Vulkanjäger. Катя Брандис
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„Nein“, antwortete ich Aolani. „Vulkane sind zwar total interessant, aber ... ich weiß nicht. Wahrscheinlich werde ich Biologe. Ich habe schon als Kind im Wald Käfer gefangen.“
Aolani lachte. „Biologe? Das ist ja was ganz anderes.“ Es klang ein bisschen abfällig.
„Stimmt“, sagte ich knapp. Klar, ich war anders als mein Vater, aber was genau war daran so furchtbar lustig? Hatte sie eine Miniaturausgabe von André erwartet?
„Pflanzen sind dazu da, gegessen zu werden“, sagte mein Vater und pikte ein Stück überbackene Aubergine auf die Gabel. „Vulkane dagegen ... das sind Urgewalten.“ Sein Gesicht begann zu leuchten, und die Aubergine strandete auf halbem Weg zum Mund, er hatte sein Essen völlig vergessen. „Solche Berge sind nicht einfach totes Gestein, sie leben! Und es gibt nichts auf der Welt, das eine solche unglaubliche Kraft hat wie ein Vulkan.“
„Ja“, sagte Aolani und ein Mona-Lisa-Lächeln schwebte um ihre Lippen. „Deshalb ist es gut, wenn man Ehrfurcht vor ihnen hat. Sonst straft einen Pele. Sie ist keine Göttin, die leicht verzeiht.“
Wieder diese Vulkangöttin, jeder hier schien über sie zu reden. „Glaubst du wirklich an so was?“, entfuhr es mir und Aolanis Lächeln schwand.
„Ja – was ist dabei, wenn ich fragen darf?“
Wenn diese Frau an irgendwelche komischen Götter glauben wollte, dann sollte sie doch! „Blöde Bemerkung. Sorry“, sagte ich und beugte mich über meinen Teller, ohne Aolani oder meinen Vater noch einmal anzusehen. Okay, ich hatte eine taktlose Frage gestellt, aber was mein Vater gesagt hatte, war nicht weniger dämlich. Pflanzen sind dazu da, gegessen zu werden, o Mann! Er war doch so viel herumgekommen … hatte er noch nie im Leben über eine Orchidee gestaunt, die auf einem Ast im Regenwald blühte? Oder einen gewaltigen, jahrhundertealten Baum bewundert?
André schien nicht zu bemerken, dass ich mich unwohl fühlte, oder vielleicht interessierte es ihn auch nicht. Stattdessen lächelte er Aolani an und begann mit ihr abzusprechen, was er morgen filmen wollte. Moment mal, was genau würde er aufnehmen – eine Zeremonie, in der wir der Vulkangöttin opferten?
„Ich habe eigentlich keine Lust, irgendwelche Götter zu beschenken“, mischte ich mich ein.
Diesmal war es mein Vater, der lachte. „Du musst das auch nicht machen, da hast du nicht richtig zugehört. Aolani macht das schon, dafür braucht sie unsere Hilfe nicht.“
„Gut“, sagte ich, legte mein Besteck hin und beschloss, mit dieser Frau nicht mehr als nötig zu reden. Es passte einfach nicht zwischen uns dreien. Ich hoffte, dass diese dämliche Opferzeremonie ein Fiasko werden würde und sie wirklich eine so schlechte Schauspielerin war, wie sie befürchtete.
Zum Abschied küssten André und Aolani sich auf den Mund. War sie seine Freundin? Gut möglich. Seltsames Gefühl. Wenn er mit ihr Kinder bekam, waren das meine Halbgeschwister. Ich konnte nur hoffen, dass es nichts Ernstes war zwischen den beiden.
Hi Jan,
du hast Lava geknetet? Pazza idea – völlig verrückt! Wo ist das Beweisfoto?
Mit meinem kleinen Bruder war ich heute angeln. Aber wir haben nicht mal eine winzige Sardine erwischt.
Ich habe leider nicht von dir geträumt, sondern von meinem verstorbenen Opa. Meine Tante Assunta hat mir ganz genau erklärt, welche Lottozahlen es bedeutet, was er im Traum getan und gesagt hat. Für alle Fälle gebe ich mal einen Lottoschein ab.
Ciao,
Giulia
PS: Du fehlst mir!
Hi Giulia,
du fehlst mir auch. Ich würde zu gerne sagen, dass ich bald wiederkomme und dir dann einen zwei Zentner schweren Thunfisch für die Pfanne mitbringe, aber ich glaube, das klappt nicht. Wieso konnten wir uns nicht einfach in Deutschland begegnen (wo ich in ein paar Wochen wieder bin)? In einem Laden mit Souvenirs aus Bayern womöglich?
Ciao, Jan
PS: Meint ihr das ernst mit den Lottozahlen?
Am nächsten Morgen, noch vor Sonnenaufgang, holten wir Aolani mit dem Auto ab. Im Halbdunkel der Innenbeleuchtung sah ich, dass sie diesmal Sandalen, ein bodenlanges rotes Kleid und eine Hibiscusblüte im Haar trug. Der Lederrucksack über ihrer Schulter passte nicht ganz ins Bild, aber auch so sah sie leider fantastisch aus. Als sie mich anlächelte und mit ihrer melodischen Stimme „Hi“ sagte, hätte das neunundneunzig Prozent aller Jungs zerfließen lassen. Bei mir funktionierte es natürlich nicht, weil ich sowieso nur an Giulia denken konnte, und ich grunzte irgendetwas zurück. Mein Vater küsste Aolani zur Begrüßung, dann kehrten wir ins Reich des Kilauea zurück. Ohne Fred diesmal, er war im Hotel geblieben, um eins seiner Geräte zu reparieren.
Für den Marsch bis zum Kraterrand zog sich Aolani Sneaker an, die sie aus ihrem Rucksack holte. Klaglos wanderte sie in ihren schicken Sachen durch die stille dunkle Landschaft und der Lichtkegel ihrer Taschenlampe strich über den Boden vor uns.
Als wir am Rand des Kraters angekommen waren, sog ich beeindruckt die Luft ein. Es war zwar noch nicht richtig hell, aber man konnte schon erkennen, dass hier in der tellerflachen Ebene ein riesiges Loch klaffte. Ganz plötzlich, ohne Übergang, ging es steil nach unten. Der andere Rand des Kraters war bestimmt einen Kilometer entfernt.
Mein Vater begann, seine Kamera aufzubauen. „So, jetzt bist du dran. Weißt du noch, wie es geht? Erst das Objektiv anschrauben, dann den Akku anflanschen ...“
Ich folgte seinen Anweisungen und beobachtete aus den Augenwinkeln Aolani, die aus ihrem Rucksack eine Tüte mit Murmeln – oder waren das Beeren? – und eine Flasche zum Vorschein brachte. Verdutzt wandte ich mich um und versuchte, das Etikett zu erkennen. „Gin“, erklärte Aolani, als sie meinen Blick bemerkte. „Pele mag Gin. Und Ohelo-Beeren sind ihr heilig, man darf sie nicht essen, ohne ihr die ersten zu schenken.“
Eine versoffene Göttin. Das wurde ja immer besser. Unwillkürlich musste ich grinsen. Leider sah es Aolani und mit unbewegtem Gesicht wandte sie sich ab. O je. Sofort tat es mir leid. So war ich doch sonst nicht.
„Okay, konzentriert euch jetzt bitte“, mahnte mein Vater. „Gleich ist die High-Speed-Kamera warm und wir können drehen.“ Keinen Moment zu früh, schon ging die Sonne auf. Aolani schritt den Krater entlang, bis mein Vater „Stopp“ sagte. Dann hieß es: „Okay, Action, bitte!“
Und Aolani verwandelte sich. Im Gegenlicht wurde sie zu einer leuchtenden Gestalt, die ihre Arme dem Himmel entgegenstreckte. Ihre hawaiianischen Beschwörungformeln klangen weich und geheimnisvoll und ihr Körper bewegte sich im Rhythmus einer unhörbaren Melodie. Fasziniert beobachtete ich sie. Kein einziges Mal sah sie zu uns herüber, wir waren nicht mehr wichtig, sie war allein mit ihrer Göttin.
Feierlich warf Aolani eine Handvoll der roten Beeren in den Krater. Ich schaute so gebannt zu, dass ich zusammenzuckte, als die junge Hawaiianerin die Flasche Gin hinterherschleuderte.
Der Communicator meines Vaters