Violet - Dunkelheit / Entfesselt - Buch 4-5. Sophie Lang

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Violet - Dunkelheit / Entfesselt - Buch 4-5 - Sophie Lang Violet

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      Meine Bestien sind hellwach. Es ist erstaunlich, dieses Detail, diese Veränderung der Wassermoleküle wahrzunehmen. Aber es ändert nichts.

      Ich lege meinen ganzen Zorn in einen Schrei. Aber ich kann mich nicht hören, meine Lippen bewegen sich nicht, nur meine Augen sind dazu in der Lage. Als wäre ich nicht ich, sondern nur der Beobachter meines Körpers.

      Jetzt flackern die Bestien auf meiner Haut auf wie tausend Kerzen im Sturm und die Lichter im Bad auch. Elektrizität ist nur eine andere Form von Energie, das weiß ich von Hope.

      Plötzlich.

      Eins der Lichter zersplittert und Elektrizität schießt zu mir in den Raum, wie ein Blitz. Freigelassene Energie.

      Weiße Lichter in der Luft, blaue Feuerbögen an der Decke, helle Flammen an meinen Füßen vertreiben die Wut, machen mir Angst.

      Meine Tattoos erlischen und als bestünde zwischen ihnen eine Verbindung, erlischen auch die elektrischen Funken. Ich stehe im Dunkeln. Zittere, bebe ein wenig.

      Was, um Gottes Willen, war das denn?

      Hope würde vor Freude in die Luft springen, weil das definitiv mehr war, als so körperlicher Kram. Ich sinke auf meine Knie und muss meine Tränen zurückhalten, meine Augen vor dem Überfluten retten. Bin von meinen Gefühlen total überwältigt. Fühlte Hass und fürchtete mich zugleich. Ich denke an Adam und sehne mich nur nach seiner Nähe. Sehne mich nach einem anderen Gefühl, nach seiner Liebe. Ich hoffe nicht nach seinem Blut.

       Kapitel 3

      Irgendwann später, denke ich, weil sich die Zeit wie zähflüssiger Sirup anfühlt, humple, laufe ich frisch geduscht, gepflegt, nun doch nicht neu eingekleidet, aber dafür mit einer neuen Fähigkeit ausgestattet, die ich noch nicht einzuordnen weiß, zurück in meine Kammer.

      Bevor ich beginne, die Welt zu retten, sollte ich wieder richtig laufen können, mich von dieser lästigen Schiene befreien, denke ich, als ich spüre, dass ich nicht alleine bin, dass ich beobachtet werde.

      Meine Übersinne funktionieren immer besser.

      Ich weiß, es steht jemand hinter der Panzerglasscheibe und beobachtet mich, trotzdem oder gerade deshalb tue ich so, als wüsste ich es nicht. Ich setze mich auf das Bett, rutsche nach hinten bis an die Wand, strecke meine Füße aus und lasse es zu.

      Ich fühle es ganz deutlich. Jemand steht dort, studiert mich. Es sollte mir nicht gut gehen. Aber trotz aller Sorgen um Asha, wie sie mich angesehen hat? Um Hope, wie es ihr geht? Um Adam, was sie mit ihm machen und um Jesse und die anderen, wo sie sind? Trotz aller Ängste und Sorgen ist mir das alles hier vertraut. Das ist meine Kammer, meine Zelle. Hier bin ich daheim.

      Ich werde beobachtet wie ein Objekt und es ist okay, als wäre es das normalste auf der Welt, wie eine Bestie eingesperrt zu sein und wie eine Laborratte studiert zu werden.

      Ich betrachte den Sensor neben der Panzerglasscheibe. Er leuchtet rot. Ich müsste ihn lediglich betätigen und er würde auf grün umspringen. Grün bedeutet, dass die Scheibe zu beiden Seiten undurchsichtig ist. So wie es Asha getan hat. Warum verschließt sie sich vor mir? Vielleicht kennt er, der vor der Trennwand steht, die Antwort?

      Ich stehe auf und humple nach vorne. Die Schiene summt mit jedem Schritt. Ich gehe dort hin, nicht um den Sensor zu betätigen, obwohl die Versuchung groß wäre, jetzt ungestört zu sein. Nein, ich will nun doch wissen, wer es ist, der mich anstarrt.

      Ich bin da, berühre die Scheibe, fühle wie kalt sie ist. Aber nicht im Entferntesten so kalt wie meine Haut, wenn meine Bestien erwachen. Das Sichtfenster wird größer und ich halte durch, bis die ganze Wand transparent ist, bis ich alles und jeden sehen kann, der sich auf der anderen Seite befindet. Ich wage es nicht, die andere Seite Freiheit zu nennen, weil ich mich nicht eingesperrt fühle.

      Der Mann trägt keine Uniform. Keinen roten Panzer, so wie die Vollstrecker. Er ist in einen schwarzen Stoff gekleidet, der mich an Sektion 13 erinnert. An den Finanzdistrikt, an die Menschen, die dort Tag für Tag zur Arbeit gehen und von all dem hier nichts wissen, nicht das Geringste ahnen. Wie unwirklich sich dieser Gedanke anfühlt. Als befände ich mich in einer anderen Welt.

      Was die Menschen in Sektion 13 oder in all den anderen Sektionen machen würden, wenn sie über die Wahrheit Bescheid wüssten? Wäre das eine Möglichkeit, die Pfeiler, die Machtstrukturen der Gesandten zu erschüttern? Alle in Kenntnis zu setzen, um zu revoltieren?

      Ich betrachte wieder den Mann. Alles an ihm folgt einer klaren Struktur, unbeugsamen, unsichtbaren Linien. Angefangen bei seiner wie aus Stein gemeißelten Nase, bis zu der Schnürung seiner Schnürsenkel. Wenn er Entscheidungen trifft, dann überlässt er nichts dem Zufall, denke ich.

      Er lächelt mich an und etwas Wärme scheint von ihm, seinem Herzen zu mir, in mein Zimmer zu rieseln. Das Lächeln ist echt. Ich beobachte ihn ohne zu wissen, wie ich auf ihn, auf die mir geschenkte Freundlichkeit reagieren soll.

      Nun begibt er sich zum Schließmechanismus oder Öffnungsmechanismus, wie man es sehen möchte und meine Zimmertür öffnet sich für mich. Jetzt, da er sich bewegt hat, erkenne ich ihn wieder. Er war es, der mir auf dem Dach der Forschungsstation das Leben gerettet hat. Der den Vollstreckern befohlen hat, das Feuer einzustellen, ihre Waffen nach oben gerissen hat, damit sie den Himmel treffen und nicht Hope oder mich. Auf dem Dach trug er etwas Militärisches - erinnere ich mich. Ganz anders als jetzt. Er sieht vielmehr aus, als wäre er ein Geschäftsmann.

      Mit mir ist schlecht Geschäfte zu machen. Ich habe nicht viel zu bieten. Außer einem in die Jahre gekommenen, blauen Teddy und ein paar Fähigkeiten. Körperlicher Kram würde Hope sagen und etwas anderes. Etwas, das dort oben auf dem Dach passiert ist und eben im Badezimmer. Etwas, das ich noch weiter erforschen muss. Etwas, das mich dazu befähigte, Hope das Leben zu retten und ich bezweifle, dass es an der Qualität meiner Stimme, meines Gesangs lag, dass sie nicht gestorben ist, sondern ihre Augen geöffnet hat, um einen Scherz zu machen. Gute, alte, lebenslustige Hope.

      „Mein Name ist Fischer, ich bin verantwortlich für die Sicherheit dieses Komplexes.“ Für die Sicherheit? Seltsam, dass er immer noch lächelt. Hope und ich müssen ihn in ganz schöne Schwierigkeiten gebracht haben.

      „Mein Name ist Freija und ich wurde hier geboren“, sage ich und Fischer nickt mir zu. Ich kann mich nicht daran erinnern, ihn in meiner Vergangenheit einmal gesehen zu haben. Nur an den Professor kann ich mich erinnern, an die acht Jungs und an Asha, die sich jetzt vermutlich hinter der undurchsichtigen Glasscheibe gegenüber befindet. Ob Fischer wohl weiß, dass ich hier geboren wurde und dass Asha und ich Zwillingsschwestern sind?

      „Folge mir bitte.“ Es ist das Bitte, der Ton und sein Lächeln, die den Unterschied ausmachen. Ich kann nicht sagen wieso, aber ich vertraue ihm.

      Wir verlassen die Halle mit den Kammern? Zellen? Laboratorien! Folgen einem unendlich langen Korridor, an dessen Ende ein Aufzug auf uns wartet.

      „Keine Vollstrecker, um mich in Schach zu halten?“, frage ich beiläufig, weil mir auffällt, wie ruhig und furchtlos er in meiner Gegenwart ist.

      „Du wirst mir nichts tun, solange du deine Freunde nicht in Sicherheit wiegst. Wir werden sie töten, wenn du etwas Unüberlegtes tust.“ Er sagt das, ohne dass es sich wie eine Drohung anfühlt. Er spricht einfach nur von der Wahrheit.

      Vier Sektorebenen höher, zwei nicht enden

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