Adda Fried. Angelika Nickel
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Bevor er seine Wohnung verließ, zupfte er nochmals die Rüschen seines weißen Hemdes nach, und ging mit dem Taschentuch über seine Lackschuhe. Fertig. Einen letzten Blick in den Spiegel. Ja, so gefiel er sich.
In seinem historischen Sportwagen Fiat fegte er davon, hin zu seiner Verabredung, die er außerhalb Mannheims, getroffen hatte.
In Schwetzingen angekommen, parkte er den Wagen nahe dem Schwetzinger Schloss.
Bewusst lässig schlenderte er an der metallenen Spargelfrau vorbei, hin zu seiner Verabredung.
Vor einem versteckt gelegenen Lokal machte er Halt.
Durch die Scheiben des Lokals warf er nochmals einen letzten Blick auf sein Aussehen. Er grinste sich zu, während sein schmales, schwarz getöntes Oberlippenbärtchen sich verzog. Den Mann mit dem mexikanischen Einschlag nahm man ihm ohne Weiteres ab. »Alter Junge, du hast was an dir, das den Weibern die Schuhe auszieht«, murmelte er selbstsicher vor sich hin.
Er schritt die Stufen hoch zum Lokal und öffnete mit einem ausholenden Schwung die Tür. Zwei Schritte machte er hinein, um gleich darauf stehen zu bleiben und sich suchend umzusehen.
Die weiße Rose, die er mit sich führte, hielt er noch versteckt hinter seinem Rücken gehalten. Letztendlich konnte man nie wissen, mit wem man sich traf, wenn die meisten seiner Verabredungen per Internet erfolgten. Und hierzu hatte er schon Dinge erlebt, dass ihm fast übel geworden war, dermaßen, nun ja, unschön, waren die Damen seiner Verabredungen gewesen. Hatten sich ihr Aussehen, irgendwie mithilfe irgendeiner Software, zusammengebastelt, und er war dann vor dem Schreckerlebnis gestanden, sich mit einer Vogelscheuche verabredet zu haben. Diese Situationen hatten ihn vorsichtiger werden lassen. Die weiße Rose, das Markenzeichen seiner Verabredungen, zeigte er von daher nicht mehr sofort, sondern zog es vor, die Blume fürs Erste noch zu verbergen. Zumindest solange, bis er an einem der Tische ebenfalls eine weiße Rose liegen sah. Sich daraufhin die Frau, die an dem Tisch saß und auf ihn wartete, erst einmal genauer ansah, bevor er auf sie zuging und sich selbst zu erkennen gab.
Doch heute brauchte er die Rose nicht länger zu verstecken, das erkannte er mit einem Blick.
Eine nervöse Frau spielte mit dem Stängel ihrer Rose, und sah sich dabei verlegen um. Rot waren ihre Wangen, verschämt wanderte ihr Blick zu ihm, der er noch immer nahe der Eingangstür stand.
Orlando Ramirez nickte ihr zu. Sein Lächeln, das er dabei zur Schau stellte, war auch nicht gespielt. Winkend ging er auf ihren Tisch zu, während die Frau immer mehr errötete.
»Herr Ramirez?«, fragte sie schüchtern, und kaum zu verstehen, als er ihr, über den Tisch hinweg, die Hand zum Gruß hin hielt.
Ramirez setzte ein noch breiteres Lächeln auf. »Hilde Hahnbügel?«, fragte er zurück, obwohl er genau wusste, dass sie es war. Sie sah genauso aus, wie auf den Bildern, die sie ihm übers Internet, hatte zukommen lassen.
Scheu nickte sie und deutete ihm an, Platz zu nehmen.
Nachdem er sich ihr gegenüber an den Tisch gesetzt hatte, schaute er auf ihr Glas. »Wasser?«, erkundigte er sich verwundert.
Hilde Hahnbügel nickte nur.
Orlando Ramirez schaute sich suchend nach dem Kellner um. Als sich deren Blicke trafen, winkte er den Mann zu sich an den Tisch. Bevor er bestellte, erkundigte er sich bei seiner Verabredung: »Es ist Ihnen doch recht, wenn ich die Bestellung für uns übernehme?«
Auch dieses Mal nickte die Frau nur schüchtern.
Ausgehen, das war etwas, das kannte sie gar nicht. Ein Leben lang hatte sie sich aufopferungswürdig ihrer Mutter gewidmet, die an MS litt. Dabei gab es Tage, an denen Hilde sich kaum traute, ihre Mutter alleine zuhause und sich selbst zu überlassen.
Dennoch, mit der Zeit füllte sie dieses Leben nicht länger aus. Nur mit ihrer Mutter darüber zu reden, das kam für das, in die Jahre gekommene Mädchen nicht in Frage. Hysterisch hätte ihre Mutter darauf reagiert, und Angst davor gehabt, dass sie sie alleine lassen würde. Dabei, sie wollte doch lediglich auch ein kleines Stück vom Leben abhaben, so wie andere Frauen in ihrem Alter, es schon längst gelebt hatten.
Das Bett mit einem Mann teilen, von seinen zärtlichen Händen berührt und von seinem Mund liebkost zu werden, war alles, was die einsame Frau sich wünschte.
Aus dieser Sehnsucht heraus hatte sie es gewagt, sich einen Computer gekauft, einen Vertrag fürs Internet abgeschlossen, und sich auf der Seite für Verabredungen umgesehen. Es hatte auch nicht lange gedauert und sie war auf Orlando Ramirez gestoßen. Ein attraktiver Mann war er, wie sein Foto ihr zeigte. Seinem Aussehen und Namen nach nahm sie an, dass es sich bei ihm um einen Mexikaner handelte.
Kurz entschlossen hatte sie ihn angeklickt und war seit der Zeit mit ihm in Kontakt, denn auch er hatte ihr sofort, sehr interessiert an ihr sogar, wie sie glaubte, zurück geantwortet.
Vor einer Woche hatte er es endlich gewagt und sie um ein Rendezvous gebeten, und Hilde hatte überglücklich, einer Verabredung mit ihm, zugestimmt.
Jetzt saß sie hier, ihm gegenüber und brachte keinen Ton heraus. Bestellen tat er für sie mit, und ihr war es sogar recht. Zu wenig kannte sie sich mit diesen Dingen aus. Wenn sie mit ihrer Mutter essen ging, war es meist in ein Lokal mit einer gutbürgerlichen Küche, und meist bestellte sie für sich Schnitzel mit Pommes, dabei konnte sie nichts verkehrt machen, und ihre Mutter oftmals Wildbret, sofern die Gaststätte etwas in der Art auf der Speisekarte anbot.
Ramirez riss sie aus ihren Gedanken.
»Ich habe unserem Treffen entgegengefiebert«, ließ er seinen Charme fließen.
»Ich auch, Herr Ramirez«, antwortete Hilde schüchtern.
»Herr Ramirez«, wiederholte er. »Wollen wir es tatsächlich derart unpersönlich halten, unser erstes Treffen?« Sein Blick ruhte auf ihr, und Hilde spürte, wie sie erneut unter seinem Blick errötete. »Nein, natürlich nicht, Herr Ramirez.«
»Orlando. Und ich, darf ich Hilde sagen?«
Sie nickte. War dankbar darüber, dass der Kellner kam und ihr Gespräch unterbrach, als er die Gläser vor sie auf den Tisch stellte. »Darf ich einschenken?«, fragte der Mann und wartete geduldig ihre Antwort ab.
»Nein, das übernehme ich selbst«, sagte der Mann mit dem mexikanischen Einschlag, und der Kellner eilte wieder davon, hin zum nächsten Tisch, von woher er bereits schon wieder gerufen wurde.
»Hilde, meine Schöne, ich darf einschenken? Es ist dir doch recht?«
Sie reichte ihm ihr Glas und er befüllte es mit gekühltem Weißwein.
Nachdem er die Flasche in den Kühler gestellt hatte, hob er sein Glas und prostete ihr zu. »Auf uns, Hilde. Auf uns beide, und unsere gemeinsamen Abende, von denen hoffentlich noch sehr viele folgen werden«, verhieß er ihr, mit einem unwiderstehlichen Augenaufschlag, dem auch sofort ein schalkhaftes Zwinkern folgte.
Der Abend verlief, wie der Mann es sich erhofft hatte, dass er verlaufen sollte.
Die einsame