Ausm leben mittenmang. Beate Morgenstern
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Wir hatten nichts mit ihr zu tun.
Sekretärin des Redaktionssekretärs. Ne Betriebsnudel. Und neugierig. Wenn jemand `ne Abtreibung gemacht hat oder `ne Schönheitsoperation wie die Rothaarige, im Nu war´s rum. Die kannte die Schlüssel bei den Krankenscheinen. Die kamen bei ihr an. Naja, und da gab´s für sie keine Geheimnisse mehr und für den Großraum auch nicht.
Die … wie hieß sie noch, diese Rothaarige, ist übrigens tot, das weißt du.
Von Jana. Nguyen hieß sie. Der häufigste Name bei den Vietnamesen, glaub ich. Sie hatte einen Vietnamesen geheiratet. Dabei war sie so ne große Frau. Immer muss ich dran denken, wie sie gestorben ist. Tage hat sie gelegen ohne Hilfe. Die Tochter kam nicht so oft. Ein hübsches ganz schwarzhaariges Mädchen. Die Rothaarige ja so ein Vamptyp mit großem Busen, kaum Hüften, lange Beine, trug meistens so einem leichten Einteiler, der Stoff der Haut eines Leoparden nachgebildet. Ich glaube, der Betrieb hat dann nachgeforscht. Nun waren sie wieder beim Thema: die alten Zeiten, die sie eigentlich nicht gemeinsam erlebt hatten. Wenn Annette Silvie damals begegnet war, erschien die ihr hochmütig. Sie hatte so einen abweisenden Gesichtsausdruck oder eben gar keinen. Aber sie war ja froh für Jana gewesen, dass sie in Silvie jemanden fand, mit dem sie nach Annettes Weggang zur Betriebskantine außerhalb Essen gehen konnte. Sie beide hatten die Mittagspause häufiger zu einem Ausflug gemacht, waren noch auf den Friedhof gegangen. Da sie zu zweit waren, sagte die Redaktionsleiterin nichts. Inzwischen hatte auch Jana den Betrieb gewechselt. Silvie die einzige Informationsquelle, die sich aber als sehr mager erwies. Nach ihren Aussagen, war alles so geblieben, wie es war.
Und dann stand ER im Zimmer. Er war genauso, wie Jana gesagt hatte. Ein Mann, der keinesfalls sofort auf Frauen Eindruck machte. Sportlich, fast bullig. Etwas Starrsinniges lag in seinem Blick. Falls er getrunken hatte, so war es nicht die Starrsinnigkeit eines Betrunkenen. Er war einer, so vermutete Annette, der immer nur einen einzigen Weg sah, und den ging er auch. Niemand brachte ihn davon ab. Das war seine Verquertheit wie seine Stärke. Er gefiel Annette.
Jana stellte ihre Freundinnen vor. Wie er Annette und Silvie ansah, wusste sie, er wollte alles über sie rauskriegen, dazu war er gekommen. Der Gedanke, dass drei Weiber miteinander feierten, und er konnte dabei sein und sie beobachten, hatte ihn gereizt. Als er davon erfuhr, hatte er es sich erst recht in den Kopf gesetzt, mit Jana mitzugehen.
Annette bekam eine ungeheure Wut. Ich verstehe nicht, sagte sie, dass Sie Janas Wunsch, mit uns zu feiern, nicht akzeptiert haben.
Warum sollen nicht noch andere Gäste kommen, sagte er. Wenn man den Einfall hat, zu jemanden zu gehen, warum soll man das nicht tun. Warum muss alles geplant sein. Ich bin für Spontaneität.
Wie Sie´s verstehen. Aber hier sind sie ein Eindringling. Sie nötigen uns ihre Gesellschaft auf. Vielleicht wollte ich Sie gar nicht kennenlernen. Oder zu einem späteren Zeitpunkt. Noch weiß ich nämlich nicht, ob Sie Jana gut behandeln. Eher sieht es anders aus. Und ich bin eigentlich nicht bereit, jemanden von Janas Bekannten kennenzulernen, der sie schlecht behandelt! Warum bin ich so aggressiv, dachte Annette. Es tat ihr leid, wie hilflos, ja entgeistert Jana sie ansah.
Ich kann ja gehen, sagte er. Ich gehe sofort.
Nun bleiben Sie schon, sagte Annette. Jetzt ist es sinnlos. Sie machen alles noch schlimmer.
Ich kann jederzeit gehen.
Geh nicht, bat Jana.
Ich bitte Sie, dass Sie nicht gehen, sagte Annette. Aber sie hatte sich nicht beruhigt. Als sie zu viert um den Tisch saßen und er sie eindringlich musterte, sagte sie: Sie sind ein Voyeur. Sie wollen zuschauen. Sie denken, lass man die drei Weiber. Sie sitzen vor der Bühne, denken Sie, und nun läuft das Stück ab.
Und wenn es so wäre?
Sie irren sich, Sie sitzen mit auf der Bühne. Sie können gar nicht zuschauen, weil sie mittendrin sind. Und da ist es schon wieder ein anderes Stück.
Das glaube ich nicht.
Annette irritierte nicht einmal, dass er seine Zuschauerrolle zugab. Ich kann es Ihnen versichern. Alles ist anders. Alles verändert sich dadurch, dass Sie kamen. Vielleicht werden auch Sie beobachtet. Annette wurde ruhiger. Sie hatte den Mann mit auf die Bühne gezerrt. Sie agierte zwar selbst, setzte sich aber genau wie er in die Beobachterposition ab.
Ich liebe Frauen wie Sie! Nichts ist langweiliger als eine Frau, die einem immer recht gibt. Jana muss auch immer widersprechen. Er schaute Jana von der Seite an. Es tat ihm offenbar gut, von Jana zu sprechen. Was niemand wissen durfte, diese beiden Frauen wussten es. Er war in Jana verliebt. Er hatte noch nie eine Freundin gehabt und war ungeschickt und über sich selbst verwundert. In dieser Runde konnte er ganz offen sein. So offen, wie es ihm möglich war. Noch zeigte er keinen Besitzerstolz. Er besaß Jana ja noch nicht. Und Jana, diese spröde, zuweilen launische Frau, würde immer schwer zu steuern sein. So sah das Annette jedenfalls. Sie würde ihm zuliebe allerhand machen. Aber nachgiebig war sie nicht, glaubte die Freundin wenigstens. Noch scheute er die Verantwortung. Das war es, weshalb die Geschichte ein viertel Jahr lief, ohne dass etwas entschieden war. Er hatte Angst, hatte Annette der Freundin immer wieder erklärt. Aber wie es Jana zu ihm zog und sie sich augenscheinlich willig und demütig zeigte, so zog es ihn zu Jana. Mit allen Vernunftgründen kam er nicht dagegen an.
Ich muss nicht immer widersprechen, sagte Annette. Aber was mir nicht in den Kopf geht, dass ein Mann wie Sie, wenn er hört, dass eine Verabredung getroffen ist, eine langjährige Verabredung übrigens, dass er dann nicht akzeptiert.
Jana sah Annette nun schon ängstlich an. Sonst friedfertig, war sie nun ein Kampfhahn und konnte nicht aufhören. Annette wusste nicht, fürchtete Jana im Augenblick mehr, ihre langjährige, vielleicht beste Freundin zu verlieren oder diesen Mann.
Silvie schwieg, ließ alles laufen.
Aber es ist doch Janas Geburtstag! dachte Annette. Und ihr war immer daran gelegen, Stimmung zu machen, zu unterhalten. Und nun war sie dabei, alles zu verderben.
Ich geh in `ner Stunde, sagte Gernot. Dann können sie für sich weiter feiern und ich störe nicht mehr.
Das ist glatter Blödsinn.
Kann ich rauchen?
Nein!
Komm mit in die Küche, sagte Jana. Das war das Beste, was sie tun konnte. Sie trennte die Kontrahenten.
Du bist aber, mein Gott, sagte Silvie, als Jana und Gernot gegangen waren.
Ich weiß auch nicht. Ich kenn mich selbst nicht. Seit meiner Studienzeit bin ich nicht mehr so gewesen. Da war ich schon ziemlich frech zu Männern. Vielleicht verzeih ich ihm nicht, dass er uns in diese Lage gebracht hat. Dabei ist er gar nicht übel.
Nee, finde ich ja auch, bestätigte Silvie.
Na, sollen die beiden da draußen. Um neun gehen wir dann. Oder was meinst du?
Ja, neun, halb zehn.
So ist das nun, dachte Annette. Wieder unterhielt sie sich mit Silvie, fragte sie über ihren kleinen Sohn aus. Rajko hieß er. Silvie kam ins Erzählen. Lachte, schüttelte den Kopf über das kleine Wesen, dessen Mutter sie erstaunlicherweise war. Er hat so einen Bock,