Dämonenschlächter. Toya Bradly
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„Ich werde dir den Hals umdrehen!“, fauchte der andere Krieger und hinkte energisch zurück, den Säbel gezogen. Sie musterten einander über die Klinge hinweg. Selbst das war Shikan lieber, als alleine zu bleiben.
„Also gut!“, zischte der andere plötzlich. „Du Pestbeule! Du Missgeburt!“ Er packte sich Shikans Arm und legte ihn sich über die Schulter. „Dann reiß dich mal schön zusammen!“ Beherzt hinkten sie schwankend wie ein dreibeiniges Kamel in Richtung Labyrinthschleuse.
Sie hielten nur an, um weitere Leichen zu fleddern. Die Amulette und die glatten Feuerdämonschuppen, die den Unglücklichen nichts geholfen hatten, füllten Shikans Magen sowie ebenfalls seinen Enddarm.
„Manchmal durchwühlen sie dich“, informierte ihn sein Retter und gab ihm eine weitere Schuppe zum Schlucken. „Da muss man vorbauen. Verstehst du?“ Shikan nickte benommen. „Naja“, fuhr der andere fort, „wenn man das nicht mehr schafft, taugt man eh nicht mehr zum Überleben! Hast du das verstanden, Grünschnabel?“ Und er zog Shikan weiter, der vor Schmerz und Grauen nicht mehr in der Lage war, zu antworten. Er musste hier raus. Er musste reitend hier raus. Wenn seine Beutestücke nicht an die Labyrinthwachen gingen, konnte er vielleicht seinen Kameraden damit bestechen, ihm zu helfen? Er musste es diesmal, wo es viel ernster um ihn stand, unbedingt bis in die Sicherheit ihrer Kaserne schaffen!
Varkan erwachte und der Lichtstand sagte ihm, es war mitten am Vormittag. Es war zu früh, um mitten in der Kampfwoche aufzuwachen, aber irgendetwas hatte ihn aus dem bleiernen Erschöpfungsschlaf geweckt. Ach ja, er erinnerte sich siedendheiß. Shikan war nicht aus dem Labyrinth zurückgekommen. Sein Magen krampfte sich zusammen. Erst Sinan, dann Shikan? Er erinnerte sich an die Nacht, in der er Shikan gerettet hatte, als sei es letzte Nacht geschehen, dabei war es Monate her. Wie sie aneinandergeklammert die Schleuse erreicht hatten. Wie erleichtert Shikan ausgesehen hatte. Wie er ihn in den Tagen danach angesehen hatte. Jedes Mal von neuem dieser Blick, als könne er ihn nicht ergründen. „Du schuldest mir was“, hatte Varkan ihn dann geneckt und Shikan hatte ihn zum Teufel gewünscht. Sollte dieses Temperament etwa für immer verloschen sein?
„Du schuldest mir aber noch was!“ Flüsterte Varkan trotzig und stand entschlossen auf. Shikan schuldete ihm ein bisschen Willigkeit und ein wenig Öl auf seinem Hintern, das hatte er ihm oft, nur halb im Scherz, gesagt. Und der andere Krieger hatte ihn angefaucht, das bekäme er nur, wenn er es sich auch mit Gewalt nehmen könne, er solle sich gefälligst etwas anderes überlegen. Darauf hatte es Varkan jedoch nie angelegt, auch wenn Shikan verletzt war und er nicht. Später, als Shikans Wunden verheilt waren, hatte er Varkan dann Beutestücke aus dem Labyrinth mitgebracht, um seine ungewöhnliche Schuld abzutragen. Varkan nahm sie zwar an, erinnerte ihn aber jedes Mal an seine bevorzugte Möglichkeit der Tilgung. Und jedes Mal machte Shikan eine andere obszöne Geste und ließ ihn stehen.
Shikan…, dachte Varkan besorgt, als sei allein der Name eine Beschwörungsformel. Shikan geriet immer an die dümmsten Hauptleute, die weniger die eigene Bereicherung im Sinn hatten, wie der Hauptmann, dem Varkans Gruppe folgte, als die Ehre, was regelmäßig mit vielen Verlusten unter den Kriegern endete. Hatte solch ein Idiot Shikan etwa auf dem Gewissen? Hatte ein Krieger schon einmal einen Hauptmann zum Ehrenkampf gefordert?
Varkan wusste, dass er keine Ruhe mehr finden würde, schlüpfte in die Stiefel, nahm seinen Säbel und verließ den abgedunkelten Schlafraum.
Er ging schnurstracks zum Tempel der Heilerinnen, der versteckt im hintersten Winkel der Kaserne untergebracht war. Dabei kamen ihm zwei Pferde entgegen, geführt von einer jungen Heilerin.
„Warte einen Moment“, sprach er sie an und sie wandte ihm ihr verschleiertes Gesicht zu. Die beiden Pferde, die sie führte, legten missgelaunt die Ohren an. Hässliche Kreaturen waren es, mit mageren Köpfen, dünnen Mähnen und stumpfem Fell.
„Zisha?“
„Ich, ahm…ich suche einen Krieger. Er blieb gestern im Labyrinth. Ahm…weißt du etwas?“ Die junge Frau sah auf ihre Sandalen.
„Eben kamen noch zwei Krieger hier an, Zisha“, erwiderte sie.
„Kennst du ihre Namen? Weißt du, wer sie sind?“
„Nein, Zisha. Der eine ist nicht einmal aus dieser Kaserne, aber wir nehmen uns dennoch seiner an.“ Die Pferde drängelten ungeduldig weiter und schubsten sie vorwärts.
„Warte!“, rief Varkan, doch sie hörte nicht auf ihn. Heilerinnen waren keinem Mann untertan, jedenfalls keinem so geringem wie ihm. Zwischen Hoffnung und Verärgerung schwankend ging Varkan schneller.
Er überquerte den Hof und bahnte sich einen Weg zwischen den leicht verletzten Kriegern, die auf den Stufen vor dem Tempel saßen und rauchten, Tee tranken und einander weismachen wollten, dass ihre Schmerzen gar nichts waren im Vergleich zu dem Glück, nun für soundsoviel Kampfwochen außer Gefecht zu sein.
Er betrat den Tempel der Göttin der Heilkunst und drückte sich in seinen Hallen herum, bis ihm die Wellen der hektischen Aktivität den Weg wiesen. Ein Krieger schrie wie am Spieß, weil man ihm den Arm einrenkte und ein paar Altäre weiter lag Shikan auf den quaderförmigen Steinen der Göttin. Blass, still und mit geschlossenen Augen. Sein Bein war provisorisch geschient, der Verband war blutig. Varkan kümmerte sich nicht um das Gekreische des anderen und schlich sich heran. Heilerinnen beratschlagten über Shikan gebeugt, scheinbar stuften sie den Schreihals als nicht halb so ernsten Fall ein wie den jüngeren Krieger.
„Wie hat er es geschafft, noch hierher zu reiten“, murmelte einer der älteren Heilerinnen, die das Bein untersuchte und sachte Shikans Körper abtastete. „Unglaublich. Er sollte nicht hier sein. Das…“ Sie deutete auf das Bein, „wird wahrscheinlich nie wieder richtig heilen.“ Varkan schluckte. „Warum schicken sie uns Krieger, die wir nicht heilen können?“, knurrte die Frau. „Bei der Göttin, hätten sie ihn gleich ganz behalten!“ Varkan entging trotz des eigenen Schocks nicht der Schreck einer der jüngeren Frauen am Altar, die Shikan ganz oft ins Gesicht sah und kaum auf die Verletzungen.
„Aber Zishe, die Göttin gebietet“, begann sie und wurde von der Älteren unwirsch unterbrochen.
„Was willst du junges Reh über den Willen der Göttin wissen“, fauchte sie. „Oder ist er dein Geliebter?“
„Nein!“ Dieses Nein war voll solch aufrichtiger Empörung, dass es sowohl die Alte als auch Varkan überzeugte.
„Ach, Fluch sei diesen dummen Männern. Wahrscheinlich hat er irgendwen gut bezahlt. Das wird ihm aber auch nicht helfen. Rashna hat ihn weggeworfen, “ schnaubte sie verächtlich. „Sei´s drum“, schimpfte sie dann. „Er ist ja hergeritten! Verschwenden wir unsere Kunst an einen zukünftigen Krüppel!“ Sie warf zornig die Arme hoch und schritt davon. „So was gehört verboten!“, hörte Varkan sie noch schimpfen. Über Shikans hingestrecktem Körper schlossen die zurückbleibenden drei Priesterinnen so etwas wie einen Pakt, er sah es an ihrem Blickwechsel.
„Da schafft es mal einer aus diesem Schlachthaus bis hierher und die Zishe…“ Begann das junge Mädchen und wurde getadelt.
„Mariza, danke lieber der Göttin. Und nun lauf, hol uns heißes Wasser, Tücher, Nähnadeln… Wir werden die Zishe überraschen.“
„Jawohl, Cara.“ Mariza knickste und huschte davon. Die beiden verbleibenden Heilerinnen seufzten und tauschten Blicke.
„Das wird nicht spurlos heilen“, brummte Cara.
„Ach,