Sinja und die Zaubergeige. Andreas Milanowski

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Sinja und die Zaubergeige - Andreas Milanowski

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hundert Meter weiter verengte sich der Weg und wurde von einem riesigen Baum versperrt, dessen gewaltiger, rotbrauner Stamm das Aussehen eines viel zu groß geratenen mürrischen, alten Gesichtes hatte.

      „Wie sollen wir an dem vorbeikommen?“, dachte Sinja, da links und rechts des Baumes das Gelände steil anstieg und der Wald so verwachsen war, dass ein Ausweichen nicht möglich schien. Doch als sie sich dem Baum näherten, öffnete sich in der Mitte des alten Baumgesichts langsam ein faltiger Mund, der so groß wurde wie ein Eingangstor, sodass sie bequem hindurchreiten konnten. Sie bedankte sich leise und meinte sogar, als Antwort so etwas wie „Gute Reise“ gehört zu haben, allerdings in einer Tiefe der Stimme, die das Erkennen einzelner Worte kaum noch zuließ, so, als wenn ein Tonband viel, viel, viel zu langsam läuft.

      „Das kann doch nicht wahr sein“, fragte sie ungläubig, „ein Baum der uns den Weg freimacht und dann auch noch spricht und `Gute Reise´ wünscht?“

      „Das ist Arbor, der Wächter‘“, antwortete Cichianon, „er passt auf, dass an dieser Stelle keiner in den Wald kommt, der ein böses Herz hat.

      Er steht schon so lange dort, dass niemand genau weiß, seit wann.

      Manche sagen, er sei so alt wie `Adagio´ selbst.“

      „Und wie stellt er fest, ob jemand gut oder böse ist?“, wollte Sinja wissen.

      „Er fühlt es“, sagte Cichianon so, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt, „er ist ein Baum.“

      Es gab einen anderen Baum, der wirkte, als tanze er im Wind mit geschmeidigen, wiegenden Schritten einen weichen Tanz zur Musik des Waldes. Seine silbergrauen Äste hingen bis zum Boden herab, wie die Frisur eines ergrauten Hippies. Sinja sah tannenähnliche Gebilde, deren Farben von dunklem Blau ins Violett verliefen, mit wundersamen Früchten, die wirkten, wie die Kugeln eines Weihnachtsbaumes. Zwischen den Bäumen wuchsen immer wieder Büsche, wie übergroße Fußbälle, mit weinroten Blättern, aus denen einzelne lange Äste mit kleinen dunkelgrün leuchtenden Kapseln herausragten. Auf flachen, zwischen den Büschen liegenden Steinplatten breiteten sich Moosteppiche in allen Blautönen aus, von Türkis bis Ultramarin.

      Sinja hatte bald bemerkt, dass das Leben in diesem Wald auf drei Stockwerken stattfand, nämlich zum einen am Boden und in Bodennähe. Hier lebten die Elfen, Feen und Gnome, die Rehe, Hirsche, Einhörner und ihresgleichen, auch ein paar Menschen. In der Mitte turnten Eichhörnchen, deren Schweife dreimal so lang waren wie ihre Körper und bei jedem Sprung flatterten wie ein Fähnchen im Wind. Äffchen und andere Baumbewohner schwangen sich an Lianen von Ast zu Ast. Ganz oben in den Baumkronen war die Vogelwelt. Hier sangen und lebten die Luftwesen. Der gesamte Wald war erfüllt vom Zwitschern der Vögel, von den Schreien der Äffchen und des Wildes und vom tiefen, dauernden Gesang der Bäume und anderer Pflanzen, den freilich nicht jeder hören konnte.

      Der Weg, den die drei gingen, führte immer tiefer in diesen wundersam verwunschenen Zauberwald hinein und machte nach einiger Zeit eine weite Kurve. Am Ende dieser Kurve standen sie zwischen dunklen Bäumen und schauten auf einen kleinen, tiefblauen See, in den ein Wasserfall hinab sprudelte.

      „Dort unten ist es“, sagte Cichianon und zeigte in den Wald auf der anderen Seite des Sees.

      Sinja konnte beim besten Willen nicht erkennen, was er meinte.

      „Dort werden wir die anderen treffen. Dort wirst du Ferendiano und Doriando kennen lernen und deine Freundin wiedersehen.“

      Sinja gab sich alle Mühe, auf der anderen Seite des Sees irgendetwas zu entdecken, das wie eine Behausung, eine Hütte oder ein Unterstand aussah, aber sie sah nur den bunten Wald. Sie wollte nicht schon wieder neugierig sein und fragte deshalb lieber nicht.

      „Habe Geduld, Sinja Wagemut“, sagte sie sich, „deine Frage wird beantwortet werden, auch wenn du sie nicht stellst“ und so kam es natürlich auch.

      Doch zunächst mussten sie den See umrunden. Als sie auf der anderen Seite angekommen waren, begann der Abstieg. Dies war mit einiger Kletterei durch dichtes Unterholz verbunden. Das Ufer des Gewässers war nur schwer zugänglich und vor allem für `Allegro´ war dieser Gang nicht einfach. Er stellte sich jedoch beim Überwinden diverser Hindernisse sehr geschickt an und so erreichten sie schließlich das Wasser. Ein paar Schritte liefen sie noch bis Cichianon auf einmal sagte:

      “So, da wären wir!“

      „Hä?“, war Sinjas einzige Antwort.

      Nach wie vor konnte sie nichts entdecken, was in irgendeiner Weise nach einer Behausung aussah.

      „Willst du mich auf den Arm nehmen?“, fragte sie Cichianon.

      „Ja, schon klar, du bist eben kein Waldbewohner“, antwortete der, „komm mit.“

      Er nahm Sinja an der Hand und zog sie um einen breiten Baumstamm herum. Allegro wusste schon, dass er draußen zu bleiben und nach dem Rechten zu sehen hatte .Cichianon setzte vorsichtig seinen Fuß auf einen dicken Wurzelstrang.

      „Was macht er denn jetzt schon wieder?“, fragte sich Sinja.

      In diesem Moment formte sich in dem Stamm des Baumes zu dem die Wurzel gehörte eine Treppenstufe. Er stellte sich auf die Stufe und gab Sinja ein Zeichen, ihm zu folgen. Mit jeder Stufe, die sie auf diese Weise nahmen, entstand etwas höher eine neue an dem Baumstamm, sodass sie am Ende eine bequeme Treppe hatten, die ins Innere des Baumes führte.

      „Er reagiert auf unsere Berührungen“, erklärte der Elf.

      Es öffnete sich ein halbhoher, scheinbar bewohnter Raum, besser eine Art Höhle oder Bau, der offenbar in den Baum hineingearbeitet war.

      Sinja konnte hier gerade soeben aufrecht stehen ohne den Kopf einziehen zu müssen. Die Wände bestanden überwiegend aus Holz, aus Wurzel- und Astwerk, waren nur hier und da ein wenig mit Erde und Lehm ausgeglichen. Es gab keine Ecke in diesem Raum. Alles war rund oder oval bis auf den halbwegs ebenen Fußboden, auf dem sie standen. An den Wänden hingen Bögen und Speere verschiedener Größe, fein gewebte Teppiche, einige kleinere Tierfelle und Musikinstrumente jeder Größe und Form. Es gab Geigen und Bratschen, Flöten, eine Zither und kleine Trommeln und Bongos, Zimbeln und Pfeifen, eine Cabassa, eine Gitarre, ein Bandoneon, sogar ein Didgeridoo und vieles mehr. In der Mitte des Raums war, an vier Wurzelfäden von der Decke hängend ein Blütenkelch angebracht, groß wie der Schirm einer Nachttischlampe, in dem eine wohlriechende ölige Substanz schimmerte, die den ganzen Raum in ein warmes, gelblich – grünes Licht tauchte. Sinja schnupperte sich in den Raum hinein. Sie staunte über dessen Größe und fragte sich, wie sie diese Anlage von außen nicht hatte sehen können. Cichianon schien ihre Gedanken zu erraten.

      „Da staunst du, nicht wahr?“, fragte er Sinja, die einfach nur nickte.

      „Wir sind ein Waldvolk und verstehen uns hervorragend auf das Tarnen und Verstecken. Nur so können wir hier in den Wäldern überleben und sind einigermaßen sicher vor Angriffen.“

      Die Höhle wurde nach hinten etwas breiter und knickte dann nach rechts ab, sodass sich dort ein weiterer Raum anschloss, den Sinja von ihrem Standpunkt aus noch nicht einsehen konnte. Sie hörte das Wispern verschiedener Stimmen. Sie ging in den Raum hinein und schaute um die Ecke.

      „Sinja!“, jubelte auf einmal eine wohlbekannte Stimme, „ich bin ja so froh, dass du da bist!“

      „Gamanziel!“,

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