Karibien. Xaver Engelhard

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Karibien - Xaver Engelhard

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style="font-size:15px;">      „Mr. Woldorowitz hat hier inzwischen ein persönliches Depot“, knurrte sie schlecht gelaunt, bevor sie durch die Tür verschwand.

      „Mr. Woldorowitz hat offenbar eine neue Freundin gefunden“, behauptete Rodney mit hoher Stimme und imitierte den Tonfall der Krankenschwester. Er rieb sich die Hände und setzte sich zu Waldo auf eines der Sitzmöbel, die bunte Buchstaben oder Zahlen vorstellten. Waldos b war noch einigermaßen bequem, die 4 jedoch war kaum mit der menschlichen Anatomie vereinbar, wie Rodney bald feststellen musste. „Ansonsten alles okay?”

      Waldo zuckte mit der Schulter und blickte aus dem Fenster, das vom Boden bis zur Decke reichte.

      „Die Arschlöcher tun grad so, als hätt’ ich ‘nen Hau.”

      Rodney nickte verständnisvoll.

      „Kotzt mich an, diese Heuchelei. Tun alle so, als ginge es darum, dir zu helfen und dich irgendwie zu heilen, dabei wollen sie dich bloß vollspritzen und ruhigstellen, damit sie weiter ungestört fernsehen können.” Waldo warf einen Blick zur Tür, dann beugte er sich leicht nach vorne. „Ham ‘ne scharfe neue Schwesternschülerin. Der würd’ ich gern mal ‘ne Kanüle legen.” Er kicherte. „Und glaub bloß nicht, dass ich das nicht noch könnte! In echt, mein’ ich. Hab’ nämlich selbst mal in so ‘nem Schuppen gearbeitet. Drüben in New York! War so ‘n Altersheim für Russen. Mit ‘nem Popen, der Lachgas geschnüffelt und sich am Pier im Surfen versucht hat!” Er schüttelte versonnen den Kopf. „Kind seiner Zeit.” Er rückte mit seinem Sessel näher an Rodney heran. „Hey Rod, du musst mir unbedingt was zum Trinken besorgen. Ich brauch’ nur eine Flasche. Du kannst sie ja wieder umfüllen und zu den Reinigungsmitteln stellen.”

      „Die haben hier alles umgebaut. Die Kammer gibt ‘s nicht mehr. Hab’ schon nachgeschaut. Außerdem ... ich weiß nicht ... Du hättest wirklich jemanden verletzen können.”

      „Verletzen!?“, höhnte Waldo. „Das sind doch alles Schemen. Die wissen von nichts. Von überhaupt nichts! Wie willst du die verletzen? Der einzige Verletzte bin ich, tief in mir drinnen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie das ist, wenn die Druckwelle der Granaten die anderen aus ihren flachen Gräbern hebt und sie vor dir hängen mit ihren zerfetzten Leibern.” Er holte kurz Atem, beugte sich zu Rodney und zischte: „Du weißt nicht wie das ist.” Er packte Rodney an der Schulter. „Ich hab’Angst zu schlafen. Ich hab’Angst, dass sie dann kommen. Ich darf die Augen nicht zumachen. Ich muss wachsam bleiben. Aber diese scheiß Ärzte, die wollen ja nur, dass ich Ruhe gebe! Sie wollen mir gar nicht helfen. Die stecken mit ihnen unter einer Decke. Weil, wenn ich nicht aufpasse, dann kommen sie wieder, dann kriechen sie aus ihren Gräbern, dann beginnt der ganze scheiß Krieg von vorne.” Er war immer lauter geworden und schrie am Ende mit voller Lautstärke. Die beiden Flügel der verglasten Doppeltür sprangen auf und krachten gegen die Stopper. Die Krankenschwester und ein breiter, kahl geschorener Pfleger kamen auf Rodney und Waldo zu gerannt.

      „Nein!“, flehte Waldo. „Nein!” Er riss einen Arm vor das Gesicht und streckte den anderen abwehrend in Richtung der Schwester. Der Pfleger packte ihn von hinten und nahm ihn geübt in eine Art Polizeigriff.

      „Sie gehen jetzt besser!” Die Schwester sah Rodney vorwurfsvoll an.

      „Es tut mir leid, aber ...” Rodney stand auf und beobachtete, wie der Pfleger Waldo mit großer Mühe zur Tür schob.

      „Nein!“, wiederholte Waldo. „Das dürft ihr nicht. Nein!”

      „Was meinen Sie denn: Wann kann er wieder Schach spielen?”

      „Keine Ahnung!“ Die Krankenschwester verschränkte die Arme. „Es wird jedes Mal schlimmer. Und Sie wissen ja selbst: Das Schachspielen beruhigt ihn nicht gerade.”

      „Aber es lenkt ihn ab!”

      Die Krankenschwester nickte nachdenklich.

      „Kommen Sie nächste Woche wieder! Ich hoffe, wir haben ihn bis dahin so weit runtergefahren, dass er wieder einigermaßen klar denken kann.”

      Es war Nacht. Rodneys Dodge, der mit einer Rostschutzfarbe bepinselt war, die ihn in der Dunkelheit so gut wie unsichtbar machte, rollte durch die verlassenen Straßen eines Vororts von Squish, der nächsten größeren Stadt, wenn man von Wilbourne aus der Küste nach Norden folgte. Auf dem Beifahrersitz saß Schmiss, Rodneys Gehilfe, der sich durch braune Mandelaugen und blondes Stoppelhaar auszeichnete, dicke Muskeln und einen runden Kopf.

      „Wie hast ‘n das schon wieder ausbaldowert?” Obwohl sie jetzt seit einem halben Jahr zusammenarbeiteten, hatte Schmiss noch nichts von der ursprünglichen Bewunderung für seinen Chef, das Superhirn ihrer Zwei-Mann-Bande, eingebüßt.

      „Stand in der Zeitung. Die haben ‘ne Karibikkreuzfahrt im Bingo gewonnen; und es gab ein Foto von ihnen vor ihrem Haus; und das ist nicht von schlechten Eltern.”

      Schmiss kicherte und schüttelte den Kopf.

      „Die wer ‘n sich ganz schön wundern, wenn sie zurückkommen. Aber brauchen sich nich’ zu beschwer ‘n. Ham sich schließlich Karibien anschauen dürfen.” Er räkelte sich ein bisschen. „Muss ‘n tolles Land sein. Mit Affen und so!”

      „Es heißt Karibik, und es ist kein Land, sondern ein Meer voller Inseln!”

      „Is doch egal.” Schmiss, der sich nicht gerne belehren ließ, verschränkte die dicken Arme und schmollte, hielt dies aber nicht lange durch. „Stell’ ich mir jedenfalls irre vor: lauter Sand und Kokosnüsse, und die Mädels ham fast nix an! Da verstecken wir uns, wenn wir mal so ‘n richtig großes Ding gedreht ham. Wie die Piraten! Wir vergraben alles und lassen es uns gut gehen. Was meinst du?”

      „Kühlschränke kannst du nicht vergraben. Die gehen kaputt davon.”

      „Scheiße! Doch nich’ die Kühlschränke!“, rief Schmiss empört, denn er fand, mit solcher Begriffsstutzigkeit wurde Rodney seinem Status als Superhirn nicht gerecht. „Wir klauen doch nich’ unser Leben lang nur Kühlschränke.”

      „Ja, mal schauen!” Obwohl er seit ein paar Jahren seinen Lebensunterhalt als Einbrecher verdiente, war Rodney kein Abenteurer. Nur widerwillig hatte er sich von Schmiss dazu überreden lassen, ihren Geschäftsbereich zu erweitern und neben Kühlschränken und Fernsehern auch Computer und sonstige elektronischen Geräte als Beute anzusehen.

      „Mal schauen, mal schauen!“, brummte Schmiss verächtlich. „So kommen wir nie nach Karibien!”

      „Vielleicht ist das auch besser so: Wirst gleich sehen, wie ‘s Leuten ergeht, die dorthin fahren!” Rodney kicherte; und Schmiss stimmte mit ein und warf seinem Chef einen dankbaren Blick zu.

      Die Fenster des weitläufigen Bungalows waren tatsächlich alle dunkel. Rodney parkte den Lieferwagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite, schlich mit Schmiss um das Haus herum und musste sich nur kurz an dem Schloss der hinteren Tür, die aus dem baumbestandenen Garten in die Küche führte, zu schaffen machen, damit der Riegel zurückschnappte. Schmiss hatte es längst aufgegeben, ihn dabei zu beobachten, um eventuell hinter das Geheimnis seiner offenbar mühelosen Kunst zu kommen.

      Sie orientierten sich im Schein ihrer Taschenlampen, machten sich routiniert an die Arbeit und trugen CD-Spieler, Videogerät und Fernseher in die Diele, von wo aus sie verladen werden sollten. Schmiss wollte nachsehen, wie es um Kühlschrank, Tiefkühltruhe und ähnlich sperrige, dafür leicht verkäufliche Geräte bestellt war; Rodney begab sich auf die Suche nach sonstigen Wertgegenständen

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