Hinter seinem Rücken. Janina Hoffmann

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Hinter seinem Rücken - Janina Hoffmann

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ließ ihn in dem Glauben. Ich sagte ihm nicht, dass ich bei dem Gedanken an eine gemeinsame Wohnung ein ungutes Gefühl hatte. Dass ich befürchtete, meine Freiheit zu verlieren. Dass ich Alltagstrott nicht ertragen konnte und Torben nicht ständig um mich haben wollte. Dass ich wenigstens ein Zimmer brauchte, in das ich mich, wann immer ich es für nötig hielt, zurückziehen konnte.

      Schon einige Tage, nachdem Torben und ich zusammengezogen waren, trat an den Innenseiten meiner Unterarme ein juckender Hautausschlag auf. Besonders bei Wärme machte mir das Ekzem zu schaffen, und durch das nächtliche Kratzen im Schlaf hatten sich schnell kleine, blutende Wunden gebildet. Ich war froh über die herbstliche Jahreszeit, die es mir erlaubte, meine kaputte Haut unter langärmeligen Oberteilen zu verstecken. Dennoch war mir schnell klar, dass ich eine Lösung für das Problem finden musste. Insgeheim hatte ich Miezi als Ursache des allergischen Ausschlags in Verdacht, denn dass es sich um eine Allergie handelte, stand für mich außer Frage. Torben, dem das Ekzem natürlich nicht verborgen geblieben war, drängte mich geradezu, einen Allergietest beim Arzt machen zu lassen. Seine verwitwete Mutter, die ebenfalls in der Großstadt lebte und der Torben am Telefon von dem Ausschlag erzählt hatte, empfahl Dr. Kandell, bei dem sie schon mehrfach in Behandlung gewesen sei. Obwohl es mich insgeheim störte, dass sich Torbens Mutter um meine gesundheitlichen Belange kümmerte, musste mich mein Freund nicht lange überreden. Zum einen war das ständige Jucken quälend, zum anderen wollte ich endlich Gewissheit darüber haben, was es auslöste. Außerdem benötigte ich ein ärztliches Attest, bevor ich Torben möglichst einfühlsam bitten würde, seine Katze wegzugeben. Die Vorstellung, wie er auf die notwendige Trennung von Miezi reagieren würde, war deprimierend.

      Zahlreiche Pflaster mit potenziell allergieauslösenden Substanzen wurden in der Hautarztpraxis auf meinem Rücken aufgebracht, darunter Katzenhaar, da ich dem etwa sechzigjährigen, auf dem Kopf fast komplett kahlen, dafür aber vollbärtigen Dr. Kandell von meinem Verdacht berichtet hatte.

      Am nächsten Tag suchte ich die Praxis erneut auf. Eine Arztgehilfin nahm alle Pflaster vorsichtig ab, bevor Dr. Kandell meinen Rücken begutachtete. Nachdem ich mich wieder angezogen hatte, setzte ich mich aufgeregt dem Arzt gegenüber vor seinen Schreibtisch und wartete gespannt auf seine Diagnose.

      „Nun wissen wir wenigstens schon einmal, was den Hautausschlag nicht auslöst“, teilte mir Dr. Kandell ruhig mit. „Wir haben alle Substanzen, die am häufigsten Kontaktallergien auslösen, auf Ihrem Rücken getestet. Das Ergebnis ist negativ.“

      „Keine Katzenhaarallergie?“, fragte ich verwundert.

      „Nein. Ich schlage vor, dass Sie ein Tagebuch führen, in dem Sie aufschreiben, was Sie täglich zu sich nehmen und wie Ihre Haut darauf reagiert. Möglich, dass bestimmte Nahrungsmittel Ihre Beschwerden auslösen. Es kann eine Weile dauern, bis man den Übeltäter findet. Es empfiehlt sich außerdem, möglichst wenig Pflegeprodukte zu benutzen und wenn ja, nur sehr milde, um die Haut nicht noch weiter zu reizen.“

      „Aber das Ekzem ist immer da!“, wandte ich entrüstet ein. „Seit ich mit meinem Freund in eine neue Wohnung gezogen bin! Vielleicht ist dort ja die Ursache zu finden! Gift im Gemäuer oder was weiß ich!“

      „Möglich ist in der Tat, dass Schimmel der Auslöser ist. Wenn es sich also um eine schon ältere Wohnung handelt ...“

      „Nein.“ Ich schüttelte bekräftigend den Kopf. „Es ist ein Neubau. Vor uns hat noch niemand in der Wohnung gewohnt. Und es gibt dort auch nirgends Schimmel.“

      „Ob es an der Wohnung liegt, könnten Sie herausfinden, indem Sie ein Wochenende oder am besten mehrere Tage nutzen, um wegzufahren. Ein Tapetenwechsel kann im wahrsten Sinne des Wortes Wunder bewirken. Ich verschreibe Ihnen jetzt erst einmal eine Salbe, um den Juckreiz zu lindern.“ Dr. Kandell reichte mir das von ihm erstellte Rezept und schwieg einen Moment, bevor er fortfuhr. „Ich kenne Ihre Lebensumstände nicht, Frau Jordan, aber bedenken Sie bitte auch, dass Stress, Trauer, Wut oder nicht gelöste Probleme über die Haut zum Ausdruck gebracht werden können. Denken Sie doch einmal darüber nach.“

      „Eure Wohnung ist traumhaft“, lautete Nathalies bewundernder Kommentar einige Tage später, als sie sie zum ersten Mal besichtigte. Torben nutzte den milden Herbstabend, um mit Miezi im Korb eine Fahrradtour zu machen. Mein Freund und ich hatten bereits eine kleine Einweihungsfeier veranstaltet, doch Nathalie hatte kurzfristig absagen müssen, da sich ihr Dienstplan geändert hatte. „Was habt ihr mit den Möbeln gemacht, die ihr nicht unterbringen konntet?“

      Ich öffnete die Tür zu dem vierten Zimmer, auf das ich bestanden hatte, obwohl wir dafür keine spezielle Verwendung hatten. Unter anderem beherbergte es die zwar schicke, aber schon etwas durchgesessene weinrot karierte Sitzgarnitur aus meinem ehemaligen Wohnzimmer, da Torbens schwarze Ledermöbel neuer waren und edler aussahen. Außerdem stand hier mein ehemaliger Küchentisch, auf dem ich an meinem Laptop im Internet surfte, mit einem Stuhl. Die anderen drei Stühle hatte ich in den Keller gestellt. Ich hatte mich von keinem meiner geliebten und mir vertrauten Möbelstücke trennen wollen, da ich nicht sicher war, ob und wie lange das Zusammenleben von Torben und mir funktionieren würde.

      „Ich gratuliere euch von Herzen“, sprach Nathalie weiter, als sie alle Räume bestaunt hatte. Es war typisch für sie, dass sie wie jetzt neidlos ihre Begeisterung zeigte, obwohl sie selbst in einer günstigen, dafür aber sehr hellhörigen Altbauwohnung lebte, in der ich stets das Gefühl hatte, kein Wort sagen zu können, ohne dass die Nachbarn es hörten. Umgekehrt fand ich die Geräusche aus den umliegenden Wohnungen ebenfalls sehr störend, doch Nathalie war mit ihrer Unterkunft zufrieden und dachte anscheinend nicht einmal an die Möglichkeit eines Umzugs. „Wirklich, Sandra, es ist so schön, dass du endlich den Mann fürs Leben gefunden hast. Was wohnen denn noch so für Leute im Haus?“

      „Ach, keine Ahnung. Hier ist alles ziemlich anonym wie überall in der Großstadt. Ein paar Gesichter kommen mir inzwischen bekannt vor, wenn mir Leute im Treppenhaus begegnen, aber die Namen kenne ich nicht.“ Lachend fügte ich hinzu: „Jedenfalls muss man noch rüstig sein, wenn man hier wohnt. Das Haus hat nämlich keinen Fahrstuhl, wie du sicher schon gemerkt hast. Wahrscheinlich ist der Architekt, der es entworfen hat, Fitnessfanatiker.“

      „Oder Sadist“, ergänzte Nathalie mit ernstem Gesicht.

      Ich vermutete, dass das als Scherz gemeint war, war mir aber nicht sicher und schlug daher, statt etwas darauf zu erwidern, einen gemeinsamen Kaffee in der Küche vor. Dabei ging mir durch den Kopf, dass meine beste Freundin und ich uns auseinandergelebt hatten und offensichtlich nicht einmal mehr denselben Humor teilten. Aufgrund ihrer Schichtarbeit und ihrer häufigen Überstunden sah ich Nathalie nach wie vor selten, seltener als andere Freundinnen, die mir nicht so viel bedeuteten und denen ich längst nicht so viel anvertraute wie Nathalie. Trotzdem wusste Nathalie jetzt nicht einmal etwas von dem Hautausschlag, der mir weiterhin zu schaffen machte, wenn die wunden Stellen aufgrund der von Dr. Kandell verordneten Salbe auch zurückgegangen waren. Als Nathalie und ich es vor einigen Monaten endlich einmal wieder geschafft hatten, uns zum Essen zu verabreden, hatte ich ihr erzählt, dass Torben und ich nun ein Paar waren. Nathalie hatte sich aufrichtig für mich gefreut. Etwas anderes hatte ich von ihr auch nicht erwartet. „Dann musst du dich jetzt ja nicht mehr in dieser Online-Singlebörse herumtreiben“, hatte meine beste Freundin gemeint. Es hatte belanglos klingen sollen, doch ich hatte gespürt, dass Nathalie tatsächlich Bedenken hatte, ich könnte mich weiterhin mit anderen Männern treffen.

      „Ach was.“ Ich hatte den Kopf geschüttelt, als wäre der Gedanke völlig abwegig. „Diese Zeiten sind vorbei.“

      Das war nur die halbe Wahrheit. Es stimmte, dass ich nicht mehr an der Online-Singlebörse teilnahm, ich hatte mein Konto dort sogar gelöscht. Aber das lag daran, dass ich den viel interessanteren Chat-Room „Dirty Flirty“ entdeckt hatte, in dem ich seit einigen Wochen aktiv war,

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