Vampire Island - Die dunkle Seite des Mondes (Band 1). Katja Piel

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Vampire Island - Die dunkle Seite des Mondes (Band 1) - Katja Piel

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Er durfte mit ihnen schlafen, aber sich nicht verlieben und eine Verbindung eingehen. Er durfte sie wandeln, aber nicht für den Zweck, zusammenzubleiben. Abgesehen davon wollte Gordon das auch nicht. In den letzten tausend Jahren hatte er sich noch nicht einmal für einen Menschen interessiert. Er lebte unter ihnen, respektierte sie, aber noch kein weiblicher Mensch hatte sein Interesse geweckt, sein Blut in Wallung gebracht. Nein. Die Mädchen durften ihn gerne anhimmeln. Wenn er ehrlich war, mochte er es. Er mochte seine Mädchen.

      Jemand setzte sich neben ihn und er musste nicht hinsehen, um zu wissen, wer es war. Shane. Sein Bruder und Mitinhaber des Clubs. Sein völlig chaotischer und nicht verlässlicher Bruder. Es war kaum zu glauben, dass sie verwandt waren. Wo Gordon stets zuverlässig, ehrgeizig und integer war, hatte Shane nur Flausen im Kopf. Dass Shane fünfhundert Jahre jünger war, war keine Entschuldigung für sein unvernünftiges Verhalten.

      »Nun, Shane? Lässt du dich auch mal wieder hier blicken?«

      »Du bist doch da. Reicht doch, oder?«, lautete seine schnodderige Antwort. Gordon blickte ihn nun an. Shane hatte sich in der Ledercouch zurückgelehnt, die Beine von sich gestreckt und beobachtete die Menge, die unten im Club tanzte. Gordon schmunzelte. »Ja, ich bin da. Du solltest mit dem Zeug aufhören.« Er zeigte auf Shanes Augen, die weit geöffnet waren. Die Pupillen waren winzig klein.

      Mit den Händen trommelte Shane auf die Sitzfläche der Couch. »Warum? Wir sind unsterblich.«

      Gordon schüttelte lächelnd den Kopf. Er würde sich nicht ändern. Im Gegensatz zu ihm sah Shane eher aus wie ein Beachboy und passte auch perfekt nach Ibiza. Blond, blaue Augen, groß und sportlich. Seine Haare trug er kurz. Gordon wusste, dass er jede Nacht eine andere vernaschte. Im wahrsten Sinne des Wortes. Blutsaugen war eine sehr erotische Angelegenheit. Für den Vampir wie auch für den Menschen, der sich für gewöhnlich nicht daran erinnern konnte. Die kleine Wunde am Hals wurde mit Vampirblut versiegelt und war danach nicht mehr sichtbar.

      Seine Gedanken um seinen Bruder wurden durch das Vibrieren seines Handys unterbrochen. Er zog das Handy aus der Hose und sah die Nummer seines Vaters auf dem Display. Was wollte sein Vater von ihm? In den letzten Jahren hatte er ihn vielleicht zehnmal auf dem Handy angerufen. Wenn es hochkam.

      »Vater?«

      »Wir haben ein Problem.« Victor klang gehetzt.

      Gordon setzte sich angespannt auf. »Was ist passiert?«

      »Der Mond hat sich blutrot verfärbt.«

      Er hätte mit allem gerechnet. Mit allem … nur nicht damit.

      Kapitel 4

      Patriz kniete sich in den Sand, blickte auf die junge Frau hinab, die sich mit blutleerem Körper vom Untergrund abhob, fast wie eine Schaufensterpuppe. Sie trug eine abgewetzte Jeans-Shorts, das Top war über ihren Bauchnabel hochgerutscht. Auf ihrem Mund war ein sanftes Lächeln übrig geblieben, die Augen hielt sie geschlossen. Wenn Patriz es nicht besser gewusst hätte, hätte er vermutet, bei einem bizarren Fotoshooting zu sein. Die Absperrbänder, Polizeibeamte und Spurensicherung holten ihn allerdings in die Wirklichkeit zurück.

      »Señor el comisario Quaz.« Leicht genervt drehte sich Patriz um, rückte seine dicke Hornbrille zurecht und strich sich durch die schlecht geschnittenen Haare.

      »Wer zum Teufel hat Sie durchgelassen?« Camila Montago watete durch den tiefen Sand in seine Richtung. Ihre hochhackigen Sandalen trug sie zwischen den Fingern und sie versuchte, auf dem unebenen Boden ihr Gleichgewicht zu halten. Mit einem breiten Lächeln kam sie auf ihn zu.

      »Begrüßt man so eine alte Freundin, el comisario?«

      Hinter der Absperrung stand ihr Fotograf, Patriz wusste nicht mal mehr, wie er hieß, und schoss ein Foto nach dem anderen.

      »Ich wüsste nicht, dass …«

      »Aber, aber. Ich will nichts hören. Was ist hier passiert?« Neugierig versuchte sie, hinter ihn zu sehen, doch Patriz schob sie zurück in Richtung Absperrung. »Sie haben hier nichts verloren. Dies ist ein Tatort.« Camila machte große Augen. Natürlich hatte sie wenigstens etwas von der Frauenleiche sehen können. »Ist sie ertrunken?«, fragte sie.

      »Und wenn?«

      »Dann wären hier nicht so viele Polizisten«, mutmaßte sie weiter und stieß mit den Kniekehlen gegen das Band.

      »Ich muss Sie jetzt sehr freundlich bitten, Signora …«

      »Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu erfahren, wenn auf der Insel ein Mord passiert ist.«

      »Ich glaube kaum …«

      »Und noch dazu an einem sehr beliebten Strandabschnitt. Ich gehe davon aus, dass das nicht gut für den Tourismus ist.« Sie bückte sich jetzt unter dem Absperrband hindurch. Patriz seufzte hörbar genervt auf. »Sie bekommen einen Pressebericht, und nun lassen Sie uns unsere Arbeit machen.«

      Heimlich musste er schmunzeln. Denn so richtig genervt war er nie von der sexy Reporterin. Im Grunde war er sogar immer erfreut, sie zu sehen. Die Reporterin war viel zu anziehend für ihren Job - oder sie war genau richtig und setzte ihr Aussehen zielführend ein. Er war schon des Öfteren mit ihr zusammengestoßen. In seiner Funktion als Kommissar war das auch kein Wunder. Zwar ging es meistens um Drogenmissbrauch und weniger um Leichen, aber sie war immer da, wenn er irgendwo an einem Tatort oder bei einer Festnahme war. Vermutlich war Patriz für sie ein Neutrum. Mit seiner schlecht sitzenden Frisur, der dicken Hornbrille und seiner ganzen Aufmachung war er nicht gerade ein Frauenmagnet.

      »Señor el comisario. Mir können Sie es doch erzählen. War es Mord?« In ihren hübschen grünen Augen blitzte etwas auf. Hoffnung auf eine Sensation? Patriz beugte sich vor und sie kam näher.

      »Und wenn, würde ich es Ihnen nicht sagen. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte.«

      Camila juchzte auf, als hätte sie eine Sensation gewittert. »Ich wusste es. Hier ist ein Mord passiert.« Entgegen seiner momentanen Laune musste er noch breiter grinsen, obwohl er genau wusste, was hier passiert war. Und er wusste, dass er nicht darüber reden durfte. Er nahm sein privates Telefon aus der Hosentasche, setzte sich auf einen Felsen etwas abseits vom Trubel und tippte eine Kurzwahl auf das Display.

      »Wir haben ein Problem. Ich habe hier eine Frauenleiche.« Er lauschte kurz in den Hörer, bevor er weitersprach: »Kein Blut, keine Spuren. Zumindest habe ich einige davon bereits sichergestellt. Ein Vampiropfer, Victor.« Er hörte weiter zu und legte schließlich auf, nahm die Brille von der Nase und rieb sich die Nasenwurzel. Sein Blick blieb auf der Sonne am Himmel hängen.

      »El comisario. Kommen Sie bitte für einen Moment.« Schnell setzte Patriz die Brille wieder auf, stand auf und folgte dem jungen Polizisten zu dem Opfer.

      Kapitel 5

      Die Nachmittagssonne glitzerte auf dem Wasser und gab ihm eine intensiv türkisgrüne Färbung. Der Strandabschnitt war noch nicht offiziell freigegeben worden, aber hinter den Felsen badeten schon wieder die ersten Touristen. An der Treppe war ein Polizist postiert. Gordon wollte nicht auffallen. Ein Glück, dass die Menschen den mentalen Kräften der Vampire wenig entgegenzusetzen hatten. Mittels eines kleinen Tricks entzog sich Gordon der Aufmerksamkeit des Polizisten und spazierte unbehelligt hinunter zum Strand.

      Dort erregte ein Rufen aus dem Meer seine Aufmerksamkeit.

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