Träum süß stirb schnell. Marianne Rauch

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Träum süß stirb schnell - Marianne Rauch

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einige Male im Fahrstuhl begegnet. Erinnern Sie sich an mich?“

      Fischer erschrak über die blasse, wie durchsichtiges Seidenpapier scheinende Haut, die Yakidos Wangen bedeckte. Vielmehr jedoch über ihren stumpfen Blick, der mit leeren Augen auf ihm ruhte.

      „Ja, ich erinnere mich“, erwiderte sie leise.

      „Was wollen Sie hier?“

      „Darf ich Platz nehmen?“

      Er blieb weiterhin höflich, ihre Teilnahmslosigkeit irritierte ihn jedoch.

      „Ich habe für uns einen Latte Macchiato bestellt. Die Schwester sagte mir, der wäre sehr lecker und Sie würden dieses Getränk mögen.“

      Pause. Betretene Stille. Yakido sagte kein Wort, sah Fischer nur ausdruckslos an. Er fühlte sich unbehaglich, wusste nicht, wie er einen Zugang zu dieser Frau finden sollte. Es bereitete ihm Schwierigkeiten, ein Gespräch zu beginnen. Zur Überbrückung reichte er ihr den Blumenstrauß.

      „Danke“, entgegnete sie matt.

      „Die sind schön.“

      Gemeinsam tranken sie ihren Kaffee. Sie schwiegen. Tausend Worte kreisten durch Fischers Gehirn. Tausend Worte, die er ihr gern sagen wollte. Dann endlich brach es aus ihm heraus.

      „Wer hat Ihnen das angetan?“

      „Wer hat mir was angetan? Was meinen Sie? Was soll das?“

      Yakido verstärkte sofort ihre Abwehrhaltung. Sie fühlte sich von der direkten und völlig unerwarteten Frage regelrecht bedroht.

      „Warum wollten Sie nicht mehr leben?“

      Yakido erstarrte. Niemand besaß das Recht, in ihrem Leben zu wühlen, geschweige eine Rechtfertigung von ihr zu erhalten. Was bildete sich dieser Kerl ein?

      „Was geht Sie das an? Was verdammt geht Sie das an?“

      Yakido verlor die Beherrschung. Ihre Stimme wurde lauter. Fischer stocherte in ihrem wunden Punkt herum. Sie begann zu schreien.

      „Was wollen Sie von mir? Spazieren hier einfach so herein und fragen mich, warum ich nicht mehr leben wollte? Das geht Sie verdammt noch mal einen Scheißdreck an! Verschwinden Sie, ich will Sie hier nicht mehr sehen. Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Mist! Lassen Sie mich in Ruhe!“ Yakidos Stimme überschlug sich, sie war außer sich vor Wut. Ruckartig stand sie auf, dabei kippte der Stuhl nach hinten und polterte auf den Boden. Die übrigen Gäste der Cafeteria wohnten entgeistert dem Geschehen bei, einige wurden bereits unruhig.

      „Hauen Sie endlich ab! Verschwinden Sie!“

      Wutentbrannt drehte Yakido Fischer den Rücken zu, während sie hastig zum Ausgang eilte.

      Larissa, die sich mit gemischten Gefühlen, dabei nichts Gutes ahnend, in der Nähe der Patientin aufhielt, stürmte herbei. Energisch bedeutete sie dem Besucher, zu gehen. Sie ergriff Yakido am Arm.

      „Kommen Sie, Frau Schwarz. Beruhigen Sie sich. Herr Fischer wird unser Haus wieder verlassen und Sie nicht weiter belästigen. Das verspreche ich Ihnen.“

      Entschlossen schob sie Yakido in den Flur und begleitete sie zu ihrem Zimmer.

      „Hier, nehmen Sie das. Das wird Sie beruhigen und Sie werden ein wenig schlafen.“

      Larissa reichte ihrem Schützling eine Beruhigungstablette. Danach schob sie einen Stuhl im Zimmer zurecht, klopfte auf das Sitzkissen und bedeutete der Patientin, sich dort nieder zu lassen. Yakido nahm Platz. Widerwillig schluckte sie die weiße Pille.

      „Das wird schon wieder, Frau Schwarz“

      Die Pflegerin tätschelte vertraulich Yakidos Arm.

      „Ich muss wieder weiter, habe noch mehr Schäfchen, die ich hüten muss!“

      Sie zwinkerte mit den Augen, was ihrem kantigen Gesicht einen spitzbübischen Ausdruck verlieh.

      „Ich werde Sie nun allein lassen. Wenn Sie mich brauchen, Sie wissen ja, wo Sie drücken müssen!“

      Lächelnd verließ die gute Seele das Zimmer, zeigte gleichzeitig auf den Klingelknopf neben dem Lichtschalter und zog die Tür hinter sich zu. Zur Kontrolle blieb sie noch einen Moment auf dem Flur stehen, horchte angestrengt an der Zimmertür.

      Stille erfüllte den Raum, welcher Yakido nun seit einiger Zeit anstelle der kärglichen Wohnung in der Stadtrandsiedlung ein mehr oder weniger gemütliches Domizil bot.

      Yakido gab keinen Laut von sich. Bewegungslos blieb sie auf dem Stuhl sitzen, wohl wissend, dass Larissa noch horchend vor der Tür stehen würde.

       Jetzt nur nicht weiter auffallen! Ganz ruhig bleiben.

      Die Wirkung der Tablette ließ Yakido gleichmütig werden, weshalb sie sich ohnehin allmählich beruhigt hatte. Bedächtig wartete sie, bis sich Larissa von der Zimmertür entfernt hatte. Sie steuerte die weiße Kommode an, die sich der Klinikeinrichtung perfekt anpasste, und zog die oberste Schublade auf.

      Unter bunten Tüchern lugte ein Foto hervor, das einzige, welches sie damals mitnehmen konnte. Es zeigte ein lächelndes Mädchen auf dem Schoß der Mutter sitzend. Ein unbeschwertes Kind, inmitten einer trügerischen Friedlichkeit nebst Harmonie. Ein falsches Zeugnis der Vergangenheit.

      „Das bin ich nicht“, hörte sie sich flüstern.

      „Das bin nicht ich.“

      Vorsichtig verstaute sie das Erinnerungsstück wieder in der Schublade. Müde sank sie auf das Bett. Die Aufregung des Tages hinterließ ihre Spuren. Die Beruhigungstablette tat das Übrige.

      Yakido sehnte sich nach todesähnlichem Schlaf, der ihre Erinnerungen für immer aus ihrem Gedächtnis löscht. Bleischwer senkten sich ihre Lider, doch ihre Augen blieben nicht von ihnen bedeckt. Ein nervöses Flimmern hielt sie wach.

      „Okay, du verhasster Dämon. Komm, schlag zu. Führen wir unsere eigene Therapie durch. Lass uns spielen, quäle mich. Spielen wir Vergangenheit. Ich halte dich aus, du verdammter Teufel!“

      Sie straffte ihre Muskeln und begann, sich zu konzentrieren. Yakido schärfte ihr Bewusstsein, versuchte, sich eines der verhassten Erlebnisse ins Gedächtnis zu rufen. Begierig, die einstige Qual erneut zu durchleben. Wohin würde der Dämon sie führen, wenn nicht wieder in die Enge der kalten, feuchten Wohnung? Der muffige Geruch der Möbel und Gardinen stieg ihr bereits in die Nase.

      „Komm schon, lass mich nicht so lange warten!“

      Endlich fiel Yakido in einen anderen Bewusstseinszustand, ähnlich wie der in Trance. Mit aller Anstrengung versetzte sie sich in die damaligen Handlungsabläufe, bewegte sich in ihnen, als führte sie Regie. Sie befand sich wieder in ihrem Mädchenzimmer, fernab in Hamburg, an dem Ort, den sie seit Kindertagen zu hassen lernte.

      Kapitel 5

      Vertrautheit empfing Yakido. Hier kannte sie sich aus; es hatte sich nichts im Raum verändert. Ihr Atem wurde flacher. Der Dämon lotste ihre Erinnerungen in eine Zeit, in der sie ein

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