Undercover - Auftrag. Jürgen H. Ruhr
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Was hatte ich vorhin so am Rand mitbekommen? Kurz bevor der Hund mich ablenkte? ‚Wir sind vom Wasserwerk‘. Nun, es war wirklich keine große Kunst sich auszumalen, was hier für Typen am Werk waren. ‚Typen‘, definitiv Plural, denn der Mann sagte ja: ‚Wir sind ...‘
Leise tastete ich nach meinem Revolver. Den trug ich, ebenso wie meinen dazugehörigen Waffenschein, immer bei mir. Und natürlich war mein Revolver, ein Smith und Wesson sechsunddreißig, immer geladen. Das hatte uns Bernd einst so eingeprägt. Was nützt eine ungeladene Waffe schon?
Ohne ein Geräusch zu machen schlich ich um das Bett herum, bis ich hinter dem Dieb stand. Die Tür zum Wohnzimmer lehnte am Rahmen und ich vermutete, dass der zweite Gangster sich dort umsah. Im Hintergrund hörte ich leises Wasserrauschen. Vermutlich aus dem Bad.
„Keinen Ton, sonst drücke ich ab“, flüsterte ich und presste dem Schmuckdieb den Revolver an die Schläfe. Dann kommandierte ich weiter: „Jetzt ganz langsam auf den Boden. Sollte ich auch nur einen Ton hören, knall ich dir das Hirn weg!“ Ich hätte mir wegen dieser Theatralik selbst am liebsten auf die Schulter geklopft. Man muss nur genügend Kriminalfilme sehen, dann stellen sich solche Dialoge von ganz allein ein. Oder besser: Monologe. Denn der Mann gab weisungsgemäß nicht einen Ton von sich.
„Die Hände auf den Rücken, schnell“, befahl ich weiter. Mit meiner freien Hand suchte ich in meinen Taschen nach einem Kabelbinder. Ebenfalls eine Angewohnheit, die sich als hilfreich erwies: Ich trug immer einige Kabelbinder bei mir. Mit denen ließen sich einfach und gut Hände und Beine fesseln und diese Plastikstreifen nahmen nicht so viel Platz weg wie Handschellen. Sekunden später lag der Mann gefesselt vor mir. „Wehe, ich höre einen Ton von dir“, schärfte ich ihm noch einmal ein. Dann drehte ich seinen Kopf zur Seite und ließ ihn einen Blick auf meinen Revolver werfen. Das dürfte genügen, um ihn ruhig zu stellen.
Der zweite Ganove wühlte in aller Ruhe in den Schubladen des Wohnzimmerschrankes, während der Pudel ihm dabei aufmerksam zusah. Was war jetzt mit ‚Wachhund‘? Hund, der sein Frauchen beschützt? Nun, Pudel sind wohl als Wachhunde eher ungeeignet. Denke ich. Aus dem Badezimmer klang immer noch das Rauschen von Wasser herüber.
Allmählich kroch in mir eine Wut hoch, die ich allzu gut kannte. Hier waren zwei Männer im besten Alter, die eine fast Neunzigjährige um ihren Schmuck und ihr Erspartes bringen wollten. Den Typen täte es besser, einmal einer ehrlichen Arbeit nachzugehen ...
„Keine Bewegung und die Hände über den Kopf. Aber dalli!“, rief ich in scharfem Ton. Überrascht drehte der Gangster sich zu mir. Als er den auf sich gerichteten Revolver sah, hob er brav die Hände über den Kopf. In der einen hielt er ein blaues Sparbuch.
„Hinlegen. Und keine Zicken. Ich hätte kein Problem damit, dich zu erschießen. Gib mir die legale Gelegenheit und ich wäre dir sogar noch dankbar!“
Der Gauner ließ sich schneller zu Boden fallen, als ich es ihm zugetraut hätte. Auch er war im Nu gefesselt. Plötzlich hörte das Rauschen im Badezimmer auf und Frieda Ottkans stand in der Tür. „Aber Herr L...“ - „Lärpers.“ - „Ja, Herr Lärpers. Was machen sie da? Die Herren sind vom Wasserwerk. Sie wollen die Leitungen überprüfen. Wo ist eigentlich der andere Mann?“ - „Im Schlafzimmer.“
Frieda Ottkans schaute mich fragend an. „Und was macht der da? Da ist doch gar keine Wasserleitung?“ - „Der ruht sich ein wenig aus, Frau Ottkans.“ Noch während ich mein Handy herauskramte, versuchte ich ihr die Situation zu erklären.
„Nein, so etwas“, meinte sie immer wieder. „Die Herren sehen doch so nett aus. Und höflich waren sie!“
Die Polizei kam innerhalb von zehn Minuten. Allerdings mussten die Männer erst ein wenig Überzeugungsarbeit leisten, bis Frieda Ottkans sie in ihre Wohnung ließ. Und das, obwohl die Beamten Uniformen trugen und sich ausweisen konnten. Nachdem die beiden Polizisten akribisch meine Papiere, insbesondere meinen Waffenschein, kontrolliert hatten, nahmen sie ein kurzes Protokoll auf.
„Schauen sie bei den Herren auch einmal in die Taschen, da werden sie noch Schmuck und ähnliche Dinge finden“, half ich mit Erklärungen.
Nachdem die Beamten mit den beiden Dieben gegangen waren, nötigte Frau Ottkans mich noch einen Tee zu trinken. „Auf den Schreck“, meinte sie augenzwinkernd und goss einen ordentlichen Schluck Rum in das warme Getränk.
‚Grog‘, dachte ich so bei mir. Heißes Wasser, Zucker und Rum. Na, das passt ja wenigstens zur Jahreszeit!
III.
Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es allmählich Zeit wurde, in den Konferenzraum zu gehen. Ich konnte schließlich nicht meine ganze Zeit mit den Gedanken an vergangene Fälle vertrödeln. In nicht ganz zehn Minuten sollte unser Meeting stattfinden. Da wäre es vielleicht ganz gut, wenn ich vorher schon einmal nach dem Rechten schaute. Immerhin fühlte ich mich doch ein wenig verantwortlich.
Birgit konnte ich wieder einmal nirgends ausmachen. Typisch! Auch Christine schien noch nicht in ihrem Büro zu sein. Mir kam es vor, als wäre ich der Einzige, der hier arbeitete. Wenigstens schien für das Meeting alles vorbereitet zu sein.
Dieser kleine Konferenzraum war mit allem ausgestattet, was das Herz begehrte: Ovaler Tisch für zehn Personen - na ja elf, wenn der Vortragende stand - auf Knopfdruck schließbare Fensterläden, eine übergroße Leinwand und ein Beamer. Der Raum befand sich noch in dem gleichen Zustand, wie wir ihn bei der Übernahme des Gebäudes vorfanden. Vermutlich führte die Vorgängerfirma damals hier ihre Produkte vor. Mein Vorschlag, diesen Raum ‚Privatdetektivs Oval Office‘ zu nennen, erhielt allerdings keinen Zuspruch.
Ein Blick zeigte mir, dass Birgit wohl doch schon etwas Vorarbeit geleistet hatte, denn an vier Plätzen lagen Schreibblöcke mit Stiften. Außerdem standen einige Flaschen mit Mineralwasser und Säften neben frischen Gläsern. Soweit - so gut. Jetzt konnten die Kollegen ja kommen. Ich öffnete schon einmal eine Flasche Orangensaft und goss mir ein Glas halbvoll. Soviel Vorbereitung musste einfach sein. Der Saft war eiskalt und schmeckte köstlich. Trotzdem - Kaffee wäre mir jetzt lieber gewesen.
Ob die Elektrik für das bevorstehende Meeting in Ordnung war? Ich betätigte den Schalter für die Fensterläden. Surrend fuhren sie herunter. Gut, das reichte. Ich wollte den Raum ja jetzt nicht abdunkeln, sondern lediglich die Funktion testen. Rasch drückte ich wieder den Knopf für ‚oben‘. Doch nichts änderte sich. Die Läden fuhren außen an der Scheibe weiter herab. Vielleicht hatte ich ja einfach nicht feste genug gedrückt. Also noch einmal. Diesmal blieben die Läden stehen. Gut, das war ja zumindest schon ein Anfang. Noch einmal drückte ich den Knopf für oben. Knirschend setzten sich die Fensterläden in Bewegung. Na ging doch.
Vielleicht auch noch eine kurze Überprüfung des Beamers? Noch blieb mir ein wenig Zeit. Die Kontrollleuchte am Gerät zeigte mir, dass die Stromversorgung in Ordnung war. Nur eben schnell den Einschaltknopf gedrückt. Prima, die Lampe flackerte auf. Der Beamer funktionierte. Eigentlich ein Grund, mir noch einen kleinen Schluck Orangensaft zu genehmigen.
Gerade als ich das Glas an die Lippen setzte, drang ein unheilvolles Knirschen und Knacken von den Rollläden herüber. Vor Schreck verschluckte ich mich und schüttete ein wenig Orangensaft in die Lüftungsschlitze des Beamers. Zischend verlöschte die Lampe. Eine leichte Rauchfahne kräuselte sich aus dem Gerät.
Aber was war mit den Rollläden? Die schienen doch fast schon wieder oben angekommen.