Ausm leben mittenmang. Beate Morgenstern
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Читать онлайн книгу Ausm leben mittenmang - Beate Morgenstern страница 3
Daran musst du mich ab und zu erinnern. Es war so was von einem Irrtum.
Du wirst ihm gefallen. Jaja, du wirst ihm gefallen, sagte Jana, die sich eine Meinung gebildet hatte, dass Annette so ziemlich allen Männern gefiel. Du bist bestimmt sein Typ. Naturblond, etwas lockig und zierlich und eben … weiblich. Jana war auf eine Art hoffnungslos betrübt, dass es die Freundin rührte. In ihrer Verzweiflung war sie so kindlich.
Silvie, sagte Jana, als es klingelte.
Verlass dich auf mich, ich bringe es ihr bei.
Silvie und Jana unterhielten sich im langen, abgeschlossenen Flur. Dann kamen sie in die Küche. Jana hielt ein großes Alpenveilchen in einem weißen Übertopf in den Armen, Silvies Geschenk.
Tag Silvie
Tag Annette.
Die beiden Freundinnen lächelten sich zu, so herzlich sie nur konnten. Sie sahen sich nur einmal im Jahr. Zu Janas Geburtstag. Jana hatte ein-, zweimal mit den Freundinnen getrennt gefeiert. Dann war sie es leid. Die beiden kannten sich noch dazu vom alten Betrieb. Die Freundschaft zu Silvie war gewachsen, seitdem Annette gekündigt hatte. Seitdem lud sie beide Freundinnen zusammen ein. Selbstverständlich, nachdem sie Annettes Einverständnis eingeholt hatte. Silvie war es wahrscheinlich sowieso recht gewesen. Was Jana auch einfiel, Silvie war alles recht, solange es sich mit der Existenz von Mann und Kind vereinbaren ließ. Als Silvie vor einigen Jahren geheiratet hatte, sehr spät und unverhofft schwanger geworden war, hatte Jana darauf bestanden, dass sie die Freundschaft dennoch nicht vernachlässigte. Inzwischen war es durchaus üblich, dass sich Jana ab und zu bei Silvie und ihrer Familie am Wochenende einlud oder einladen ließ. Annette sah es bei einer geringen Eifersucht doch gern. Obwohl Jana nicht mehr die junge Kollegin von einst war, nur eine jüngere Freundin, fühlte sie sich doch noch für ihr Wohl verantwortlich.
Annette schaute Silvie prüfend an, ob sie sich in dem einen Jahr irgendwie verändert hätte. Silvie war groß, ebenso groß wie Jana, 1.75 vielleicht, ebenso schlank, Da Silvie ihre Größe vielleicht früher geniert hatte oder noch genierte, hatte sie es sich angewöhnt, sich etwas nach vorn zu beugen. Sie bewegte sich verschämt, als wolle sie sagen, ihre Körpergröße sei nur ein Missverständnis, eigentlich sei sie ein kleiner, unbedeutender Mensch. Vielleicht verunsicherte sie auch nur Annettes Gegenwart.
Was du für starke, schöne Haare hast, sagte Annette. Wir Blonden sind meist etwas dürftiger dran. Du solltest sie immer aufgesteckt tragen. Der Zopf sieht fantastisch aus!
Meinst du?, sagte Silvie, und sie hatte das zaghafte Lächeln, das Annette von ihr kannte. Ihr Gesicht mit den hohen Wangenknochen und den kleinen, schräg liegenden Augen bekam noch mehr einen asiatischen Zug. Ich wollte sie mir schon abschneiden lassen. Der Ärger jeden Morgen. Sie spreizte die gekrümmten Finger ein wenig vor ihrem Gesicht, um auszudrücken, was sie jeden Morgen auszuhalten hatte.
Trotzdem, selbst wenn du für deinen Dieter nicht schön sein willst, dann tu es für dich selbst. Annette wusste, dass Silvie dazu neigte, sich aufzugeben. Wenn Jana schon nicht vor Tatendrang strotzte und Annette mit ihrer Unentschiedenheit manchmal zur Verzweiflung brachte, war sie gegen Silvie noch ein Energiebündel.
Jaja, ihr beiden, sagte Jana mit leichter Ungeduld. Und Annette erklärte Silvie die Lage, umso beredter, weil die Sache ja schon entschieden war. Silvie im Falle einer gegenteiligen Meinung überstimmt. Und Silvie ließ sich sowieso schnell breitschlagen.
Silvie lachte auch nur, was alles bedeuten konnte.
Wer weiß, sagte Jana. Vielleicht wird’s dieses Mal gerade interessant und wir werden uns an diesen Geburtstag erinnern.
Auch Silvie war vielleicht so, dass sie einen weniger denkwürdigen Geburtstag vorziehen werde.
Jana ging, um den Mann zu holen, an den sie nun einmal ihr Herz gehängt hatte.
Silvie lachte hin und wieder und schüttelte den Kopf.
Sie wäre den ganzen Abend unglücklich, sagte Jana. Es hat keinen Sinn. Er hat es verdorben. Also sehen wir, was zu retten ist. Hier die Platten, was das gekostet hat. Was sie sich für eine Mühe gemacht hat. Es ist nicht recht von ihm. Nein, wie kann er bloß! Verstehe ich nicht. Würde ich nie! Macht man einfach nicht. Nein. Man muss doch respektieren. Es ist einfach nicht recht von ihm. Annette hatte ziemlich klare Vorstellungen von dem, wo Grenzen waren. Und hier war eine überschritten.
Tja, sagte Silvie bloß mit ihrer leisen, etwas hohen Stimme und zuckte ein paarmal die Schultern.
Wenigstens lernen wir den Mann ihrer Träume kennen, versuchte Annette zu besänftigen.
Wieder lachte Silvie.
Sie gingen in die Stube, und Annette erklärte Silvie, was sie von wem bekommen hatte. Nicht die geringste Kleinigkeit wurde ausgelassen. Sie machte es genauso, wie es Jana getan hätte. Und Silvie interessierte es auch. Da Jana auf sich warten ließ, holte Silvie die Cognac-Gläser mit dem Cognac aus dem Schrank. Jana mochte es, wenn man sich bei ihr zu Hause fühlte und sich auch mal selbst bediente, und das wussten die Freundinnen. Sie begannen die Geburtstagsfeier wie in jedem Jahr. Indem sie sich einmal zuprosteten.
Obwohl sich die beiden nur einmal im Jahr für ein paar Stunden sahen, gelang es Annette, den Gesprächsfaden zu Silvie aufzunehmen. Dass Silvie kaum etwas sagte, nur ihr kleines, halb verwundertes, halb belustigtes Chinesenlächeln hatte, störte Annette nicht. Seitdem Jana sich entschlossen hatte, mit beiden Freundinnen zu feiern. fühlte sich Annette für die Unterhaltung der Freundinnen zuständig, kam vom Hundertsten ins Tausendste. Weißt du, was mein eigentliches Lebensgefühl ist? Ich bin nur müde. Früh, wenn ich aufstehe, denke ich, es ist mitten in der Nacht. Dann taumle ich in den Vormittag. Mittags halte ich mich kaum aufrecht. Und wenn ich abends nach Hause komme, könnte ich mich gleich hinlegen. Vielleicht bin ich nur eine Stunde am Tag richtig wach. Geht dir das auch so?
Na und ob!, sagte Silvie. Nach der Arbeit bin ich fix und alle. Dabei habe ich´s schon gut. Dieter geht einkaufen. Aber trotzdem der ganze Haushalt. Und wenn ich mal ausschlafen könnte, dann kommt mein kleiner Sohn. Naja, lange schlafen kann ich sowieso nicht.
Nee, ich auch nicht. Wenn man doch mal bis zehn schlafen könnte. Aber das ist das Idiotische, ob ich muss oder nicht, ich wache früh um sechs auf.
Das Einzige ist der Mittagschlaf am Wochenende, sagte Silvie. Aber danach kommt man gar nicht recht in Gang. Ich denke immer, mir ist alles zu viel. Man rennt und tut und macht. Aber mehr wie `ne Maschine. Silvie lachte wieder, legte die Hände ineinander und versteckte hinter ihnen das halbe Gesicht.
Dabei bin ich nicht mal besonders belastet, kein Kind, kein Kacks, wie die Büttner immer sagte. Anders als du. Übrigens, dass du Bescheid weißt: Ich bin verheiratet und arbeite noch bei euch! Jana wird mich nachher als Annette Richter vorstellen.
Silvie lachte, dieses Mal nicht aus Verlegenheit. Jaja, als Richter hast du bei uns angefangen.
Solange arbeitest du schon dort?
Was denkst du, ich war schon da, als du kamst!
Glaub ich nicht.
Ja.
Sie überprüften die Daten, und Silvie hatte recht.
Richter, der Name ging doch.