Die STERNENKÖNIG - Saga. P.K. Stanfay
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Er blieb vor Kratos stehen. „Kennt Ihr die uralte Prophezeiung über unsere Welt?“ fragte er ihn.
Der Wolf sah zu ihm hoch und schüttelte stumm den Kopf.
„Nun, sinngemäß stand folgendes in dieser Schrift: Wenn sich die drei Monde unserer Welt verdunkelt haben, ist das Geschlecht der STERNENKÖNIGE ausgelöscht und die ABSOLUTE FINSTERNIS wird die Macht übernehmen.“
„Davon habe ich noch nie gehört“, gestand Kratos.
„Ich bis vor kurzem auch nicht“, lächelte Ragador kurz, wandte sich dann ab, setzte sich und wurde wieder ernst. „Eines ist jedenfalls nach Eurem Bericht klar. König Capron und Astragol muss großes Unheil widerfahren sein.“ Er rieb nachdenklich sein Kinn.
„Na ja, ganz so schlimm scheint die Lage doch nicht zu sein, wenn zwei der Monde noch hell sind“, sagte Kratos optimistisch. „Oder hat das nichts zu bedeuten?“
„Wenn ich dir darauf nur eine Antwort geben könnte“, seufzte Ragador.
„Vielleicht kann das ja hier etwas erklären“, erklang plötzlich die Stimme von Königin Sarya, der Gemahlin des Berserkerkönigs. Sie hatte sich die ganze Zeit mit ihrem Leibarzt um das Kind gekümmert, ängstlich überwacht von Karra, die jeden Handgriff der beiden aufmerksam verfolgte. Die Königin war, wie alle Frauen ihres Volkes, nicht ganz so groß und graziler gebaut als die Männer, überragte einen Menschen aber immer noch um gut einen Kopf. Jetzt trat sie, das Kind zärtlich im Arm wiegend und natürlich mit Karra im Schlepptau, auf ihren Mann zu.
„Es ist übrigens ein Junge“, sagte sie. „Ungefähr so alt wie unser Algor. Und das habe ich in seinem Korb gefunden.“ Sie drückte Ragador etwas in die Hand. „Ich glaube, es wird dir bekannt vorkommen.“
Er betrachtete den Gegenstand und erkannte, das es sich um die Hälfte eines goldenen Amuletts handelte. „Das sieht aus wie ein Teil des Wappens der STERNENKÖNIGE“, murmelte er. „Aber wenn dem so wäre, was sollte das bedeuten?“
„Es bedeutet nichts anderes, als das Königin Sarya Keldon, den rechtmäßigen Thronfolger von Astragol, auf dem Arm trägt“, hörte man eine Stimme von der Tür des Audienzsaals her sagen.
Wie auf Kommando drehten sich alle Köpfe zu dem Sprecher.
Auf den ersten Blick hätte man das kleine, kugelige Männchen für einen aus dem Volk der Buntmützen halten können, denn er war nicht viel größer als Kratos oder Karra. Bei genauerem Hinsehen bemerkte man aber, das ihm die typischen Spitzohren dieser kleinen Kerlchen fehlten. Der weiße Haarkranz, die blauen Äuglein, die verschmitzt über seiner Knollennase hervorblinzelten und die dicken, roten Bäckchen vermittelten den Eindruck eines gutmütigen Opas, der die Genüsse des Lebens zu schätzen wusste und den die Geschicke der Welt herzlich wenig interessierten. Doch wer ihn näher kennen lernen durfte, merkte bald, das das Erstere durchaus zutraf, aber beim Zweiten genau das Gegenteil der Fall war. Gekleidet war er in ein hellgraues Gewand, das sicher bis zum Boden gereicht hätte, wenn sein kugelrunder Bauch es nicht davon abgehalten hätte. Als Gürtel trug er ein zusammengeknotetes Hanfseil, an dem einige Beutelchen befestigt waren. Die rechte Hand hielt einen weißen Stab, an dessen Ende ein faustgroßer, rubinroter Edelstein glitzerte.
„Magilos!“ rief König Ragador erfreut. „Wo wart ihr denn die ganze Zeit? Ich hatte nach Euch geschickt, doch meine Boten konnten Euch nirgendwo finden.“
„Mal hier und mal da“, antwortete der kleine Mann ausweichend und kletterte ächzend in einen, wie es schien, eigens für ihn gebau-ten, bequemen Sessel, den einer der Diener eilig bereitgestellt hatte. „In diesen düsteren Zeiten sollte man schon genau Bescheid wissen, was in unserer Welt so vor sich geht.“
„Also habt Ihr von dem Einfall dieser finsteren Horden und der Belagerung Astragols gehört“, schlussfolgerte Ragador.
„Belagerung?“ Magilos schüttelte traurig den Kopf. „Astragol ist gefallen und König Capron wurde getötet.“
Eine bedrückende Stille breitete sich ob dieser schlimmen Nachricht aus.
„Woher wisst Ihr das?“ fragte Ragador dann.
„Ich war selber da“, antwortete Magilos einfach.
„Das müsst Ihr uns genauer erklären.“
„Nun, als ich bemerkte, das sich der Mond Onar verdunkelt hatte, fiel mir sofort die alte Prophezeiung ein. Also setzte ich mich mit Brod, dem Führer der Aarhuman, der Adlermenschen, in Verbindung. Ich bat ihn, einige seiner Leute auszusenden, die Astragol auskundschaften sollten. Diese berichteten mir vom Fall der Stadt. Um mir ein genaueres Bild der Lage zu machen, begab ich mich selbst dahin.“
„Und Ihr wurdet nicht erkannt?“ unterbrach ihn Kratos erstaunt.
Magilos sah ihn irritiert an und sagte dann, etwas unwillig über die Störung: „Ihr müsst wissen, König der Großen Grauen Wölfe, das mir einige Mittel und Wege offen stehen, um mich unbemerkt irgendwo bewegen zu können.“ Er machte eine kleine Pause. „Wo war ich denn stehengeblieben? - Ach ja. - Als ich dort ankam, musste ich feststellen, das die Aarhuman Recht hatten. Ich schlich mich in den Palast und fand dort König Capron - tot.“ Er atmete tief durch. „Aber ich kann euch sagen, das er gefallen ist, wie es einem großen König würdig ist.“ Er strich sich mit der Hand über die Stirn, als ob er diese dunkle Erinnerung wegwischen wollte. „Durch Zufall konnte ich die beiden Anführer dieser Eindringlinge belauschen“, fuhr er fort, „und erfuhr, das sie auf der Suche nach Caprons Kindern waren, sie aber noch nicht gefunden hatten. Ich versuchte natürlich gleich, selber einen Hinweis zu finden. Doch leider vergebens. Also musste ich unverrichteter Dinge wieder zurückkehren. Dabei machte ich kurz Rast bei den Großen Grauen Wölfen.“ Er sah zu Kratos. „Dort erzählte mir Terros von Eurem
Fund und das Ihr ihn nach Berror bringen wolltet. Als ich dann hier das Amulettstück in König Ragadors Hand sah, war mir alles klar.“
Magilos lehnte sich zurück. Seine Zunge fuhr über seine trocken gewordenen Lippen. „Hättet Ihr vielleicht einen Schluck Wasser oder einen Becher Wein für mich?“ bat er, fast etwas schüchtern.
Auf einen Wink Ragadors brachte ihm einer der Bediensteten sofort auf einem Tablett ein Glas Wein.
Er nahm einen Schluck und ließ ihn genießerisch im Mund hin - und herrollen. „Ein guter Tropfen“, nickte er anerkennend und ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht. Nach einem weiteren Schluck wurde er wieder ernst. „Eines habe ich noch in Astragol erfahren können.“ Sein Blick schweifte über die Anwesenden. „Ich weiß jetzt, wer diese Eindringlinge sind und wer hinter alldem steckt.“
Neugier und Spannung malten sich auf den Gesichtern seiner Zuhörer ab.
„Angeführt werden sie von Batok, dem ‚Dunklen Lord’. Und dieser Batok ist die rechte Hand von Zathor, dem Herrscher der ABSOLUTEN FINSTERNIS.“
Erschrocken zuckten alle zusammen. Dieser Name war jedem ein Begriff.
„Aber wurde er damals nicht endgültig geschlagen und vertrieben?“ fragte Ragador.
„Endgültig?