auf der Welt. Versprich mir, dass du das nie vergessen wirst und immer, wenn Byron dich ärgert, erinnerst du dich daran und lässt nicht zu, dass er dich dazu bringt, mit ihm zu streiten, einverstanden?“

      Stacy nickte vage. Er kannte seinen großen Bruder und seine verletzende, berechnende Art, die er bisweilen an den Tag legte, um ihn herauszufordern und zu provozieren, doch er wollte auch seine Mutter nicht enttäuschen.

      „Okay, ich versprech’s.“

      Das Feuer im offenen Kamin des Arbeitszimmers war fast heruntergebrannt. Draußen hatte die Nacht den Tag verdrängt. Die Luft war noch immer sehr kalt und der Wind von Westen frischte immer wieder auf.

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