Geschichten aus Movenna. Petra Hartmann

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Geschichten aus Movenna - Petra Hartmann Movenna

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von Urasport.

      Nein, es war kein leichtes Amt, das Königsamt von Movenna. Und so ist es kein Wunder, dass der gute König Flaric am Ende krank wurde dabei. Ein faustgroßes Geschwür unten am Bauch hat ihm die Sache eingetragen, und seine Ärzte schüttelten traurig die Köpfe darüber, denn sie konnten es nicht operieren. Flaric, der spürte, wie es mit ihm zu Ende ging, schrieb sein Testament, und dann legte er sich hin und erwartete den Tod.

      Ganz bestimmt hätte der ihn auch ereilt, wenn nicht gerade in diesen Tagen der Kaufmann nach Urasport gekommen wäre, den Achlys damals geheilt hatte. Als er vom Zustand des Königs hörte, erinnerte er sich an die Zauberfrau und berichtete Flarics Familie von ihr. Sofort wurden Boten ausgesandt, zwanzig schwarze Ritter galoppierten nach Pol Movenn und suchten und fragten, bis sie die berühmte Wunderheilerin gefunden hatten.

      Achlys hatte ein wenig Angst, als man sie fast gewaltsam ins Krankenzimmer des Königs hineinschob. Denn wie sollte sie dem Kranken etwas vorzaubern, sie kannte ja nur den einen Zauberspruch, den er sie damals gelehrt hatte. Sicher, sie hatte viele Menschen geheilt inzwischen, doch waren das Menschen gewesen, die an sie geglaubt hatten. So trat sie sehr zögernd an sein Bett.

      Flaric erkannte sie nicht. Er lag zusammengerollt da und atmete schwer. Das Geschwür hatte inzwischen die Größe eines Kindskopfs, dick und rot leuchtete es, und es war leider gar kein Zweifel mehr möglich, dass es ihm ans Leben griff, wenn nicht schnell etwas geschah. Seufzend packte sie ihre Salben aus und fing an, den König einzureiben.

      Flaric war inzwischen alles egal, was man mit ihm anstellte. Teilnahmslos lag er dort, starrte die Wand an und ließ auch diese Kur gleichmütig über sich ergehen. Nur ein leises Murmeln hörte er, jemand sagte einen Zauberspruch auf. Doch plötzlich stutzte er. Irgendetwas an der Frau kam ihm bekannt vor. Er fasste sie näher ins Auge, und als er nun die Ohren spitzte, da verstand er, was sie sagte: ‚Helpt dat nich, dann schad’t ook nich’, brummte sie vor sich hin. Als Flaric die alte Pilzfrau wiedererkannte, brach er in Gelächter aus. ‚Das ist doch nicht wahr!’, prustete er. ‚Das kann doch nicht wahr sein, dass du tatsächlich mit dem Doktern angefangen hast!’ Er konnte sich gar nicht mehr halten vor Lachen, er lachte und lachte, so laut lachte er, dass die Wände des Zimmers zu zittern begannen, und plötzlich gab es einen lauten Knall, und das Geschwür platzte auf.“

      „Und dann?“, fragte Ardua.

      „Nun, Flaric musste natürlich noch ein paar Tage lang im Bett bleiben, aber er ist wieder vollständig gesund geworden. Er lebte noch lange glücklich und zufrieden, und wenn er nach Pol Movenn kam, ließ er es sich nie nehmen, hinüber zur Triftafurt zu reiten und Achlys zu besuchen. Dann schwatzten beide vergnügt über alte Zeiten, und manchmal erzählten sie sich auch Gespenstergeschichten. Nur von den Salben der Hexe war der König überhaupt nicht begeistert, und er nahm ihr das feierliche Versprechen ab, ihm nie wieder mit ranziger Butter auf den Leib zu rücken.“

      „Verständlich“, fand Ardua.

      Lournu lächelte. Sie schob den Topf zu ihm hinüber und forderte ihn auf: „Jetzt du.“

      „Wie?“ Ardua riss die Augen ungläubig auf. Wollte die Hexe allen Ernstes von ihm verlangen, dass er das Ekelzeug anfasste?

      „Du wolltest es lernen. Da an der Hand ist noch ein Kratzer offen.“

      Widerstrebend tauchte er die Fingerspitze in das Fett und strich es über den verletzten Handrücken. Die Wunde war klein. Sie würde auch ohne Quacksalbereien heilen. Also, wozu das alles.

      „Na los, sag es.“

      Ardua spürte ein merkwürdiges Kribbeln in den Fingerspitzen. „Helpt dat nich, dann schad’t ook nich“, flüsterte er andächtig.

      Als sich der Kratzer unter seinen Fingern schloss, war Ardua etwas verwirrt. Vorsichtig tastete er über die Stelle, die eben noch zerrissen und blutig unter seinen Fingerspitzen gelegen hatte. Nicht einmal eine Narbe war zurückgeblieben, verschwunden wie der brüllende Schmerz in Oberschenkel und Armen war der kleine Kratzer auf dem Handrücken, als hätte es ihn niemals gegeben.

      „Das verstehe ich nicht“, murmelte er. „Lournu, wie funktioniert dieser Zauber?“

      „Oh“, entgegnete sie gelassen, „der funktioniert sehr gut.“ Sie drückte den Deckel auf den Topf. „Genug gezaubert für heute. Und jetzt nimm dir einen Spaten und vergrab das alte Gammelzeug hinterm Haus, ja? Ich hätte es längst wegwerfen sollen. Das ist ja nicht zum Aushalten mit dem Gestank.“

      Seufzend trug Ardua den Topf hinaus. Eines Tages, das nahm er sich fest vor, würde er das Geheimnis der movennischen Magie lösen. Und er hoffte, dass er dafür die Butter nicht wieder ausgraben musste.

      Das letzte Glied der Kette

      Man konnte den fremden Eroberern eine ganze Menge nachsagen. Nur das eine nicht, dass sie es nämlich nicht verstanden, Feste zu feiern. Zwar Harvart aus Mogàl, der das Land mit seinem Heervolk überzogen hatte, war noch das alte Raubein von Kriegerkönig geblieben, als er sich selbst zum neuen Herrscher Movennas ernannte, und er hatte auf jeden Pomp verzichtet. Doch schon sein Sohn Jurtak hatte seine Krönungsfeierlichkeiten als eine solche Demonstration von Macht und Pracht begangen, wie man es im Lande noch niemals erlebt hatte. Nicht zu Zeiten der sieben großen Könige, ja nicht einmal als die sieben kleinen Könige regierten, die doch für ihren Reichtum und ihre Prunkliebe berühmt gewesen waren. Da hatte es Waffenspiele gegeben und Gelage und die grausigsten Hinrichtungen, die ein mogalithisches Herz sich nur erträumen konnte, daneben Gesang und Tanz und Theateraufführungen in der kostbarsten Ausstattung. Bier und Wein waren in Strömen geflossen, und noch Jahre später sprachen selbst die entschiedensten Gegner Jurtaks mit Anerkennung, ja mit Begeisterung von dieser Krönungsfeier.

      Und doch waren die Krönungsfeierlichkeiten Jurtaks nichts im Vergleich zu den überwältigenden Spielen, die der König am zehnten Geburtstag seines Sohnes und Kronprinzen Ardua gab. Denn Ardua, so war es Jurtaks Wille, sollte dereinst als sein Erbe die Herrschaft über Movenna antreten und die noch junge mogalithische Königsdynastie im Lande fortsetzen. Und so war es wichtig, dem Volk der Moven’Am den jungen Prinzen als Herrn der Festspiele zu präsentieren und als freigebigen Fürsten, der mit Gold und Geschenken nicht sparte. Zwei ganze Wochen lang hallten die Straßen der mächtigen Reichshauptstadt Pol Movenn wider von Trompetenklang und Saitenspiel, Hufschlag und Schwerterklirren, und jeden Tag ritt der Kronprinz in einem prächtigen Umzug durch die Stadt zum Festplatz hinaus, streute aus vollen Händen Goldmünzen mit seinem Bildnis unters Volk und ließ sich huldigen. Draußen auf dem Festplatz aber saß er dann auf einem gewaltigen goldenen Thron an der Seite seines Vaters Jurtak und sah gemeinsam mit dem Volk den Spielen zu, die zu seinen Ehren gegeben wurden, lauschte den berühmtesten Barden des Reiches und ergötzte sich an den Reiterkämpfen, für die sich die Moglàt seit jeher begeistern konnten.

      Mehr als einmal schrien die Moven’Am angstvoll auf, wenn einer der mogalithischen Reiter sein Pferd auf der Hinterhand wendete oder sich in vollem Galopp unter dem Bauch seines Pferdes hindurch gleiten ließ, um einen winzigen Goldreif vom Boden aufzugreifen. Die fremden Reiter aus den östlichen Steppen, so hieß es, hatten ihr gesamtes Leben auf dem Rücken ihrer Pferde zugebracht, und daheim in Mogàl, so erzählte man sich in Movenna, aßen und schliefen sie sogar im Sattel. So war es kein Wunder, dass ihre Kunst den Moven’Am bei diesen Spielen den Atem raubte.

      Einzig die Nearith, die im Grenzland zwischen Movenna und Mogàl lebten, konnten mit den Reitern der Eroberer konkurrieren, und groß war der Jubel auf dem Festplatz, als ein junger Häuptlingssohn aus den nearithischen Steppen das große Ringstechen vor allen mogalithischen Reitern gewann und einen goldenen Ehrenpokal aus den Händen

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