Genesis VI. Alfred Broi
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Doch er sollte erneut keine Antwort bekommen. So ließ er Kendig los, der daraufhin zusammensackte. Der Mann hinter ihm riss jedoch sofort an der Schlinge, die sich augenblicklich fester um seinen Hals schloss und ihm den Atem nahm. Kendigs Körper zuckte in die Höhe und er drückte ihn wieder durch, so gut es ging, rang nach Luft. Viele Kraftreserven hatte er allerdings nicht mehr, Oberschenkel und Arme zitterten bereits erbärmlich.
Rechts neben ihm, an dem einen Ende der Reihe kniete seine Frau Malawi. Ihr Gesicht war gezeichnet von einigen Misshandlungen, auch sie atmete schwer. Schweiß rann ihr über die Stirn in die Augen. Ihr Blick war auf Kendig gerichtet, tiefer Schmerz hatte ihr Herz erfasst, sie wünschte sich nichts sehnlicher, als ihm helfen zu können. Doch ihre Arme waren ebenso auf dem Rücken gefesselt, wie die aller anderen und der Zug an ihrem Hals tat sein Übriges, um sie ziemlich wehrlos zu machen. Dennoch war ihr klar, dass sie ihrem Mann helfen musste. Sie musste die Aufmerksamkeit von ihm nehmen, damit er durchatmen konnte. Echte Angst um ihn erfasste sie, ließ sie ihre eigene Angst und ihre vielfältigen Schmerzen vergessen. Einzig Liebe trieb sie an. „Wer was?“ stieß sie halb erstickt hervor – und bereute es einen Augenblick auch schon.
Denn Narrix wirbelte zu ihr herum, legte seine rechte Hand um ihre Kehle und drückte gnadenlos zu. Malawi wurde schlagartig heiß, sie konnte nicht mehr atmen und hatte das Gefühl, ihr Kehlkopf würde zerquetscht werden.
„Wer was?“ Das war Rimbo. Er befand sich links neben seiner Frau Idis, die wiederum links von Kendig kniete. Seine Stimme klang gereizt und ziemlich kraftvoll, doch schon im nächsten Moment zog der Kerl hinter ihm derart kräftig an der Schlinge, dass Rimbos Knie für einen Moment vom Boden abhoben und er röchelnd zu zappeln begann.
Narrix schien im ersten Moment nicht auf ihn reagieren zu wollen. Stattdessen weidete er sich sichtlich an Malawis Schmerz und Hilflosigkeit, so sehr, dass er grinsen musste. Plötzlich schoss sein Kopf nach vorn und er küsste sie fest auf den Mund. Malawi stöhnte auf und versuchte sich ihm zu entwinden, was ihr aber nicht wirklich gelang. Hilflos musste sie den rüden Kuss über sich ergehen lassen. Als Narrix schließlich wieder von ihr abließ war sie einer Ohnmacht sehr nahe. Wild rang sie nach Luft, spürte, wie Übelkeit in ihr aufstieg, sie röchelte und hustete Schleim hervor.
Narrix grinste sie nochmals breit an, dann wandte er sich von ihr ab und trat vor Rimbo. Ohne Vorwarnung riss er sein rechtes Bein in die Höhe und rammte es ihm in den Magen. Rimbo stöhnte, sein Gesicht wurde rot und auch er würgte hustend Schleim hervor. Narrix wartete reglos, bis er sich wieder etwas beruhigt hatte. „Wer fehlt hier?“ fragte er dann und starrte Rimbo direkt in die Augen.
„Ich…!“ Rimbo hatte Mühe durch seine zunehmend verstopfte Nase zu atmen. „…verstehe nicht! Wer zum Teufel soll denn hier fehlen?“
„Ich glaube…!“ brachte Idis mit großer Mühe hervor. Auch sie hatte große Sorgen um ihren Mann und wollte ihm helfen, indem sie die Aufmerksamkeit von ihm ablenkte. „…ich bin nicht mehr ganz bei mir!“ Im Gegensatz zu Malawi war sie auf eine ruckartige Bewegung des Captains gefasst, die auch prompt kam. Er griff rüde ihre Haare an der Stirn und drückte ihren Kopf nach hinten. „Vitaminmangel…schätze ich!“ fügte sie noch hinzu und grinste dabei sogar verzerrt.
Narrix starrte sie mit einem widerlichen Grinsen und zunehmend offener Gier an. Seine Augen leuchteten. „Du bist eine Wildkatze!“ sagte er und schon lag seine linke Hand auf ihrer rechten Brust. Idis stöhnte auf, doch nicht aus Wollust, sondern aus Ekel. Narrix aber störte sich nicht daran. Er knetete sie für einen Augenblick hart, dann drückte er mit aller Kraft zu. Wieder musste Idis stöhnen, dieses Mal jedoch aus Schmerz. „Ich liebe das!“ Er bleckte die Zähne. „Eure Männer sterben zuerst. Dann werde ich mich mit euch Frauen beschäftigen. Und wenn ich mit dir fertig bin, dann kannst du sagen, dass du nicht mehr ganz bei dir bist. Ich werde dir und deinen Freundinnen nämlich den Verstand aus dem Kopf vögeln. Erst ich…und dann meine Männer!“ Er starrte Idis direkt in die Augen, während er ihre Brust wieder knetete. „Gib zu, du freust dich schon darauf!“
Das war zu viel für Rimbo. Obwohl er wusste, dass es wehtun würde, drückte er sich auf die Beine und machte einen Schritt auf Narrix zu. Doch bevor er ihn ganz ausgeführt hatte, war der Kerl in seinem Rücken auch schon bei ihm und hämmerte ihm mit rüder Gewalt den Gewehrkolben zwischen die Schulterblätter, dass es nur so krachte. Rimbo hatte das unbedingte Gefühl, dass etwas zerbrach. Alle Kraft wich aus seinem Körper und er fiel zurück auf die Knie, wo ihm der Kerl nochmals einen derben Schlag mit dem Kolben in den Nacken versetzte, sodass er aufschreien musste. Für einen Moment verschwamm das Bild vor seinen Augen, dann spürte er widerliche Hitze in seinem Gesicht, als die Schlinge um seinen Hals wieder festgezogen und er somit zurück auf seine Ausgangsposition getrieben wurde.
„Bist du bescheuert?“ fragte Narrix in lässigem Ton wahrlich von oben herab.
„Lass sie in Ruhe!“ stieß Rimbo hervor. „Leg dich mit mir an, wenn du dich traust!“ Er blickte seinem Gegner geradewegs und mutig in die Augen.
Doch Narrix blieb ruhig und grinste sogar. „Dass du mit ihr leiert bist, habe ich schon mitbekommen! Auch, dass ihr beide…!“ Er blickte zu Kendig und Malawi. „…zusammengehört, weiß ich!“ Er drehte sich zu den drei anderen Personen, die bisher noch ungeschoren davongekommen waren. „Aber bei euch dreien bin ich mir da noch nicht so sicher!“ Er trat vor Esha, Shamos und am anderen Rand der Gruppe Jorik. In ihren ebenfalls übel zugerichteten Gesichtern, konnte man sehen, dass sie nervös wurden. Narrix hatte im Moment wirklich alle Trümpfe in seinen Händen und spielte sie absolut gnadenlos aus. Allen war klar, dass er brandgefährlich war und ihr aller Leben am seidenen Faden hing. „Ich muss das aber wissen!“ Narrix Stimme klang beinahe entschuldigend. „Damit ich weiß, wessen Partner hier fehlt!“ Er schaute alle drei direkt an. „Denn das einer fehlt, ist klar!“ Plötzlich veränderte sich seine entspannte Miene, er verzog die Mundwinkel, blickte erst säuerlich, dann zornig und schon im nächsten Moment brüllte er fast hysterisch. „Denn diese Mistsau hat uns bei euren Freunden verraten und mich ein verdammtes Schiff gekostet!“ Ohne Vorwarnung zuckte seine rechte Faust nach vorn und schon verpasste er jedem der drei einen knallharten Schlag ins Gesicht, dass es nur so klatschte. Alle stöhnten, Esha schrie zusätzlich erstickt auf. Doch keiner von ihnen zeigte weitere Reaktionen, geschweige denn Blickkontakt. Shamos zerriss es innerlich beinahe, dass er mit ansehen musste, wie Esha litt, doch war ihm spätestens nach diesen Worten des Captains klar, was Jorik geschehen würde, wenn sich herausstellte, dass seine Marivar die Informantin ihrer Freunde gewesen war, denn nur sie konnte es doch gewesen sein.
Jorik sah man an, dass sich in seine Furcht vor den Konsequenzen auch so etwas wie Freude gemischt hatte, denn letztlich bewies dies alles doch auch, dass Marivar noch immer lebte – eine Ungewissheit, die ihm bisher schwer zu schaffen gemacht hatte.
Narrix beruhigte sich wieder etwas, zumindest schien es so. Er stand mit gesenktem Kopf der Gruppe abgewandt. Es waren tiefe Atemzüge zu hören, während seine Hände sich immer wieder zur Faust ballten und dann wieder öffneten. Sein Gesicht war eine zornige Grimasse, seine Augen funkelten irr, er schwitzte. Doch das konnte keiner der anderen sehen. Erst allmählich entspannten sich seine Züge und wenige Augenblicke später erschien tatsächlich ein Lächeln auf seinen Lippen, das sogar anhielt, als er sich wieder zu der Gruppe herumdrehte. „Okay!“ Seine Stimme klang fast freundlich, doch in den Gesichtern seiner Opfer sah er Furcht, was ihn zusätzlich belustigte. „So kommen wir also nicht weiter!“ Er atmete einmal tief durch. „Dann eben auf andere Weise!“ Sein