Der Pfadfinder. James Fenimore Cooper
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Während Jasper noch sprach, kam der schwimmende Zweig näher. Er beschleunigte seine Geschwindigkeit mit der zunehmenden Schnelle der Strömung und schwebte schnell abwärts auf den Pfadfinder zu, welcher ihn rasch ergriff und als ein Erfolg versprechendes Zeichen in die Höhe hielt. Cap verstand das Signal und überließ den Kahn mit einer Behutsamkeit und Umsicht, zu deren Beobachtung die Gewohnheit den Seemann geeignet gemacht hatte, dem Strome. Er schwamm in derselben Richtung, wie der Zweig, und in einer Minute wurde er von dem Pfadfinder angehalten.
„Das ist mit der Einsicht eines Gränzmannes ausgeführt, Jasper," sagte der Wegweiser lachend. „Doch Eure Gaben eignen sich für das Wasser, wie die meinigen für die Wälder. Nun laßt diese schuftigen Mingo's ihre Hahnen spannen und auslegen, denn dieß ist das letzte Mal, daß sie im Stande sind, auf einen Mann außerhalb eines Versteckes zu zielen."
„Schiebt den Kahn gegen das Ufer, legt gegen die Strömung ein, und springt hinein, wenn er abstößt. Man hat wenig Vortheil, wenn man sich der Gefahr aussetzt."
„Ich liebe es, Gesicht gegen Gesicht wie ein Mann meinen Feinden gegenüber zu stehen, wenn sie mir hierin das Beispiel geben," erwiederte der Pfadfinder stolz. „Ich bin keine geboren Rothhaut, und es gehört mehr zu den Gaben eines weißen Mannes, offen zu fechten, als in einem Hinterhalt zu liegen."
„Und Mabel?"
„Richtig, Junge, Ihr habt Recht: des Sergeanten Tochter muß gerettet werden, und eine thörichte Aussetzung, wie Ihr sagt, ziemt blos Knaben. Glaubt Ihr, daß Ihr auf Eurem Standort den Kahn auffangen könnt?"
„Daran ist kein Zweifel, wenn Ihr ihm einen kräftigen Stoß gebt."
Pfadfinder wandte die erforderliche Kraft an; die leichte Barke schoß quer über den trennenden Raum, und als sie gegen das Land kam, wurde sie von Jaspern ergriffen. Da die beiden Freunde nun den Kahn zu sichern und die geeignete Stellung in einem Versteck zu nehmen hatten, so blieb ihnen nur ein Augenblick, um sich die Hände zu drücken, was mit einer Herzlichkeit geschah, als ob sie sich nach langer Trennung wieder zum ersten Mal gesehen hätten.
„Nun, Jasper, wir werden sehen, ob einer von diesen Mingo's über den Oswego setzen kann, wenn ihm der Hirschetödter die Zähne weist. Ihr seid zwar vielleicht gewandter in der Führung des Ruders, als in dem Gebrauch der Büchse, aber Ihr habt ein tapferes Herz und eine sichere Hand, und das sind schon Dinge, die bei einem Kampf in Betracht kommen."
„Mabel wird mich zwischen ihr und ihren Feinden finden," sagte Jasper ruhig.
„Ja, ja, des Sergeanten Tochter muß beschützt werden. Ich liebe Euch, Junge, um Eurer selbst willen; aber ich liebe Euch noch viel mehr, weil Ihr so auf den Schutz dieses schwachen Geschöpfs bedacht seid, in einem Augenblick, wo es Eurer ganzen Mannheit bedarf. Seht, Jasper, drei von diesen Schurken sind eben in den Kahn gestiegen. Sie müssen glauben, wir seien geflohen, sonst würden sie so Etwas sicher nicht im Angesicht des Hirschetödters gewagt haben."
Die Irokesen schienen sich nun zu einer Kreuzung des Stromes anzuschicken; denn da der Pfadfinder und seine Freunde sich sorgfältig versteckt hielten, so fingen ihre Feinde an zu glauben, daß sie die Flucht ergriffen hätten. Diesen Ausweg würden auch wohl die meisten Weißen eingeschlagen haben; aber Mabel war unter dem Schutze von Leuten, welche zu sehr den Krieg in den Wäldern kannten, um die Vertheidigung des einzigen Uebergangspunktes, der ihre Sicherheit gefährden konnte, zu vernachlässigen.
Wie der Pfadfinder gesagt hatte, waren drei Krieger in dem Kahn, von denen zwei auf den Knieen im Anschlag lagen, um jeden Augenblick ihrer tödtlichen Waffe ein Ziel geben zu können: der dritte stand aufrecht in dem Stern und lenkte das Ruder. In dieser Weise verließen sie das Ufer, nachdem sie, ehe sie in den Kahn traten, ihn vorsichtig stromaufwärts gehalten hatten, um in das vergleichungsweise stille Wasser oberhalb der Stromenge zu kommen. Man konnte auf den ersten Blick sehen, daß der Wilde, welcher das Boot führte, seine Sache gut verstand, denn unter seinem langen und sicheren Ruderschlag flog das leichte Fahrzeug mit der Leichtigkeit einer Feder in der Luft über die glänzende Fläche.
„Soll ich Feuer geben?" fragte Jasper flüsternd, und zitternd vor Begierde, den Kampf zu beginnen.
„Noch nicht, Junge, noch nicht." Es sind ihrer Drei, und wenn Meister Cap dort weiß, wie er die Schlüsselbüchsen, die in seinem Gürtel stecken, zu gebrauchen hat, so können wir sie immer an's Land kommen lassen. Wir werden dann den Kahn wieder kriegen."
„Aber Mabel?"
„Fürchtet Nichts für des Sergeanten Tochter. Sie ist ja, wie Ihr sagt, sicher in dem hohlen Baum, dessen Oeffnung Ihr klugerweise durch die Brombeerstaude verborget. Wenn es wahr ist, was Ihr mir über diese Weise, wie Ihr ihre Fährte verdeckt habt, erzähltet, so könnte das süße Geschöpf wohl einen Monat dort liegen, und alle Mingo's auslachen."
Wir sind dessen nie gewiß und ich wünschte, wir hätten sie unserem eigenen Versteck näher gebracht."
„Warum, Eau-douce?" um ihren niedlichen kleinen Kopf und ihr klopfendes Herz den fliegenden Kugeln auszusetzen? Nein, nein, sie bleibt besser, wo sie ist, weil sie dort sicherer ist."
„Wir sind dessen nicht gewiß. Wir hielten uns auch für sicher hinter dem Gebüsch, und doch habt Ihr selbst gesehen, daß wir entdeckt wurden —"
„Und der junge Teufel von Mingo seine Neugierde büßen mußte, wie es mir alle diese Schufte thun sollen —"
Der Pfadfinder unterbrach seine Worte, denn in diesem Augenblick schlug der Knall einer Büchse an sein Ohr. Der Indianer im Sterne des Kahnes sprang hoch in die Luft und fiel mit dem Ruder in der Hand in's Wasser. Ein leichtes Rauchwölkchen wirbelte aus einem der Gebüsche auf dem östlichen Ufer in die Höhe, und verlor sich bald in der Atmosphäre.
„Das ist Serpent's Zischen!" rief der Pfadfinder, frohlockend. „Ein kühneres und treueres Herz hat nie in der Brust eines Delawaren geschlagen. Es ist mir zwar Leid, daß er sich in die Sache gemischt hat; aber er konnte unsere Lage nicht kennen, er konnte nicht wissen, wie wir stehen."
Kaum hatte der Kahn seinen Führer verloren, so wurde er von den Schnellen der Stromenge ergriffen. Gänzlich hilflos blickten die zwei in demselben befindlichen Indianer verwirrt um sich, vermochten es jedoch nicht, der Macht des Elementes Widerstand entgegenzusetzen. Es war vielleicht ein Glück für Chingachgook, daß die Aufmerksamkeit der meisten Irokesen von der Lage ihrer Freunde im Boot in Anspruch genommen wurde, sonst möchte ihm wohl das Entkommen zum mindesten schwer, wo nicht gar unmöglich geworden sein. Aber man bemerkte unter den Feinden keine weitere Bewegung, als die des Verbergens in irgend einem Versteck. Jedes Auge war fest auf die beiden im Kahn befindlichen Abenteurer gerichtet. In kürzerer Zeit, als nöthig ist, um diese Begebenheiten zu erzählen, wurde das Boot in den Wirbel der Stromenge geschleudert, wobei die Wilden sich auf den Boden desselben ausgestreckt hatten, da dieß das einzige Mittel war, das Gleichgewicht zu erhalten. Aber auch dieser Ausweg schlug ihnen fehl, denn ein Stoß an einen Felsen stürzte das kleine Fahrzeug um, und beide Krieger wurden in den Fluß geschleudert. Das Wasser ist an solchen Engen selten tief, mit Ausnahme einzelner Stellen, wo es sich Kanäle ausgewaschen hat. Es blieb ihnen deßhalb von diesem Unfall wenig zu besorgen, obgleich ihre Waffen dabei verloren gingen. Sie waren nun genöthigt, sich mit dem möglichsten Vortheil gegen das freundliche Ufer, bald schwimmend, bald watend, wie es die Umstände erforderten, zurückzuziehen. Der Kahn selbst blieb an einem Felsen in