Geschichten aus Movenna. Petra Hartmann
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Bei dem letzten Wort Gulltongs schoss Rimuric in die Höhe, als habe ihn eine Schlange gebissen. „Die Kette ist heilig, lieber Freund“, entgegnete er förmlich. Man hängt da nicht einfach irgendwelche Namen an.“ Wenig später hatte er den Moglàt mit einer knappen Verbeugung hinauskomplimentiert, und Gulltong war ebenso erfolglos davongegangen wie vor ihm Jorn.
Die Erinnerung an die beiden Boten Jurtaks tat dem alten Dichter wohl. Zufrieden lehnte er seine Harfe an das Bücherregal und ließ den Blick über die Buchrücken gleiten. In seinem nächsten Gedichtband würde er die Verse der Königskette aufnehmen, das machte sich bestimmt ausgesprochen gut darin. Wieder summte er die Strophe vor sich hin, während er die Kerzen auf dem Schreibtisch entzündete. Er wärmte seine Hände an den Flammen und sah vergnügt zu, wie die Schatten über die Wände huschten.
Genau so hatten die Schatten getanzt an dem Abend, als der König zu ihm gekommen war. Ja, Jurtak persönlich war in die bescheidene Hütte des Dichters herabgestiegen, um ihn um die Verse zu bitten.
„Der König vermag nichts ohne den Dichter“, hatte Jurtak gesprochen. „Die Macht des Königs ist nichts im Vergleich zu der deinen. Darum bitte ich dich heute, Barde Movennas: Erkenne mich als König an. Tu, was kein König jemals vermöchte. Vereine unsere Völker, schmiede die alte und die neue Dynastie zusammen. Ich bitte dich, Barde Movennas.“
In dieser Nacht hatte Rimuric das letzte Glied der Kette geschmiedet.
*
Ein Geräusch ließ den Dichter aufhorchen. Er lauschte. Waren da Schritte im Vorgarten? Besuch noch um diese Zeit? Doch niemand klopfte an die Tür, und die Schritte – er hatte sie sich nicht eingebildet – entfernten sich wieder. Mühsam erhob er sich aus dem Sessel und schlurfte zur Tür.
Draußen war es bereits dunkel geworden, er konnte niemanden entdecken, kein Mensch war auf der Straße unterwegs, nicht einmal eine streunende Katze war zu sehen. Doch auf der Türschwelle lag etwas. Ein kleines Büchlein lag dort, kaum größer als seine Hand, eingebunden in brüchiges, abgegriffenes Leder, und Rimuric brauchte nicht hineinzusehen, um seine Diamantlieder wiederzuerkennen.
Er hob das Buch auf und kehrte ins Haus zurück, hatte kaum wieder im Sessel Platz genommen, als draußen erneut Schritte zu hören waren. Schritte, die kamen. Schritte, die gingen. Und die prunkvolle Erstausgabe der Kranichsepen blieb vor der Tür liegen.
Die ganze Nacht über ging das so. Schritte kamen, Schritte gingen. Nie waren es laute Schritte, doch niemals bemühte sich jemand, besonders leise aufzutreten. Schritte kamen, Schritte gingen, Bücher blieben zurück, auf der Türschwelle, im Vorgarten. Tagelang, Nächte durch, Schritte kamen, Schritte gingen, wochenlang, Bücherberge türmten sich auf im Garten des Dichters, Diamantlieder, Kranichsepen, täglich wuchsen die Berge aus Versen, täglich kamen neue Bücher herzu, aus allen Teilen des Landes brachte man sie zurück, und niemand, der jemals ein Buch Rimurics besessen hatte, behielt es bei sich, wie weit der Weg auch sein mochte.
Den Dichter aber hat kein einziger Mensch jemals wiedergesehen.
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