Dederike - Zum Dienen geboren. Swantje van Leeuwen

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Dederike - Zum Dienen geboren - Swantje van Leeuwen

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haben also Kunstgeschichte studiert?«

      Dederike wurde rot und erinnerte sich, dass sie ihr so viele Details wie möglich gegeben hatte, um zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Dabei war sie sich nicht einmal sicher gewesen, ob ihr Studienabschluss für die Tätigkeit einer Haushälterin überhaupt eine Rolle spielte. Aber sie hatte sich gedacht, dass es ja nicht schaden würde, es zu erwähnen. »Ah, ja«, antwortete sie mit einem Grinsen, »meine größte Torheit!«

      Die Brünette lächelte sie an und legte ihren Kopf leicht zur Seite. »Ach, Quatsch«, erwiderte sie, »wie können Sie das nur sagen? Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn wir vergessen, was wir gelernt haben!«

      »Das Zitat hab' ich schon mal gehört«, nickte Dederike. »Aber so wird es wohl sein. Nur wird das heute von vielen nicht mehr so gesehen. Für die kommt das Wort Bildung von Bildschirm und nicht von Buch, denn dann würde sie ja Buchung heißen.«

      »Stimmt. Wir leben zwar alle unter dem gleichen Himmel, haben aber nicht alle den gleichen Horizont«, lachte die Brünette.

      Dederike schloss sich ihr an. Die angenehme, zwanglose Art ihres Gegenübers beruhigte sie.

      »Wie auch immer. Ich bin Kristiina van der Linden«, stellte sich die Zierliche nun vor. »Es ist sehr schön Sie zu treffen. Möchten Sie nicht hereinkommen?« Noch während sie fragte, trat sie zur Seite und winkte ihre Besucherin ins Haus.

      Dederike lächelte sie wieder an. Dann nickte sie und trat durch die Tür an ihr vorbei.

      Der Kontrast zwischen dem Äußeren und dem Inneren war schockierend. Von außen sah das Haus kalt und auf gewisse Weise imposant aus, mit seiner unscheinbaren, weißen Fassade, die nichts von seinem wahren Charakter verriet. Aber das Innere stellte das exakte Gegenteil dar. Alles wirkte warm, einladend und verzauberte mit endlosen persönlichen Details.

      Als Dederike die breite Eingangshalle betrat, schaute sie sich neugierig um und bestaunte das üppige Holzdekor und die edlen Möbel. Das hier war Welten von ihrem Zimmer im Studentenwohnheim oder dem beengten Einzimmerappartement, dass sie gemietet hatte entfernt. Die beruhigende, anheimelnde Wärme des Hauses nahm sie gefangen und sorgte dafür, dass sie sich auf der Stelle wohl fühlte.

      »Kommen Sie! Wir unterhalten uns im Wohnzimmer. Es ist gleich dort«, schlug Kristiina vor und deutete durch einen breiten Rundbogen in einen weiten, offenen Raum dahinter.

      »Ja, graag, dank je.[5]« Dederikes Absätze klackerten laut auf dem Eichenboden als sie eintrat.

      »Ich hoffe, Sie verzeihen uns. Ich habe gerade eine ›WhatsApp‹ von MC bekommen. Der Verkehr auf der ›Kinkerstraat‹ ist anscheinend mal wieder so schlimm, dass wir noch etwas warten müssen, ehe wir loslegen können.« Kristiina schaute ihre Gästin fragend an. »Vind je dat goed?[6]«

      Dederike nickte, schließlich wollte sie sich von ihrer besten Seite und flexibel zeigen. Schweigend verspürte sie plötzlich Kristiinas Hand an ihrem Oberarm, eine intime Geste, die freundlich von ihr gemeint war, für sie aber fehl am Platz wirkte.

      »Ausgezeichnet! Bitte nehmen Sie Platz«, forderte Kristiina sie auf. »Ich habe gerade einen Kaffee gekocht. Möchten Sie einen?«

      Dederike lächelte. »Einen Kaffee würde ich sehr gern nehmen ... Weiß, keinen Zucker, wenn das in Ordnung ist?«

      »Natürlich. Ich bin gleich wieder da.« Kristiina machte auf dem Absatz kehrt und entfernte sich in Richtung des Küchenbereichs.

      Dederike schaute sich um. Sie nahm ihre Umgebung in sich auf und bewunderte die Aussicht durch die riesigen, dominierenden Glastüren an der gegenüberliegenden Wand des Raumes, durch die sie über eine Terrasse auf einen makellosen, azurblauen Swimmingpool blickte. Oh, mijn God!, dachte sie bei sich. Ik moet deze baan krijgen.[7]

      Als sie sich auf dem bequemen Sofa niederließ und wartete, dachte sie darüber nach, wie sie hierher gekommen war. Sie musste sich eingestehen, dass sie in letzter Zeit vom Pech verfolgt war und keineswegs alles so lief, wie sie sich das ausgemalt hatte. Ihr Studienabschluss mit Schwerpunkt Kunstgeschichte hatte sich als Schlag ins Gesicht erwiesen, als ihr klar geworden war, dass sich nur sehr wenige Menschen für Kunst oder Geschichte interessierten, geschweige denn für Kunstgeschichte. Wenn sie in den USA, in San Francisco oder New York, oder vielleicht in London, leben würde, hätte sie vermutlich mehr Glück gehabt, aber die beruflichen Aussichten mit ihren Qualifikationen waren in Holland und dem näheren Ausland praktisch gleich Null. Es schien niemanden zu interessieren, dass sie Cheerleaderin, Schulsprecherin oder Abschlussbeste ihres Studienjahrgangs an ›Zuyd University of Applied Sciences‹ in Maastricht gewesen war. All die potentiellen Arbeitgeber hatten sich ausschließlich für ihre Erfahrung und ihr daraus resultierendes Wissen interessiert – aber diesbezüglich hatte sie nichts vorzuweisen. Sie hatte sogar versucht, ihr Röckchen zu heben, extra halterlose Strümpfe angezogen, sich in ihren Ausschnitt sehen lassen und ihr hübsches Gesicht genutzt, mit dem sie gesegnet war. Aber selbst das hatte nur dazu geführt, dass eine Reihe Männer mittleren Alters und sogar einige Frauen sie auf despektierliche Weise genauer unter die Lupe nehmen wollten.

      Ja, es war sogar schlimmer noch. Denn sie hatte schnell feststellen müssen, dass sie auch für weniger anspruchsvolle Arbeiten nicht in Frage kam, weil überqualifiziert, und sich Burgerrestaurants und andere Esslokale ebenso regelmäßig von ihr abwandten.

      Sie wollte bereits aufgeben und ihre Eltern anrufen, in der erniedrigenden Aussicht, sie um Hilfe zu bitten und zu akzeptieren, was sie ihr schon viel zu oft gesagt hatten: Es gibt Studienabschlüsse, die können ein wahrer Mühlstein sein und sind nicht gerade von Vorteil. Mit schwerem Herzen hatte sie daraufhin einen letzten Blick in die Kleinanzeigen der kostenlosen Wochenzeitung geworfen, in der Hoffnung, doch noch etwas halbwegs Passendes für sich zu finden. Und dabei war ihr eine Anzeige ins Auge gefallen, die es geschafft hatte ihr Interesse zu wecken:

      Gut situiertes Ehepaar sucht ab sofort ein

      Hausmädchen

      Nichtraucherhaushalt. Überdurchschnittliche Bezahlung garantiert. Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und 100% Diskretion wird vorausgesetzt.

      +31 20 - 682 269 23

      Sie war sich nicht sicher gewesen, was es mit dem knappen, bescheidenen Text auf sich hatte. Einzig und allein der zierliche Rahmen hatte die Anzeige zwischen all den farbenfrohen ›Homework‹-Betrügereien und Fast-food-Stellenanzeigen ein wenig herausgehoben. Und genau deshalb hatte sie ihren Blick auf den Text gelenkt. So altmodisch er auch rüberkam: Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, hatte sie die Nummer gewählt und ihre Weichen gestellt.

      Und jetzt saß sie in dem opulentesten Haus, in dem sie je gesessen hatte, fühlte sich merkwürdig ›underdressed‹ und deplatziert neben der bezaubernden und anmutigen Kristiina van der Linden. Sie fragte sich, wie wohl deren Ehemann war, dieser mysteriöse MC. Sie sah sich aufmerksam im Raum um und hoffte, eine Fotografie zu finden, aber das Paar schien abstrakte Kunst und eklektische Stilelemente Bildern von sich selbst vorzuziehen. Wie auch immer MC van der Linden war, er musste beruflich äußerst erfolgreich sein, denn solch ein Haus in bester Lage, schätzte sie leicht und locker auf zwei Millionen Euro ein.

      *

      Das metallische Klappern der Pfennigabsätze auf dem Holzboden kündigte Kristiina van der Lindens Rückkehr an.

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