Mellow Tior. Shey Koon
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Читать онлайн книгу Mellow Tior - Shey Koon страница 8
Eheleute gifteten sich missgelaunt an und das Pärchen, das genau vor ihnen stand, löste geradewegs ihre Verlobung auf. Wütend warf die hübsche Blondine den wertvollen Verlobungsring in den Gully und stapfte energisch davon. Ihr Ex-Verlobter beschimpfte sie wüst, während er die entgegengesetzte Richtung einschlug.
„Willst du zurückfahren? Wir können auch ein anderes Mal in Stadt.“, fragte Minja verunsichert nach.
„Nein, lass uns trotzdem das Zoogeschäft besuchen. Vielleicht finden wir dort eine niedliche Freundin für BigBig. Er soll schließlich nicht alleine bleiben.“
„Mellow, du bist ein echter Träumer. Hast kein Geld mehr auf Tasche, aber eine Freundin für BigBig haben wollen.“
Mellow hörte geschickt weg, und so liefen sie durch die lauten Straßen, gingen jeglichem Ärger aus dem Weg, und waren heilfroh, als sie unbeschadet vor dem Zoogeschäft standen. Sie schritten durch die verdunkelte Glastür, doch der Lärm, der ihnen entgegenschallte, war nicht auszuhalten, sie hielten sich postwendend die Ohren zu. Ein unerträglicher Mix aus Kreischen und Quieken erfüllte den Raum. Die Tiere waren außer Rand und Band. Sie sprangen gegen die metallenen Gitter ihrer Käfige, schmissen das Futter auf den Boden, oder randalierten sonst wie herum. Die Hunde bellten und knurrten. Die Vögel flatterten aufgeregt umher, hackten wild auf ihre Artgenossen ein, solange bis die Federn flogen. Mellow guckte Minja verdutzt an.
Er suchte sofort den gestressten Inhaber des Geschäftes auf, fragte lauthals, warum hier der Teufel los sei. Der Besitzer, ein untersetzter Mann mit schütteren Haaren, zuckte überfordert seine hängenden Schultern, rückte seine schmale Brille zurecht und hielt ihm das Schild „Geschlossen“ vor die Nase. Enttäuscht verließ Mellow mit Minja das Geschäft. BigBig drückte sich zitternd und verstört an Mellows Brust. Sie beeilten sich, wollten auf dem schnellsten Weg zurück zum Bus, der sie sicher aus der aufgehetzten Stadt bringen sollte. Sie warteten und warteten. Aber vergebens, es wurde bereits später Abend und die Sonne verschwand hinter dem Horizont, trotzdem fuhr kein Bus die Haltestelle an.
„Mellow, wahrscheinlich taucht der Bus nicht mehr auf. Willst du hier schlafen?“, fragte Minja genervt.
Mellow schüttelte seinen Kopf.
„Lass uns laufen. Im Bushäuschen schlafen, dazu habe ich keine Lust. Außerdem bekomme ich da kein Auge zu.“
Und so marschierten sie los, BigBig zog hungrig seine Kreise über ihre Köpfe hinweg. Der nachtschwarze Himmel war bewölkt und zeigte keinerlei Sterne und der kreisrunde Mond versteckte sich mit den Schnuppen ebenfalls hinter der dichten Wolkendecke. Die beiden Freunde unterhielten sich über das raue Benehmen der Stadtbewohner. Aber so sehr sie auch grübelten, sie fanden dafür keine einleuchtende Erklärung. Letztendlich einigten sie sich darauf, dass die Stadtbewohner allesamt bekloppt waren. Dieses Mal zwar mehr wie sonst, aber eben vielleicht doch nicht so außergewöhnlich.
„Das erklärt noch immer nicht das seltsame Verhalten der Tiere im Zoogeschäft.“, murmelte Minja vor sich hin, beließ es aber dabei und nahm die Hand von Mellow. Sogleich fühlte sie sich sicherer und marschierte wortlos neben ihm her.
Es dauerte knapp an die drei Stunden, bis sie endlich die Umrisse ihres Dorfes erkannten. Kaum bogen sie auf dem Weg zu Mellows Haus ein, erspähte Mellow die Kontur einer gebückten Gestalt, die vor dem Gartenzaun stand.
„Großmutter! Großmutter Auri, bist du es?“, schrie Mellow gespannt in die Nacht und rannte los. Minja blieb angewurzelt stehen. Die unbekannte Gestalt drehte sich um, humpelte ein paar Meter vom Tor weg und löste sich in grauen Rauch auf. Mellow erschrak fürchterlich, stolperte rückwärts bis er wieder auf der Höhe von Minja war.
„Hast du das gesehen?“ Mellow packte Minja an den Armen und rüttelte sie mit vorstechenden Augen. Minja erwiderte nichts, schüttelte verneinend ihren Kopf. Mellow zerrte sie ins Haus.
„Ich schaue mich um, Minja. Vielleicht ist Großmutter hier.“
„Warte, ich helfe dir! Dich kann ich nicht alleine lassen.“
Sie entdeckten kein Lebenszeichen. Mellow versank in großen Kummer. Unfassbar, dass Aurilia sang und klanglos verschwunden war, ohne einen Brief oder sonst eine Nachricht zu hinterlassen. Minja tat alles Mögliche, um Mellow geschickt abzulenken. Sie bot ihm Schokolade an, die ihr Freund aber ablehnte. Sie begann eine Unterhaltung über das schwarze Loch. Auch dazu hatte Mellow keine Lust. Erst als sie die Zeichnungen für das Teleskop hervorkramte, war Mellow bei der Sache. Und so zeichneten und tüftelten sie die gesamte verbleibende Nacht bis in den frühen Morgenstunden hinein. Sie überlegten den Aufbau des Rohrs, studierten die Glasstärken und den notwendigen Schliff der Lupen, solange bis ihnen beiden vor Müdigkeit die Augen zufielen.
Abermals erwachte Mellow am goldenen See, obwohl er zuvor keine Sternschnuppen am Himmel gesichtet hatte. Die Helligkeit brannte in seinen Augen, er kniff sie zu und blinzelte durch die zitternden Wimpern. Nach einer geraumen Zeit beobachtete er erneut das Flirren über der glatten Oberfläche des Sees. Auch dieses Mal sah er von den vorbeihuschenden Wesen nur unscharfe Konturen, so sehr er sich auch bemühte, sich zu konzentrieren. Plötzlich erschrak er. Eine Silhouette zeichnete sich ab. Sie war zwar undeutlich zu sehen, aber mit der notwendigen Anstrengung auszumachen. Der Umriss glich dem einer menschlichen Figur.
„Etwas größer vielleicht als ein durchschnittlicher Mensch.“, flüsterte er gespannt.
Die flirrende Gestalt schwebte schnurstracks auf Mellow zu, stoppte vor ihm. Er hielt erstaunt die Luft an, blieb regungslos, denn damit hätte er niemals gerechnet. Aufmerksam richtete er seinen Blick auf die Figur. Er sah, wie sich der Körper von dem goldenen, lichtbeherrschenden Hintergrund abzeichnete. Ein weibliches Wesen stand vor ihm. Ihr langes Haar umwallte ihr durchscheinendes Gesicht. Es schien fast so, als ob sie ein Kleid aus Federn trug und zwei Flügel auf dem Rücken hatte. Zumindest schirmte sie das unermesslich helle Licht ab, und Mellow konnte seine Augen einen Moment lang entspannen. Je länger er seinen Blick auf diese Erscheinung richtete, desto mehr erahnte er von ihrem Aussehen.
„Hallo, Mellow.“, begrüßte ihn die weibliche Erscheinung.
„Ich heiße Mariana.“
Mello schluckte verblüfft, es verschlug im die Sprache.
„Ha-, Hallo.“, stotterte er los. „Wo-, Woher kennst du meinen Namen?“, fragte er verunsichert nach.
„Das ist eine lange Geschichte. Im Moment zählt nur, dass wir uns endlich treffen. Die Welt, wie du sie kennst, wird sich bald schon wandeln. Du bist in großer Gefahr.“
Doch ehe er sich versah, wachte er verwirrt bei sich zuhause auf. Das war eindeutig zu viel für ihn. Sofort weckte er Minja, um ihr von seinem sonderbaren Erlebnis zu erzählen. Minja knurrte patzig, als Mellow sie aus ihrem tiefen Schlaf riss, fand die Geschichte dann aber doch spannend, so dass sie mit großen Ohren hinhörte.
„Mariana, sagst du? Ist auf jeden Fall ein weiblicher Name. Aber Kleidung aus Federn? Und Flügel? Bist du dir da sicher?“
„Ja, wenn ich es dir doch sage. Auch wenn ich nur wenig gesehen habe. Sie trug übergroße Vogelfedern am Körper.“
Während des Erzählens streichelte er über den fedrigen Kopf von BigBig. Der Eisvogel hielt seine Augen geschlossen und tschiepte wohlwollend.
„Und du bist dir sicher, dass sie sagte, du bist in Gefahr?“
„Ja, Minja. Ich habe ihre warnenden Worte