Träum süß stirb schnell. Marianne Rauch

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Träum süß stirb schnell - Marianne Rauch

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      „Wenn es Ihnen Morgen gut geht, kommen Sie wieder zu mir“, munterte die Psychologin ihre Patientin auf.

      „Jedes einzelne Wort, welches Ihre Lippen verlässt, tut Ihnen gut. Es reinigt Ihre Seele.“

      Vertrauensvoll reichte sie Yakido zum Abschied die Hand und geleitete sie zur Tür, um sie an Larissa zu übergeben.

      „Kommen Sie Frau Schwarz“, zog Larissa Yakido den Flur entlang.

      Währenddessen schrie ein Wort in Yakidos Hirn: Seele.

      Was sollte das? Hatte sie eine Seele?

      Wurde sie nicht schon längst verkauft, zum höchsten Preis?

      Am folgenden Tag zog es Yakido wieder hinunter zum Teich, auf die Parkbank hinter den Bäumen nahe der Wiese. Der Herbstwind blies die Blätter von den Zweigen. Das Geäst der Bäume wirkte kahl und trostlos. Einzig die grünen Nadeln der Tannen würden der grauen Jahreszeit etwas Farbe verleihen.

      Schnellen Schrittes eilte sie zu ihrem Lieblingsplatz. Sie hoffte, dort wieder das fremde Mädchen anzutreffen. Doch die Zeit verging, ohne dass sich jemand blicken ließ.

      Natürlich, sie musste geträumt haben! Die vielen Tabletten spielten ihr einen Streich. Fröstelnd, die Herbstsonne wärmte an diesem Tag nicht mehr, begab sie sich auf den Rückweg zur Klinik. Seit einigen Wochen befand sich dort Yakidos Zuhause. Sie wehrte sich nicht mehr dagegen.

      Kapitel 4

      Derweil in einer Stadtrandsiedlung von Berlin. Immer wieder stellte sich Bernd Fischer die gleiche Frage: Welches Schicksal trieb die geheimnisvolle Unbekannte dazu, sich die Pulsadern aufzuschneiden?

      Seit er die Mitbewohnerin aus dem achten Stock regungslos in der Badewanne fand, ging ihm die Unglückliche nicht mehr aus dem Kopf. Bei den wenigen zufälligen Begegnungen, meistens im Fahrstuhl, weckte sie jedes Mal sein Interesse. Gegen seinen Willen. Er wunderte sich selbst darüber, denn die Frau tat eigentlich nichts, was ihn dazu veranlasst hätte. Außer, ihn absolut zurückhaltend, mit einem kurzen, flüchtigen Lächeln zu bedenken. Es ärgerte ihn, doch trotzdem reichte dieses Lächeln aus, um ihn für Augenblicke zu verzücken. Nie hätte er gewagt, sie anzusprechen.

      Von der Damenwelt hielt er sich fern, lehnte weiblichen Kontakt kategorisch ab. Fischer hatte genug mit sich selbst zu tun. Er fokussierte sich auf sein Leben. Es bescherte ihm die Aufgabe, sich nach der Scheidung neu zu ordnen, mental und finanziell wieder auf die Beine zu kommen und seine innere Balance wiederzufinden. Frauen hätten dabei nur gestört, so viel war klar.

      Deshalb wählte der Versicherungsfachmann die Einsamkeit inmitten einer menschenfressenden Anonymität, hinter der sich Großstädte wie Berlin so gern verstecken. Trabantensiedlungen, Molochs des sozialen Wohnungsbaus wie in Marzahn, das Märkische Viertel oder die Gropiusstadt.

      Rückblicke in Baukünste vergangener Jahrzehnte, deren Hochhäuser potenzielle Selbstmörder anlocken. Wie Ikarus durch die Lüfte schweben. Daraus wird allerdings nichts, wenn man vom zehnten Stock wie ein nasser Sack in die Tiefe stürzt.

      Er fühlte sich wohl, so völlig zurückgezogen am Stadtrand zu leben.

      So wie Yakido.

      Seit Wochen drängte es Fischer, sie, deren Leben er rettete, zu besuchen.

      Fischer setzte seine Überredungskünste ein, denn er wollte unbedingt erfahren, wohin der Ambulanzwagen die Hoffnungslose brachte. Nach etlichen Telefonaten erhielt er endlich die ersehnte Auskunft: die Adresse der Klinik.

      Er fühlte sich unsicher, ob bereits der richtige Zeitpunkt dafür gekommen wäre. War sie soweit über den Berg, um Besuch von ihm, einem Fremden, zu empfangen? Wie würde sie auf ihn reagieren?

      Fischer verspürte ein Ziehen in der Magengegend. Er wusste genau, weshalb er die Unbekannte mit dem sanften Lächeln nie angesprochen hatte. Diese Frau strahlte auf ihn etwas aus, was ihm hätte gefährlich werden können.

      In Yakidos Zimmer läutete das Haustelefon. Sie erschrak. Augenblicklich riss sie den Hörer von der Gabel.

      „Ja bitte?“

      „Hier ist Larissa. Frau Schwarz, für Sie hat sich Besuch angekündigt. Gegen 16.00 Uhr möchte Sie ein Mitbewohner aus Berlin beehren.“

      „Mitbewohner aus Berlin?“, wunderte sich Yakido.

      „Wer soll denn das sein?“

      „Na, der Herr Fischer! Der Mann, der den Notarzt rief. Er sagt, Sie würden ihn kennen.“

      Yakido vermochte sich nicht an einen Mitbewohner Namens Fischer zu erinnern. Auch an keine anderen Nachbarn aus dem Wohnhaus. Wie auch? Sie suchte keinen Kontakt zur Außenwelt, verließ die Wohnung nur selten.

      Allein in dieser fremden Stadt, in einem anonymen Hochhauskomplex, fixierte sie sich einzig auf diesen einen Mann an ihrer Seite. Sie klammerte sich an ihn wie eine Klette. Nur, weil er ihr eine vermeintliche Zukunft versprach. So lange, bis er Yakido wegwarf wie einen alten Wischlappen.

      „Was will er?“

      Yakidos abweisende Stimme war nicht zu überhören. Larissa zuckte instinktiv mit den Schultern, dabei sprach sie weiter ins Telefon.

      „Sie einfach nur besuchen. Einen netten Nachmittag mit Ihnen verbringen. Weiter nichts!“

      Larissa verstand die Abneigung der Patientin nicht. In einem sanfteren Ton als bisher fügte sie hinzu:

      „Nun freuen Sie sich doch! Für heute ist leider Regen angesagt, sonst hätte ich Ihnen einen Spaziergang im Park vorgeschlagen.“

      „Und nun, wohin soll ich anstatt dessen mit diesem Herrn Fischer gehen?“

      „Was halten Sie denn von unserer Cafeteria? Wir servieren dort einen herrlichen Latte Macchiato!“

      „Wie Sie meinen. Danke Larissa. Das ist eine gute Idee.“

      Yakido legte auf. Der Blick in den Spiegel zeigte ein aschgraues Gesicht mit tiefen Rändern unter den Augen. Hastig kniff sie sich in ihre Wangen, um keinen farblosen Eindruck zu hinterlassen. Aus der Schublade der Kommode fingerte sie ein schwarzes Band aus Samt hervor, um das lange Haar zu einem Zopf zu binden.

      Yakido wählte einen Tisch in Fensternähe. Dort saß sie bereits, als Bernd Fischer die in einem freundlichen hellbeige eingerichtete Cafeteria betrat. Er blieb ein wenig orientierungslos am Eingang stehen, blickte sich suchend um. Sobald er Yakido entdeckte, steuerte er zielstrebig auf sie zu. Hinter dem Rücken verbarg er einen kleinen Strauß gelber Herbstastern.

      „Frau Schwarz?“, sprach er sie zögernd an.

      Yakido starrte aus dem Fenster, beobachtete die Regentropfen, die klatschend gegen die Fensterscheiben prasselten. Nun drehte sie sich langsam um, behutsam darauf bedacht, ihre Abneigung gegen diesen Nachmittagsbesuch zu verbergen. Beim Anblick Fischers rasten augenblicklich ihre Gedanken, suchten in ihrem Erinnerungsvermögen.

      Wo habe ich diesen Mann schon mal gesehen?

      Fischer

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