Der Fluch von Azincourt Gesamtausgabe. Peter Urban

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Der Fluch von Azincourt Gesamtausgabe - Peter Urban

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musste. Doch in diesem Augenblick freute er sich ehrlich darüber, wie gelassen sein Herr es aufnahm, dass der Sohn von Meister Juizig diesen sonderbaren Weg gewählt hatte, um ihm zu dienen. Ein Mann, der dem neuen Gott huldigte, obwohl er in der alten Religion erzogen worden war. Und trotzdem hatte Szenec nicht vergessen, wem seine wahre Loyalität gehören musste.

      Ambrosius bediente sich noch einmal aus der Silberschale: „Aus Sevilla-Orangen gemacht“, bemerkte er anerkennend, als er die Süßigkeit kostete.

      II

      Es war kein Zufall , das Claire de Saint Germain, ein junger Ritter aus Anjou, sich ausgerechnet Herzog Jean Sans Peur angeschlossen hatte und in dieser warmen Nacht vom 28.Mai auf den 29.Mai 1418 unweit der Porte Saint Germain de Près, vor den Toren der belagerten Hauptstadt auf ein Zeichen des Hauptmannes de Villiers wartete. Er war von den politischen Wirren in Frankreich und den Machtkämpfen zwischen Bourgogne, Armagnac und Orléans völlig unberührt vor einem Jahr nach Troyes gekommen, um dort Nachforschungen über den Schlüssel zu einer Handschrift anzustellen, die einer seiner Vorfahren vom ersten Kreuzzug und vermutlich aus dem Heiligen Land selbst mitgebracht hatte.

      Sein Vater, mehr Gelehrter und Alchemist, als Edelmann war irgendwo in der riesigen Bibliothek, die sie auf Mont Saint Marsan hatten über die Handschrift gestolpert und hatte nicht gezögert, sie seinem ältesten Sohn, mehr Adept der hermetischen Kunst, als Kriegsmann zu schicken. Claire weilte damals gerade am Hof ihres Lehnsherren König Louis und dessen Gemahlin Yolande d’Aragón, der Herzogin von Anjou und damit in unmittelbarer Nähe der berühmten Universität von Montpellier. Die Handschrift hatte den jungen Mann so fasziniert, dass er seinen Dienst bei Louis von Sizilien und Neapel aufkündigte. Ein konvertierter Jude, den er zufälligerweise in Bourges traf, hatte ihm erklärt, dass es sich um die Kopie eines der Werke des legendären Rabbi Akiba handelte. Man nannte es die Sepher Yetzirah, das Buch der Schöpfung und die Sprache, in der es geschrieben war, war das Aramäische, so wie Jesus Christus selbst es noch gesprochen hatte.

      Doch der Konvertierte war natürlich nicht mehr in der Lage gewesen den Text zu übersetzen und seit den schrecklichen Judenverfolgungen im Anschluss an die Pest des Jahres 1356 machten sich Männer, die das alte Aramäisch lasen oder sprachen im Reich der französischen Könige rar. Der Konvertierte hatte lediglich wage Erinnerungen daran gehabt, dass man dieses geheimnisvolle Werk, wenn man ihrer alten Sprache mächtig war, auch mit einem Code entschlüsseln konnte, der Tetrahedron hieß und den ein Gelehrter namens Isaac von Toledo etwa zur gleichen Zeit erfunden hatte, als der Vorfahr von Claire aus Jerusalem wieder auf den Familiensitz bei Bayonne am Fuß der Pyrenäen zurückgekehrt war.

      Claire hatte sich nach vielen Irrwegen und Enttäuschungen irgendwann bis in die Champagne und nach Troyes vorgearbeitet, weil er ein Gerücht hörte, dass sich dort vor etwa dreihundertfünfzig Jahren eine Gruppe von Kabbalisten und Rabbinern unter dem Schutz des Grafen Hughes niedergelassen hatte. Diese Männer, angeführt von einem gewissen Rabbi Rashi, der ein Schüler von Isaac war, hatten die ursprüngliche Sepher Yetsirah vervollkommnet und als Gelehrte in der Wissenschaft der Mathematik um den Bahir erweitert, die Schöpfung aus dem Buch Genesis, die dreifache Transformation der Prima Materiae.

      Claire hatte in Troyes zwar weder den geheimnisvollen Tetrahedron aufgespürt, noch das Geheimnis seiner Abschrift des Sepher Yetsirah ergründet, doch er hatte dort einen Mann kennen gelernt, der wusste wo sich unter Umständen ein einfacherer alchimistischer Text befand, der die Anleitung für die Erschaffung des Lapis Philosophorum, des berühmten Steins der Weisen enthielt. Sie hatten bis tief in die Nacht miteinander diskutiert. Claires neuer Freund schlug vor, sein Wissen um den Verbleib des Textes preiszugeben, wenn Saint Germain dafür im Gegenzug übernahm, das Buch aus dem belagerten Paris herauszuholen. Die darauffolgenden Arbeiten würden sie gemeinsam auf der Festung de Craons - Champtocé - durchführen, wo er über einen Athenor und ein großes Laboratorium verfügte.

      Der Seigneur Jean de Craon, ein Vasall des bretonischen Herzogs Yann de Montforzh, hatte schwerwiegende Gründe gehabt, warum er den Text nicht selber aus Paris herausschaffen konnte. Die Hauptstadt war nach seinen eigenen Worten ein Ort, den er meiden musste, wie die Pest. De Craon behauptete, er habe sich politisch auf die Seite seines Cousins George de Tremoille geschlagen, des verfemten Kanzlers von Frankreich, der mit Königin Isabeau de Bavière gemeinsame Sache machte und mit der Exilregierung in Troyes residierte. Offensichtlich war Bernard d’Armagnac, der noch Herr über Paris war hierbei der gefährlichste Feind, während de Craon sich bei Jean Sans Peur nicht sehen lassen konnte, weil er nach Azincourt, wie Herzog Yann de Montforzh sein Lehnsherr, politische Neutralität gewählt hatte, anstatt sich zu Bourgogne zu gesellen.

      Claire war dieses Gewirr aus Intrigen und persönlichen Abhängigkeiten zu undurchschaubar, als dass er viel Zeit und Überlegung hierauf verschwendete. Seine Faszination mit der hermetischen Kunst beruhte nicht nur auf der umfangreichen Sammlung maurischer und spanischer Handschriften in der Bibliothek seines Vaters auf Mont Saint Marsan. Für ihn war der Weg der königlichen Wissenschaft auch die ständige Suche nach seiner eigenen, besseren Persönlichkeit, sein Weg des Lichtes und der Erkenntnis. Ein Weg der Veredelung und Veränderung seines Selbst.

      Der junge Ritter aus Anjou fluchte leise vor sich hin, während er mit den anderen Freiwilligen gemeinsam auf den Verräter wartete, der ihnen das Tor öffnen wollte. Er hatte keine Lust darauf, sein Leben im Kampf zu riskieren oder anderen zu beweisen, wie mutig er doch war. Er wollte in die Stadt hinein und anschließend so schnell wie möglich wieder weg von diesem Ort des Krieges und der Grausamkeit.

      „Man sagt, die Hunde von Armagnac hätten ihre Streitäxte und Rüstungen schwarz angemalt, um besser einen üblen Handstreich mitten in der Nacht ausführen zu können“, hörte Claire einen der burgundischen Armbrustschützen einem anderen einfachen Soldaten zuflüstern.

      „Ach, halt das Maul Du Schlappschwanz“, zischte ihm der Angesprochene böse zu, „wegen Deinen blöden Altweibergeschichten werden sie uns noch bemerken.“

      Saint Germain ging auf Abstand zu den Männern. De Villiers hatte ihnen versprochen, sie könnten sich schadlos die Taschen füllen, sobald sie durch das Tor waren und die Parteigänger von Bernard d’Armagnac totgeschlagen hatten, die man ihnen aufzeigen würde.

      Kurz nach Mitternacht bewegte sich tatsächlich etwas an der Porte Saint Germain des Près.

      „Perrinet“, flüsterte der Hauptmann de Villiers.

      „Kommt! Alles ist wie besprochen“, flüsterte ein gesichtsloser Schatten zurück.

      III

      Auf die trügerische Stille folgte ein schrecklicher Feuersturm. Zuerst waren nur wenige Männer unter Führung von de Villiers in die Stadt geschlichen. Der Verräter Perrinet und sein Sohn, ein Kaufmann den der Verfall der Pariser Währung vollständig ruiniert hatte, zeigten den Soldaten des Burgunder-Herzogs, wo sich die wichtigsten Parteigänger von Bernard d’Armagnac befanden. Im Schutz der Nacht starben ein paar Männer. Dann schlich die Gruppe zur Porte de Clichy, auf der anderen Seite von Paris und öffnete sie genau so weit, wie zuvor die Porte Saint Germain.

      In der ersten Morgendämmerung erwachten die Bürger der Hauptstadt zum Klirren der Waffen. Während die Burgunder die Wälle von Paris mit riesigen Kriegsmaschinen von drei Seiten her beschossen, drangen bereits Sturmtruppen durch die Pforten. Alles war nur noch Tumult, Chaos und Blutvergießen. Obwohl Bernard d’Armagnac durch einen kühnen Sprung in den Garten eines Nachbarhauses entkommen konnte, gelang es dem Konnetabel von Frankreich nicht mehr, noch irgendeine Form von Widerstand gegen die Burgunder zu organisieren. Bald schon stürmten Soldaten von Herzog Jean Sans Peur den Louvre und nahmen König Charles VI. und ein paar seiner Kinder in Gewahrsam. Lediglich die Geistesgegenwart

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